Trotz Aufklärung: Prostituierte verzichten oft auf Gummi
Sexarbeiterinnen in der Schweiz wissen, wie sie sich vor Geschlechtskrankheiten schützen können. Doch viele verzichten auf Kondome – dem Geschäft zuliebe. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Universität Lausanne.
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
2 Minuten
English
en
Many sex workers in Switzerland still go unprotected
Original
Befragt wurden 579 Personen (davon 92 Prozent Frauen). Neun von zehn gaben an zu wissen, dass Kondome das HIV-Risiko senken. Acht von zehn sind sich bewusst, dass auch ein gesunder Kunde Träger des Virus sein kann. Dennoch: Aus verschiedenen Gründen schützen sich die Sexarbeiterinnen nicht immer, wie aus der Studie hervorgeht.
So gaben 34% der Befragten an, schon ungeschützten Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, weil der Kunde hierfür mehr bezahle. 23% sagten, ungeschützten Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, weil der Kunde sich geweigert habe, ein Kondom zu benutzen. Und 21,5% der Befragten verzichten auf den Schutz, wenn sie ihrem Kunden vertrauen.
Externer Inhalt
Die Studienverfasser kommen zum Schluss, dass der Konkurrenzkampf, gepaart mit wirtschaftlicher und sozialer Not – obwohl Prostitution in der Schweiz legal ist – die Sexarbeiterinnen dazu verleitet, risikoreiche Sexualpraktiken zu akzeptieren.
Über 30% der Befragten gaben auch an, dass sich im Verlauf des letzten Jahres ein Kunde das Kondom absichtlich wieder abgestreift habe – ohne die Sexarbeiterin nach ihrer Meinung zu fragen. Ähnlich oft verrutschte oder riss das Kondom.
Externer Inhalt
Durchgeführt hat die Studie das Institut für Präventionsmedizin der Universität Lausanne im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit (BAG). Sie soll dem BAG dabei helfen, die Ausbreitung von HIV und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten zu überwachen.
Die Studie wirft auch einen Blick auf den Hintergrund der Sexarbeiterinnen und auf die Gründe für deren «Berufswahl». Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, auf dem Strich gelandet zu sein, weil sie ihre Familie finanziell unterstützen möchten. Ein Viertel sagte aus, damit Schulden zu begleichen.
Nur gerade 8% der Befragten sind im Besitz eines Schweizer Passes, die meisten der Sexarbeiterinnen kommen aus Osteuropa. Im Durchschnitt bedienen die Frauen zwei Kunden pro Tag.
(Übertragung aus dem Englischen: Kathrin Ammann)
Beliebte Artikel
Mehr
Swiss Abroad
Argentinien: Tausende Nachkommen von Ausgewanderten fordern den Schweizer Pass
Welche psychischen Herausforderungen mussten Sie nach Ihrer Auswanderung aus der Schweiz überwinden?
Trotz der Freude auf etwas Neues, kann Auswandern psychisch belastend sein. Erzählen Sie uns von Ihren Erfahrungen – auch vertraulich via E-Mail möglich.
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch
Mehr lesen
Mehr
Studie zeigt grosse Unterschiede im Sexualverhalten auf
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Ein Blick in Schweizer Schlafzimmer zeigt: Ein Mann hat im Durchschnitt in seinem Leben mit sieben Menschen Sex gehabt, eine Frau mit sechs. Allerdings gibt es grosse Unterschiede. So hatte fast jede fünfte Person bereits 20 oder mehr Sexualpartner, wie die Studie «Sex in der Schweiz» der Forschungsstelle sotomo zeigt, die am Montag veröffentlicht wurde.…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
2007 hatte die Polizei gleichzeitig in zwei Bordellen – eines im ländlichen Kanton Schwyz, das andere im malerischen Nidau im Kanton Bern – Razzien durchgeführt. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft waren dort mindestens 23 Frauen zur Prostitution gezwungen worden. Letzten Monat begann der Prozess im Fall Bolenberg. Es geht um einen der grössten Menschenhandels-Skandale in der…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Wer in diesen Tagen durch die Strassen einer Schweizer Stadt geht, trifft auf Plakate, auf denen sich homo- oder heterosexuelle Paare im Liebesspiel umklammern. Dabei braucht man nicht zu erröten oder den Blick abzuwenden, denn es handelt sich keineswegs um Werbung für eine mehr oder weniger seriöse Website, sondern um die neue Präventions-Kampagne gegen HIV…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
In Zürich gibt es «les filles du Limmatquai», die Mädchen vom Limmatquai aus dem Song von Stephan Eicher, die man «regarder mais pas toucher», anschauen, aber nicht berühren darf. Und dann gibt es die Mädchen vom Sihlquai, die sich für Geld auch mehr als nur anschauen lassen. An jener Strasse hatte der Strassenstrich während Jahren…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Für ihre Studie «Gewalt im Sexgewerbe» hat Eva Büschi von der Fachhochschule Nordwestschweiz Geschäftsführende von Sexdienstleistungsbetrieben befragt. Ergebnis: Wird Sexarbeit als Erwerbsarbeit anerkannt und das Gewerbe professionalisiert, kann Gewalt reduziert und die Stigmatisierung dieses umstrittenen Berufsstandes gemindert werden. swissinfo.ch erörterte das Thema mit Nationalrat Pius Segmüller von der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP), der vor zehn Jahren noch…
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch