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Biden-Putin-Gipfel: Warum gerade in Genf?

Genf
Keystone / Salvatore Di Nolfi

Die USA und Russland treffen sich zum Krisengipfel in Genf. Diese Vorteile hat die Schweizer Stadt zu bieten.

Jetzt ist es offiziell: US-Präsident Joe Biden und Russlands Präsident Wladimir Putin begegnen einander im Juni zum Krisengipfel in Genf. Es ist das erste amerikanisch-russische Spitzentreffen in der Rhonestadt seit November 1985 und für die Schweiz ein diplomatischer Erfolg. Bei der Wahl eines Gipfelortes stehen drei Kriterien im Vordergrund:

Erstens die Infrastruktur: Dass Genf als zweitwichtigster UNO-Sitz nach New York über die nötigen Einrichtungen verfügt, steht ausser Frage. Russland und die USA unterhalten zudem in Genf grosse Missionen, samt üppig dotierten Geheimdienstabteilungen. Und schliesslich kennen die Sicherheitsexperten aus Moskau und Washington die örtlichen Gegebenheiten – ein Vorteil, wenn es darum geht, die beiden Staatsmänner zu schützen.

SRF, Tagesschau vom 25.05.2021:

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Zweitens geht es um das Signal, das man aussenden will. Ein Biden-Putin-Treffen in den USA oder in Russland war diesmal ausgeschlossen. Zu schlecht sind die Beziehungen, als dass der eine oder der andere eine Einladung ins «Feindesland» annähme. Auch ein Nato-Staat war diesmal kein Thema – anders als etwa beim Gipfel in Prag zwischen Barack Obama und Dmitry Medwedew 2010. Zudem dürften sich die Russen diesmal auch gegen Helsinki ausgesprochen haben, da Finnland zunehmend eng mit der Nato zusammenarbeitet. Unter den aktuellen Umständen bot sich also die neutrale Schweiz an.

Drittens spielen die bilateralen Beziehungen zwischen den Gipfelteilnehmern und dem Gastgeberland eine Rolle. Die Schweiz ist beim Kreml wohlgelitten, zumal sie sich den westlichen Sanktionen gegen Russland nicht angeschlossen hat. Und aus US-Sicht sprach diesmal nichts gegen die Schweiz. Die schwierigen Zeiten sind passé, als die Debatten um die Holocaust-Gelder und das Bankgeheimnis das bilaterale Klima vergifteten. Ebenso die Verstimmung unter George W. Bush, als Washington fand, die Schweizer Aussenpolitik sei zu pro-palästinensisch und zu pro-iranisch.

SRF, Echo der Zeit vom 25.05.2021, Biden und Putin treffen sich in Genf:

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Kurz: Weder für Moskau noch für Washington sprach etwas gegen Genf. Und wenn sich der früher oft zitierte «Geist von Genf» ein bisschen wiederbeleben liesse, wäre allen gedient.

Tue Gutes und sprich darüber

Für die Schweiz ist die Gastgeberrolle ein Erfolg. Denn Gute Dienste leistet man nicht nur hinter den Kulissen. Man will damit hie und da auch sichtbar sein. Getreu dem Motto: Tue Gutes und sprich darüber! Zwar finden in Genf nach wie vor viele wichtige Konferenzen statt: Über Syrien, Jemen, Libyen und eben erst über Zypern wurde und wird am UNO-Sitz verhandelt. Allerdings: mit beschränktem Erfolg und begrenzter Sichtbarkeit. Die ganz grossen Treffen fanden häufig andernorts statt.

Russisch-amerikanische Gipfel gab es in den letzten Jahrzehnten in Reykjavik, Washington, Moskau, Vancouver, zweimal in Helsinki, in Ljubljana, Bratislava oder Prag. Jedoch seit gut 35 Jahren nicht mehr in Genf. Der Durchbruch beim Atomabkommen mit dem Iran fand 2015 in Wien statt. Donald Trump traf Kim Jong-un in Singapur.

Lange auf Spitzentreffen hingearbeitet

Das internationale Genf hofft seit langem auf ein Treffen der obersten Kategorie. Bundesbern hat darauf hingearbeitet. Jetzt hat man es wieder einmal geschafft. Das stärkt die Rolle von Genf als Diplomatiemetropole. Das ist nicht nebensächlich, denn die Konkurrenz ist gross und rührig.

Schliesslich bieten solche Gipfeltreffen meistens Gelegenheit für Tête-à-Têtes mit den Gipfelteilnehmern. Bundespräsident Guy Parmelin dürfte also die Chance erhalten, Schweizer Anliegen vorzutragen. Allein schon das Ohr von Biden und Putin zu haben, ist für ein kleines Land wie die Schweiz keine Selbstverständlichkeit.

Der diplomatische Korrespondent ist stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim St. Galler Tagblatt, Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der Zeit sowie Chefredaktor der Weltwoche.

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