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Lehrerin in der Fremde: Eine Schweizerin zieht nach Peking

Paar an ihrem Küchentisch in Zürich
Voller Vorfreude: Carla Frehner und Marc Wohlwend beim Besuch von SWI swissinfo.ch in Zürich. Vera Leysinger / SWI swissinfo.ch

Sie unterrichtet bald als eine von rund 270 Lehrer:innen an einer Schweizerschule im Ausland. Carla Frehner tritt im August ihre neue Stelle an, ihr Mann begleitet sie bei der Auswanderung. Sie freuen sich aufs chinesische Essen und haben Respekt vor dem Smog.

Das Schweizer Paar tauscht in diesen Tagen seine kleine Zürcher Wohnung im Grünen mit einem neuen Daheim im Grossstadt-Dschungel von Peking. «Ich hätte mir nie vorstellen können, nach China zu gehen», sagt Carla Frehner. «Aber jetzt kann ich es kaum erwarten.»

Die 30-Jährige tritt im August eine Stelle als Lehrerin an der Schweizerschule in Peking an. Mit dabei ist Marc Wohlwend – seit Anfang Jahr Frehners Ehemann. Lange wusste davon jedoch niemand ausser den Trauzeugen. Ihre Freunde und Familie weihten sie erst an ihrem Abschiedsfest ein.

Der Hauptgrund für die Heirat war die Auswanderung nach China. «Es war visumstechnisch der einfachste und sicherste Weg», sagt Wohlwend. So konnten die beiden sichergehen, dass sie auch wirklich gemeinsam auswandern können.

Paar bei ihrer Hochzeit mit ihren Trauzeugen
Für die Auswanderung haben sie geheiratet. Carla Frehner und Marc Wohlwend (in der Mitte) zusammen mit ihren Trauzeugen. zVg

Der 35-Jährige war sofort Feuer und Flamme, als seine Partnerin letzten Herbst die Stelle an der Schweizerschule in Peking ausgeschrieben sah und – eher aus Spass –  eine Auswanderung vorschlug.

«Zum Glück konnte ich Carla dazu überreden, ihr Dossier nach China zu schicken», sagt Wohlwend. Ihn fasziniere das Fremde, die Sprache, die Kultur, die Grösse des Landes.

Man sollte sich drei Jahre verpflichten

Der Wunsch vom Auswandern auf Zeit hatten die beiden schon länger. Wohlwend war beruflich bereits für ein Jahr in München, jetzt möchte Frehner diese Erfahrung ebenfalls machen.

Diesmal aber eben gemeinsam. Gereist sind die beiden schon durch viele Länder in Europa. Jetzt wollten sie noch etwas Exotischeres entdecken und erleben.

Geht man ein Arbeitsverhältnis mit einer Schweizer Schule ein, sollte man sich mindestens für zwei, besser für drei Jahre verpflichten.

«Das erste Jahr braucht man zum Ankommen. Im zweiten Jahr kann man langsam das Leben am neuen Ort geniessen und ab dem dritten kann man so richtig profitieren», sagt Barbara Sulzer-Smith, die noch bis Ende Juli Geschäftsführerin von Educationsuisse ist.

Educationsuisse ist die Geschäftsstelle für alle 18 Schweizerschulen, mit insgesamt 7500 Schüler:innen im Ausland.

Weltkarte, worauf die 18 Schweizerschulen im Ausland aufgeführt sind.
swissinfo.ch

Das Zielpublikum dieser Schweizer Privatschulen sind Kinder der einheimischen Bevölkerung sowie von Expats. Dabei machen Kinder mit Schweizer Pass nur rund 20% aus.

Das Bundesgesetz über die Präsenz schweizerischer Bildung im AuslandExterner Link besagt zudem, dass die Mehrzahl der Lehrer:innen Schweizer:innen sein müssen. Sie sind für die Qualität des Schweizer Unterrichts verantwortlich.

Zu Schweizer Bedingungen im Ausland arbeiten

An einer Schweizerschule zu unterrichten sieht Frehner als grosse Chance. «Ich liebe meinen Beruf als Lehrerin, und es ist eine einmalige Möglichkeit, zu Schweizer Bedingungen im Ausland zu arbeiten.» Frehner hat einen chinesischen Arbeitsvertrag, sie wird dort auch Steuern bezahlen.

Bild von Schweizerschule in Peiking
Die Schweizerschule in Peking. Carla Frehner und ihr Mann wohnen nur fünf Minuten davon entfernt. zvg

Gleichzeitig hat sie aber auch einen Schweizer Arbeitsvertrag, der sicherstellt, dass bei den Sozialversicherungen keine Lücken entstehen. Es ist quasi eine Auswanderung im geschützten Rahmen.

Allerdings: Wer glaubt, die Lehrpersonen würden im Ausland gleich viel verdienen wie in der Schweiz, liegt falsch. Die Löhne richten sich nach Lebenshaltungskosten in den jeweiligen Ländern und variieren stark. «Man wird dafür mit Eindrücken und einmaligen Erfahrungen entlöhnt», sagt Sulzer-Smith.

Dass an den Schweizerschulen nun nach dem gesamtschweizerischen Schulsystem, dem Lehrplan21, unterrichtet wird, sieht Frehner als grosses Plus: «In Peking gibt es eine Unterrichtsstruktur, die ich schon kenne und von der ich überzeugt bin.» Gleichzeitig werde viel anderes ganz neu für die beiden werden.

Wird sich das negative Bild von China bestätigen?

Frehner und Wohlwend übten den ganzen Frühling über fleissig Chinesisch. Die in ihrer Wohnung aufgehängten Schriftzeichen «Glück, Fröhlichkeit und Frühling» zeugten bei unserem Besuch im Mai davon.

«Marc ist ein Streber», sagte Frehner damals über ihren Ehemann. Er habe in den vergangenen Monaten täglich Chinesisch gelernt. Er hätte dafür auch Zeit gehabt auf dem Weg zur Arbeit und zurück.

Chinesische Zeichen auf Kärtchen
Begleitperson Wohlwend hat fleissig Chinesisch geübt. Die vielen Kärtchen zeugen davon. Vera Leysinger/SWI swissinfo.ch

Sie selbst besuchte lediglich den Chinesisch-Unterricht und machte die nötigen Hausaufgaben. Mehr habe das Projekt «Auswanderung» nicht zugelassen, da viel Administratives anfiel. Bankkonten eröffnen, das Verschiffen der Möbel organisieren, Administratives erledigen.

Das Ehepaar hat nicht den Anspruch, künftig perfekt Chinesisch zu sprechen. «Aber sich durchschlagen zu können, wäre sehr cool», sind sich die beiden einig. Ausserdem wollen sie dadurch auch versuchen, sich in China so weit wie möglich zu integrieren.

Und auch mit der chinesischen Kultur setzen sich beide seit ihrem Entscheid intensiv auseinander. So hat Frehner etwa gelesen, dass die persönliche Freiheit in der chinesischen Gesellschaft nicht so im Vordergrund stehe wie hier. «Ich bin gespannt, wie sich das auf uns auswirkt.»

Ebenfalls gespannt seien sie darauf, ob sich das eher negative Bild, das die westlichen Medien von China zeichneten, bestätige oder ob sie ein völlig anderes China wahrnehmen würden.

Als Begleitperson in China

Frehner tritt in Peking eine 100%-Anstellung an. Als Begleitperson ist es in China hingegen schwierig, ein Arbeitsvisum zu erhalten. Deshalb wird sich Wohlwend, studierter Jurist, in erster Linie seiner Dissertation widmen, die er schon seit Längerem abschliessen will. «Ich werde also eine Weile beschäftigt sein.»

Frehner freut sich besonders aufs Essen in China, auf die Sprache und natürlich auf ihren Job. Wohlwend auf alles Neue und Aufregende. Etwas Bammel haben sie vor der Vorstellung, dass sie sich nicht zurechtfinden könnten, wenn alles auf Chinesisch angeschrieben ist.

Oder, dass man offenbar nur beschränkt draussen Sport machen könne. In Peking gilt die Luftqualität als besonders schlecht, Sport im Freien kann gesundheitsschädigend sein.

Die meisten ihrer Angehörigen fänden es grossartig, dass es das Paar nach China verschlage. «Wir erhalten bestimmt viel Besuch.» Mit ein Grund, weshalb die beiden nicht vorhaben, etwa an Feiertagen nach Hause in die Schweiz zu kommen. «Wir wollen in China herumreisen und unsere Freizeit dort verbringen», sagt die Primarlehrerin.

Sollte das Heimweh aber plötzlich zu gross werden, würden sie sich auch mal einen Abstecher in die Schweiz leisten. «Wir wollen jetzt aber nicht schon ans Zurückkommen denken.»

SWI swissinfo.ch begleitet zwei Lehrerinnen bei ihrer Auswanderung nach Peking bzw. Bangkok, wo sie an einer Schweizerschule arbeiten werden. Wie geht es ihnen? Was erleben sie? Und ist der Alltag als Expat so, wie sie ihn sich vorgestellt haben? Wir berichten in unregelmässigen Abständen.

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