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Die Pioniere der Schweizer «Schokoladen-Revolution»

Painted image of three girls linking arms in the snow. One is eating a Suchard chocolate bar. The other two are holding a box.
Werbung für Suchard-Schokolade von 1893 Apic/Getty Images

In der Schweiz wachsen keine Kakaobohnen, und dennoch ist das Land einer der weltweit führenden Schokoladenhersteller. Wie kommt das? Die Geschichte der Schokolade, wie wir sie kennen, ist die Geschichte der Schweizer Innovation, der Einwanderung, des Glücks – und der Liebe.

François-Louis Cailler
François-Louis Cailler Nestlé

Die 100 Milliarden Schweizer Franken schwere globale Schokoladenindustrie hat sicherlich einen langen Weg zurückgelegt, seit vor rund 3000 Jahren Bewohner Zentral- und Südamerikas sich mit einem bitteren, körnigen Getränk namens «xocolātl» um das Feuer versammelten.

Zwar tranken Europäer Schokolade bereits im 17. Jahrhundert. Doch die Schokolade, wie wir sie heute kennen, ist vor allem einer Handvoll Schweizer Konditoren und Unternehmern des 19. Jahrhunderts zu verdanken. Viele derer Namen sind bis heute weltweit bekannt. Hier ein paar der Hauptfiguren dieser «Schokoladen-Revolution» und deren Verdienste.

1819: Königin Victoria wird geboren, James Monroe ist im Weissen Haus… und die erste mechanisierte Schokoladenfabrik wird eröffnet. François-Louis Cailler (1796-1852) baute eine ehemalige Mühle in der Nähe von Vevey mit Blick auf den Genfersee um und begründete damit die älteste noch existierende Schweizer Schokoladenmarke.

Cailler hatte vier Jahre in Turin als Lehrling eines Chocolatiers verbracht. Als er nach Hause zurückkehrte, erfand er eine Technik, um Schokolade fest zu machen (unglückliche Italiener beschuldigten ihn des Diebstahls). Die Automatisierung machte Schokolade auch für die Massen erschwinglich.

Verdienst: Vater der Schokoladentafel

Daniel Peter
Daniel Peter Chocosuisse

Weiter heiratete 1863 die Tochter von Cailler, Fanny, den örtlichen Kerzenmacher. Der aufkommende Erfolg der Öllampen zwang Daniel Peter (1836-1919) aber zu einem Karrierewandel. Nachdem er das Handwerk von seinen Schwiegereltern gelernt hatte, gründete er 1867 seine eigene Schokoladenfabrik, ebenfalls in Vevey.

Weil das Geschäft schlecht lief, suchte er nach einem Weg, sich von der Masse abzuheben. Sein Freund und Nachbar Henri, ein deutscher Immigrant, hatte ein Milchpulverprodukt erfunden.

Peters Aha-Erlebnis war der Versuch, dieses seiner Schokolade beizufügen. Das funktionierte schlecht, es gab Schimmelprobleme. Aber er gab nicht auf und fragte seinen Freund nach Kondensmilch. 1875 schliesslich gelang ihm der Durchbruch, die Milchschokolade war geboren – ein sofortiger Hit in Europa.

Verdienst: Erfinder der Milchschokolade

Henri war kein geringerer als Henri Nestlé (1814-1890), geborener Heinrich Nestle in Frankfurt, der 1839 nach Vevey gezogen war. Er stellte nie selber Schokolade her. Durch verschiedene Fusionen (zum Beispiel mit den Firmen von Peter, Cailler und Charles-Amédée Kohler 1929) wurde Nestlé zum grössten Nahrungsmittelkonzern der Welt.

Verdienst: genialer Unternehmer, dessen Geschäftssinn Innovationen der Schweizer Schokoladenherstellung förderte

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Bereits 1819 schuftete ein junger Philippe Suchard (1797-1884) in der Konditorei seines Bruders in Bern. Sieben Jahre später zog er von dannen und gründete eine Schokoladenfabrik in Serrières im Kanton Neuenburg.

Damals war die Schokolade ziemlich körnig. Suchard, angeblich ein Proto-Schokosüchtiger, wollte sie schmackhafter machen. Er erfand seinen «Mélangeur» (Mischmaschine), der Zucker und Kakaopulver zu einer glatten Paste mahlte. Bis 1883 produzierte Suchard die Hälfte aller in der Schweiz hergestellten Schokolade.

Verdienste: Erfinder des «Mélangeurs», Errichter der ersten Schweizer Schokoladenfabrik im Ausland (1879 in Deutschland), Milka (gegründet 1901)

Rudolf Lindt
Rudolf Lindt Chocosuisse

Ein kreativer Zeitgenosse Suchards war Charles-Amédée Kohler (1790-1874), der 1830 im nahen Lausanne eine Schokoladenfabrik eröffnete. Sein Sohn bildete Rudolf Lindt aus, einen entfernten Cousin.

Verdienste: Erfinder der Haselnussschokolade und der Schokoladen-Riegel

Ohne das Conchieren – Weiterverarbeitung von Schokolade – würden wir immer noch Schokolade kauen, statt sie auf der Zunge zergehen zu lassen. Der Mann, dem wir das zu verdanken haben, ist Rudolf Lindt (1855-1909). Nach der Ausbildung bei den Kohlers, zog Lindt zurück nach Bern und eröffnete 1879 eine Schokoladenfabrik.

Im selben Jahr – vier Jahre nachdem Daniel Peter der Welt die Milchschokolade geschenkt hatte – entwickelte Lindt seine Conchier-Maschine, die nach seinen Worten «einen langen Prozess des intensiven Mischens, Rührens und Belüftens von erhitzter flüssiger Schokolade beinhaltet, um unerwünschte Säure und Bitterkeit zu beseitigen».

Verdienst: Erfinder des Conchierens (und damit der Schokolade 2.0)

Conchieren (und der weitere Schokoladen-Herstellungsprozess) gezeigt vom 1962 im Kanton Glarus gegründeten Schweizer Chocolatier Läderach:

Externer Inhalt

Einer der ersten Kunden von Lindt in Bern war Jean Tobler (1830-1905). Ursprünglich aus Appenzell Ausserrhoden stammend, hatte dieser 1867 ein Schokoladengeschäft eröffnet, in dem er Waren anderer Leute verkaufte.

1899 eröffnete er schliesslich seine eigene Fabrik in Bern. Neun Jahre später brachten sein Sohn Theodor (1876-1941) und Theodors Cousin Emil Baumann das Produkt auf den Markt, für das der Familienname bis heute in Erinnerung bleibt.

Jean Tobler
Jean Tobler Chocosuisse

Verdienst: Erfinder der Toblerone

Tobler fusionierte schliesslich 1970 mit Suchard zu Interfood. Heute – um eine lange Liste von Übernahmen zu verkürzen – sind sowohl Toblerone als auch Milka im Besitz des US-amerikanischen multinationalen Unternehmens Mondelez International.

Die grösste Fusion von 1899 bestand jedoch darin, dass Rudolf Lindt seine Fabrik – und vor allem das Geheimnis des Conchierens – an Rudolf Sprüngli (1847-1926) verkaufte. Es entstand Lindt & Sprüngli.

Sprüngli hatte Schokolade im Blut: Sein Vater, ebenfalls Rudolf (1816-1897), und sein Grossvater David (1776-1862), hatten 1836 in Zürich die Sprüngli Konditorei und das Café eröffnet, zu deren Klientel die lokale Oberschicht gehörte.

1892 hatte Rudolf Junior die Familienschokoladenfabrik geerbt (an seinen Bruder gingen die Konditoreien). Er versuchte, in Zürich das nachzuahmen, was Lindt in Bern tat. Das gelang ihm nicht, worauf er die Fabrik von Lindt aufkaufte. Heute ist Lindt & Sprüngli der weltweit grösste Hersteller von Premium-Schokolade.

Verdienste: Die Sprünglis waren in der Deutschschweiz führend, Goldhase (1952)

Diese Pioniere brachten die Trüffel für die Schweizer Schokoladenindustrie ins Rollen. Viele andere trugen ebenfalls zu ihrem Erfolg bei, sowohl in den Anfängen als auch während des 20. Jahrhunderts. Zu erwähnen sind hier Aquilino Maestrani, Robert and Max Frey, Jean-Samuel Favarger, Camille Bloch, Rudolf Läderach, Otto Kägi, Jean Tschirren, Max Felchlin and Walter Gysi.

Nicht zu vergessen Konrad Egli, der das Schokoladenfondue Mitte der 1960er-Jahre in seinem New Yorker Restaurant Chalet Suisse im Rahmen einer Toblerone-Promotion erfunden haben soll.

(Übertragung aus dem Englischen: Kathrin Ammann)

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