«Es gibt keinen nachhaltigen Palmöl-Anbau»
Schweizer Banken sind in den umstrittenen Palmöl-Handel in Indonesien verwickelt, behaupten zwei Schweizer Hilfsorganisationen. Kartini Samon von der NGO Grain kämpft gegen die Ausweitung industrieller Plantagen, die der Hauptgrund für die Abholzung in ihrem Land sind. Die Aktivistin appelliert an die Schweizer Banken, ihre Investitionen zu überdenken und an die Interessen der lokalen Bevölkerung zu denken.
Schweizer Banken verschliessen die Augen
Die Nichtregierungsorganisationen Fastenopfer und Brot für alle haben am Montag eine Studie über die Verbindungen von 17 Schweizer Banken zu 20 Palmölkonzernen präsentiert. Die Analyse wurde von der niederländischen Rechercheorganisation Profundo über den Zeitraum von 2009 bis 2016 erstellt.
Eine Bank sticht besonders hervor, noch vor der Zürcher Kantonalbank und der UBS: Die Credit Suisse hat im untersuchten Zeitraum über 900 Millionen Dollar in Palmölfirmen investiert. Unter anderem in die Plantagenfirmen Bumitama und IOI Corporation. Diese beiden Firmen standen in der jüngeren Vergangenheit wegen Verletzungen von Menschen- und Umweltrecht in der Kritik der Öffentlichkeit.
Nach dem Studium in Agrarentwicklung hat sich Kartini Samon in bäuerlichen Jugendbewegungen Indonesiens engagiert, bevor sie zur NGO GrainExterner Link stiess, einer Partnerorganisation von Brot für alle. Vor den Medien in Bern sprach sie über die dramatischen Konsequenzen der ungezügelten Ausbreitung von Palmölplantagen für Bevölkerung und Umwelt. Indonesien ist der weltweit grösste Palmöl-Produzent.
swissinfo.ch: Welche Probleme verursacht der Anbau von Palmöl in Indonesien?
Kartini Samon: Die lokale Bevölkerung wird durch expandierende Plantagen vertrieben. Auf der Insel Kalimantan wird ein Drittel der bebaubaren Erde für Palmöl gebraucht, das entsprich fast der Fläche der Schweiz. Im Jahr 2015 gab es 731 Bodenkonflikte, bei denen 85’000 indonesische Haushalte wegen expandierenden Produzenten umgesiedelt wurden. Zudem zerstören diese Monokulturen die Wälder und Böden.
swissinfo.ch: Sie sprechen auch von gesundheitlichen Problemen. Können Sie uns ein konkretes Beispiel nennen?
K.S.: Fast jedes Jahr werden ganze Waldflächen verbrannt, um günstig an neues Land zu kommen. Der dabei entstehende Rauch verursacht Atemwegsprobleme. Darüber hinaus wird die Gesundheit der Plantagen-Arbeiter und der Anwohner durch die Verwendung von Herbiziden und Düngemitteln gefährdet.
swissinfo.ch: Profitiert die lokale Bevölkerung nicht auch vom Palmöl-Handel?
K.S.: Nur wenige der umgesiedelten Personen bekommen eine Anstellung auf den Plantagen. Zudem sind die Arbeitsbedingungen problematisch. Viele Arbeiter werden tageweise oder für eine Saison angestellt. Somit haben sie kaum soziale Sicherheit und tiefe Löhne. Es gibt auch kleine Produzenten, aber diese leiden unter der Volatilität der Preise für Palmöl, die auf den internationalen Märkten festgelegt werden. Bei täglich wechselnden Preisen haben die Bauern keine Garantie, genügend Geld für den Lebensunterhalt zu verdienen.
swissinfo.ch: Welche Lösungen schlagen Sie vor?
K.S.: Wir müssen die Expansion des Palmöls stoppen und uns daran erinnern, dass es noch viele andere Quellen pflanzlicher Öle gibt. Die billige Palmölproduktion, die den Profit für Unternehmen maximiert, führt zum Verschwinden anderer Kulturen. Man sollte wieder zu einer lokalen Produktion zurückkehren, um die Umwelt zu bewahren. Die Produktion und der Transport von Palmöl in die Importländer stösst enorme Mengen von CO2 aus. Die Banken, die den Anbau finanzieren, müssen ihre Praktiken überdenken. Aber es ist auch wichtig, die Konsumenten zu sensibilisieren. Diese können etwas beitragen, indem sie frische und lokale Produkte kaufen, statt verarbeitete Lebensmittel in Supermärkten, wo eines von zwei Produkten Palmöl enthält.
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swissinfo.ch: Die Schweizer Banken, auf die Sie mit dem Finger zeigen, haben internationalen Regeln und Prinzipien der UNO zugestimmt, damit sie keine Projekte finanzieren, die Menschenrechten oder dem Umweltschutz zuwiderlaufen. Reicht das nicht?
K.S.: Die Banken verabschieden diese Standards, die ihnen als «Greenwashing» [sich ein grünes Mäntelchen umhängen, A.d.R.] dienen, ändern aber nicht ihre Praktiken vor Ort. Sie geben sich damit ein umweltfreundliches und verantwortungsbewusstes Image. Aber es gibt keinen nachhaltigen industriellen Palmöl-Anbau. Die Monokulturen zerstören den Boden und verbrauchen die Wasserressourcen.
swissinfo.ch: Zwischen 2009 und 2013 ist das Engagement von Schweizer Geldgebern deutlich zurückgegangen. Kann man darin ein positives Zeichen sehen?
K.S.: Wir hoffen es. Die Schweizer Banken müssen ihre Investitionen überdenken. Sie sollten nicht nur an Profit denken, sondern auch an die Interessen der Bevölkerung. Wir hoffen auch, dass die Schweizer Bürgerinnen und Bürger Druck machen auf die Banken, damit diese ihr Geld anderweitig investieren.
Credit Suisse verteidigt sich
Auf Anfrage von swissinfo.ch wollte Credit Suisse die Zahl von 900 Millionen Dollar, die angeblich in Palmöl-Unternehmen investiert worden sei, nicht bestätigen. Die Bank sagt, sie unterhalte keine Geschäftsbeziehungen zu Palmölproduzenten, die nicht Mitglied des Runden Tisches für nachhaltiges Palmöl (RSPO) seien. Der RSPO wurde von der Umweltschutzorganisation WWF initiiert und soll einen Mindeststandard für den Anbau von Palmöl garantieren.
(Übertragung aus dem Französischen: Sibilla Bondolfi)
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