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Schweizer:innen im Ausland: Bürger:innen zweiter Klasse?

Kommt der 27. Kanton für die Auslandschweiz?

Vitrail de la coupole fédérale
© Keystone / Gaetan Bally

Die Diskussion, wie die Auslandschweizer:innen künftig im Parlament vertreten sein könnten, nimmt kurz vor den nationalen Wahlen wieder Fahrt auf. Den Parteien ist bewusst: Über 200'000 Schweizer:innen sind im Ausland in Wahlregistern eingetragen.

Wenn die eidgenössischen Wahlen bevorstehen, rücken die Auslandschweizer:innen in den Fokus der Parteien.

Rund 220’000 von ihnen haben sich in den Wahlregistern eingetragen, um im Heimatland wählen und abstimmen zu können. SP, Grüne und GLP sind offen dafür, die Wahlrechte der sogenannten fünften Schweiz weiter auszubauen; die Grünen haben beim Bundesrat eine Stellungnahme bestellt.

Gemessen an den über 800’000 Schweizer:innen, die Ende 2022 im Ausland wohnten, ist es nur rund ein Viertel der Swiss Abroad, die potenziell an den Wahlen teilnehmen werden.

Das ist die eine Betrachtungsweise. Eine andere kommt von der Auslandschweizer-Organisation (ASO), die sagt, das seien mehr Stimmberechtigte als im Kanton Graubünden.

Bundesrat muss Farbe bekennen

Wie man die Fünfte Schweiz nachhaltig besser einbinden könnte, diese Frage hat der Genfer Grünen-Nationalrat Nicolas Walder mit einer im Juni eingereichten Interpellation neu belebt. Der Bundesrat hat sich noch nicht dazu geäussert.

Je nachdem, wie die Antwort ausfällt, wollen die Grünen «allenfalls einen Vorstoss mit der konkreten Forderung» einreichen, so Generalsekretärin Rahel Estermann.

Gemeint ist die Option eines eigenen Wahlkreises für Schweizer:innen im Ausland die unbedingt zu prüfen sei. Auch das E-Voting würde dadurch vereinfacht.

Auch SP und GLP zeigen sich in einer Umfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA offen für die Idee eines 27. Kantons für die fünfte Schweiz. Deren Stimmen hätten heute nicht das Gewicht und den politischen Stellenwert, der ihnen eigentlich zukommen würde, so SP-Sprecherin Lena Allenspach. Die Stimmen der Auslandschweizer:innen seien auf die Herkunftskantone aufgesplittert.

Auf einer kantonalen Liste verliere die Kandidatur jegliche auslandschweizerische Eigenheit. «Und sie geht inmitten lokal verankerter Persönlichkeiten hoffnungslos unter.» Wahlkörperschaft könnten die Auslandschweizer:innen selbst sein oder ein von ihnen gewähltes Gremium.

Auch den Grünliberalen ist die politische Mitsprache der Schweizer:innen im Ausland wichtig: Eine eigene Vertretung für sie im Parlament stärke diese Partizipation, im Sinn einer offenen und vernetzten Schweiz, so die GLP.

2009 scheiterte eine Initiative des Genfer SP-Ständerats Carlo Sommaruga für eine Auslandschweizer:innen-Vertretung in den Räten am Ständerat. Dessen zuständige Kommission argumentierte, dass Auslandschweizer:innen genügend Instrumente für die politische Beteiligung hätten. Sie hoffte damals auf das (heute nach wie vor erst versuchsweise und für wenige angebotene) E-Voting.

Die Rechte ist skeptisch

FDP und Mitte-Partei lehnen in der Umfrage die Schaffung eines 27. Kantons ab. «Die Anliegen der Auslandschweizer sollen in den Kantonen eingebracht werden», schreibt FDP-Sprecherin Floriane Wyss. Die Freisinnig-Liberalen wollten beim gegenwärtigen System bleiben und lehnten auch eine Spezialvertretung für Schweizer Städte ab.

Kritisch äusserte sich auch die Mitte. Die Partei befürworte grundsätzlich eine Einbindung der Auslandschweizerinnen und -schweizer im bestehenden institutionellen Rahmen mit seinen drei Staatsebenen, schrieb Sprecherin Rosmarie Brunner. Die SVP äusserte sich nicht zu der Frage.

Über der Direktvertretung in der Bundesversammlung und der Frage, wie diese aussehen könnte, brütet auch eine Arbeitsgruppe des Auslandschweizerrats, wie ASO-Direktorin Ariane Rustichelli auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA ausführt. Resultate wird die Gruppe aber erst nach den Wahlen vorlegen.

Wenig Gemeinsamkeiten

Einen 27. Kanton für die fünfte Schweiz zu schaffen, ist laut Rustichelli «ein schwer erreichbares Ziel», nur schon wegen der nötigen Verfassungsänderung. Hinzu komme, dass es unter Auslandschweizer:innen fast keine Gemeinsamkeiten gebe, abgesehen davon, dass sie Schweizer:innen seien, die im Ausland lebten.

Heute sind die Swiss Abroad in der Bundespolitik indirekt vertreten, über den 140-köpfigen Auslandschweizerrat, dem auch mehrere Schweizer Parlamentsmitglieder angehören. Das Gremium trägt Anliegen der fünften Schweiz den zuständigen Behörden vor.

In den eidgenössischen Räten vertritt zudem die mehr als 80-köpfige «Parlamentarische Gruppe Auslandschweizer» die Anliegen der Fünften Schweiz. Ihr gehören Mitglieder aller Fraktionen an.

Zur Lektüre empfohlen: Unser Parteiencheck gibt Ihnen einen schnellen Überblick darüber, wo die Schweizer Parteien stehen, wofür sie eintreten und welche Positionen ihnen mit Blick auf die Auslandschweizer:innen wichtig sind.

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