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Stemmt eine grüne Staatsbank die Milliardeninvestitionen in Energiewende?

wind turbine stands behind solar panels
Einige Investor:innen zögern, ihr Geld in riskante nachhaltige Projekte zu stecken. © Keystone/ Valentin Flauraud

Um ihre Klimaziele zu erreichen, benötigt die Schweiz  Milliarden von Franken. Ist eine staatlich finanzierte Investitionsbank die Lösung?

Die Schweizer Denkfabrik Foraus schlug die Idee Anfang Jahr vor: Eine staatlich finanzierte Bank, die in den nächsten zehn Jahren zehn Milliarden Franken in ökologische Projekte investiert.

Damit könnte der Weg zu einer nachhaltigeren Zukunft geebnet werden, Innovationen in den Bereichen Solarenergie und CO2-Speicherung würden beschleunigt werden. Darüber hinaus wäre die Bank eine Quelle von Fachwissen, von denen andere Mitglieder des Finanzsektors profitieren könnten.

Die Idee von einer Grünen Investitionsbank (GIB) hat viel Zuspruch erhalten. Im Mai brachten fünf Parlamentarier:innen aus verschiedenen Parteien eine Motion zur Schaffung einer GIB ein.

Das private Kapital habe derzeit Mühe, «in grossem Umfang und der gebotenen Geschwindigkeit den Weg zu Projekten zu finden, welche einen hohen Investitionsbedarf und ein erhöhtes Risiko aufweisen», heisst es in der Motion, die von über 80 Parlamentarier:innen unterstützt wurde.

Zum Beispiel hat sich die Schweiz gemeinsam mit anderen Staaten bereit erklärt, 100 Milliarden Dollar pro Jahr in die Bekämpfung der Klimawandels in Entwicklungsländern zu investieren. Die Schweiz schätzt ihren Anteil auf 600 Millionen Franken, bemüht sich aber bislang vergeblich um die letzten 150 Millionen aus dem Privatsektor.

Kritiker:innen bezweifeln allerdings, dass eine solche Einrichtung ihren Zweck erfüllen würde, oder befürchten, dass sie den Wettbewerb im Bankensektor verzerren könnte.

Die Idee, Banken oder Fonds zu gründen, um Steuergelder in nachhaltige Projekte zu leiten, ist nicht neu. Sie ist in zahlreichen Staaten wie Grossbritannien, Deutschland, Australien, Malaysia, Japan, den Vereinigten Arabischen Emiraten oder den USA bereits erfolgreich umgesetzt worden (siehe Infobox).

In der Schweiz gibt es zwei vom Staat unterstützte nachhaltige Investmentfonds, aber noch keine regulierte Bank, die sich nur auf diese Aufgabe konzentriert.

Die Angst vor dem Wettbewerb

Die Ideengeber:innen von Foraus sind überzeugt, dass eine GIB die ideale Lösung wäre. Das Ziel sei es, «sich von erfolgreichen globalen Vorbildern inspirieren zu lassen und die Ideen auf die Herausforderungen der Schweiz anzuwenden», sagt Sébastien Chahidi, einer der Mitverfasser des Foraus-Vorschlags. Die Beteiligung des Staates sei entscheidend. «Wenn eine GIB in ein Projekt investiert, sendet sie damit ein starkes Signal an andere potentielle Investor:innen.»

Die Ökologisierung der Schweiz wird ihren Preis haben. Die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) schätzt, dass in den nächsten 30 Jahren 387 Milliarden Franken an Investitionen nötig sind, um die Klimaziele bis 2050 zu erreichen – das sind 12,9 Milliarden Franken pro Jahr.  

Die Verantwortlichen beim SBVg glauben auch, dass die Schweiz über genügend finanzielle Mittel verfügt, um dies zu bewältigen. Deshalb wehren sie sich auch gegen die Idee einer staatlich kontrollierten Bank, die dem privaten Bankensektor in die Quere kommen würde.

Auch Swiss Sustainable Finance (SSF), ein Gremium aus 190 Finanzunternehmen, Akademiker:innen und Akteur:innen des öffentlichen Sektors, welche die Schweiz zu einem führenden Zentrum für nachhaltige Finanzen machen möchte, ist skeptisch.

Das Hauptproblem ist, dass der derzeitige Rechtsrahmen nachhaltigen Investitionsplänen entgegensteht, sagt SSF-Geschäftsführerin Sabine Döbeli. Sie argumentiert, dass bessere Rahmenbedingungen nötig sind, um mehr nachhaltige Projekte zu ermöglichen, anstatt eine neue Bank zu gründen, die mit privaten Investoren konkurriert. Das direktdemokratische System der Schweiz kann Planungsverfahren verlangsamen und Solar-, Wind- und Wasserkraftprojekte in zeitraubenden Rechts- und Gerichtsstreitigkeiten feststecken lassen.

«Nicht der Mangel an Finanzmitteln steht der Beschleunigung des Fortschritts bei der Nachhaltigkeit im Weg, sondern die langwierigen Bewilligungsverfahren.»

Viele Energieprojekte würden von staatlichen Versorgungsunternehmen finanziert, die ständig auf der Suche nach neuen Projekten seien, ergänzt sie. «Das Problem besteht darin, Genehmigungen zu erhalten.»

In der Schweiz gibt es bereits zwei staatlich unterstützte Fonds, die nachhaltige Investitionen aus öffentlichen Mitteln fördern: den auf das Inland ausgerichteten Technologiefonds in Höhe von 500 Millionen Franken, der bisher Bankkredite im Umfang von 220 Millionen Franken für Schweizer Klimaprojekte gezeichnet hat, und den Swiss Investment Fund for Emerging Markets (SIFEM), der mehr als eine Milliarde Franken in Projekte in Entwicklungsländern investiert hat.

Für Kritiker dauert es zu lange

Foraus und die parlamentarischen Befürworter:innen sind der Meinung, dass eine neue Investitionsbank einen stärkeren Einfluss auf die Finanzierung nachhaltiger Projekte im Ausland haben könnte.  

Die Schaffung einer vollständig regulierten Investmentbank würde die Messlatte für solche Aktivitäten höher legen, argumentieren sie. Die Bank könnte Start-ups Zugang zu den Fremdkapitalmärkten verschaffen, Firmen bei Übernahmen beraten und Unternehmen beim Börsengang helfen.

«Eine Bank kann Investitionen vielfältiger fördern als ein Fonds», ist Sébastien Chahidi von Foraus überzeugt.

Anderer Meinung ist Martin Stadelmann, Leiter des Bereichs Klima-Investitionen bei der Beratungsgruppe South Pole, die den Swiss Technology Fund mitverwaltet.

«Der Aufbau einer neuen GIB würde fünf bis zehn Jahre dauern – und das wäre verlorene Zeit für den Klimaschutz», sagt Stadelmann. «Eine Reform der bestehenden Institutionen wäre viel schneller und hätte eine viel grössere Wirkung.»

Für Stadelmann wäre es die «klügste Option», das Mandat der SIFEM zu erweitern, um ihr ein klares Klimamandat zu geben und ihr zu erlauben, mehr Risiken einzugehen. «Sie müsste die Möglichkeit haben, ein breiteres Spektrum an Finanzinstrumenten einzusetzen, wie etwa Eigenkapital in der Frühphase, flexible Schuldinstrumente und die Bereitstellung von technischer Hilfe. Eine Ausweitung des Mandats des Technologiefonds auf Schwellenländer mit Darlehensgarantien wäre ebenfalls von grossem Nutzen.»

Es gibt keine Garantie dafür, dass es jemals eine GIB in der Schweiz geben wird. Eine Motion vom Juni, die eine solche Einrichtung befürwortet, erfordert eine detaillierte Bewertungsstudie, gefolgt von einer Debatte in beiden Kammern des Parlaments. Ein solcher Prozess wird mehrere Monate in Anspruch nehmen.

Globale GIBs

Heute existieren weltweit staatlich finanzierte Banken, die Steuergelder in nachhaltige Projekte investieren. In Deutschland wurde 1948 die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gegründet, um Gelder des Marshallplans in den Wiederaufbau des kriegszerstörten Landes zu leiten. 2008 wurde sie zur Rettung von Geschäftsbanken während der Finanzkrise eingesetzt. Die KfW hat auch ein Mandat für nachhaltige Finanzierungen und ist auf dem Markt für den Handel mit Emissionszertifikaten aktiv und investiert zusammen mit Tochtergesellschaften in grüne Projekte. In England gibt es seit 2012 die Green Investment Bank, die zur Erfüllung der Klimaziele aufgebaut wurde, später aber privatisiert wurde. Diverse britische Politiker:innen möchten aber eine neue, staatlich unterstützte GIB gründen. Auch die schottische Nationale Investitionsbank investiert in eine Reihe wichtiger Infrastrukturprojekte, insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energien. In den USA investieren mehrere Bundesstaaten über grüne Banken öffentliche Gelder in nachhaltige Projekte. Dazu gehören die New York Green Bank, die New Jersey Green Resilience Bank und die Connecticut Green Bank. Die australische Clean Energy Finance Corporation, die malaysische Green Technology and Climate Change Corporation und der japanische Green Fund sind weitere Beispiele für staatliche Einrichtungen, die in eine grünere Zukunft investieren.

(Übertragung aus dem Englischen: Christoph Kummer)

Christoph Kummer

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