«Made in Switzerland auch bei Airbus sehr begehrt»
Der Flugzeughersteller Airbus befindet sich im Höhenflug. Allein in den vergangenen acht Tagen habe "das Auftragsbuch um mehr als 800 Flugzeuge zugenommen", sagte Airbus-CEO Thomas Enders Ein guter Kunde ist auch die Lufthansa-Tochter Swiss.
Enders war Gastredner an der Generalversammlung der Handelskammer Deutschland-Schweiz. Am Tag davor hatte er am Rande des deutsch-chinesischen Gipfels in Berlin einen grossen Fisch an Land gezogen: Eine Kaufvereinbarung mit der chinesischen Flugzeug Holdinggesellschaft CAS über 88 Mittelstrecken-Maschinen des Typs A320.
Wenige Tage zuvor bescherte die Paris Airshow in Le Bourget dem Konzern einen neuen Rekord: An der Leistungsschau der internationalen Luftfahrtindustrie gingen bei der EADS-Tochter Airbus 730 Bestellungen über ein Auftragsvolumen von mehr als 72,2 Milliarden Euro ein.
swissinfo.ch: Welche Bedeutung hat der Schweizer Markt für Airbus?
Thomas Enders: Die Schweiz hat eine grosse Bedeutung, schon nur wegen der Swiss. Deren Vorgängerin, die Swissair, war vor dreissig Jahren die erste Kundin der damaligen A810-Modellfamilie. Ein Viertel der Swiss-Flotte sind heute Airbus-Flugzeuge, und wir werden uns anstrengen, dass es auch so bleibt.
Die Schweiz ist aber auch wichtig, weil wir eine ganze Reihe von Zulieferungen aus der Schweiz beziehen. Das gilt für Airbus, das gilt aber auch für die EADS-Gruppe insgesamt. Wir haben im letzten Jahr ein Volumen von rund 170 Millionen mit Schweizer Zulieferern.
swissinfo.ch: Welche Teile bezieht Airbus in der Schweiz?
T.E.: Es gibt eine ganze Reihe von leistungsstarken Anbietern. Wir haben sie ja letztes Jahr auf der Luftfahrtausstellung in Berlin gehabt, wo die Schweiz Partnerland war. Das waren mehr als 50 Unternehmen mit 4-5000 Mitarbeitern. Wir beziehen sehr verschiedene Produkte aus der Schweiz, das geht von Strukturteilen bis hin zu Motor-Überwachungssystemen, also Elektronik- und Sensorik-Bauteilen. Die Qualität «Made in Switzerland» ist auch bei Airbus sehr begehrt.
swissinfo.ch: In Ihrem Vortrag sprachen Sie viel über Ökologie und nur relativ wenig über höhere Geschwindigkeiten. Wieso?
T.E.: Die höheren Geschwindigkeiten, also die Überschall-Geschwindigkeiten, die wir früher mit der Concorde hatten, haben sich nicht als ökonomisch erwiesen. Das war noch deutlich vor der Zeit, in der die Ökologie-Debatte hochgeschwappt ist.
Das heisst jedoch nicht, dass wir nicht daran arbeiten. Wir haben eine ganze Reihe von Forschern, die über den Tag hinaus an Überschall- oder Hyperschall-Technologie arbeiten, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass vor dem Jahr 2050 diese Technologien in Flugzeugen zum Einsatz kommen.
Heute liegt der Schwerpunkt der Entwicklung darin, mit einer Geschwindigkeit von 800 bis 900 Stundenkilometern möglichst lärmreduziert und ökologisch zu fliegen, also mit einem möglichst geringen Ausstoss an Emissionen. Da ist unser Flaggschiff A380, ein gutes Beispiel dafür, in welche Richtung die Technologieentwicklung zumindest mittelfristig gehen wird.
swissinfo.ch: Sie rechnen mit einem weiteren starken und anhaltenden Wachstum im internationalen Flugverkehr. Der Luftraum ist bereits heute überlastet. Welche Antworten haben sie auf die drohenden Staus?
T.E. Wir können sehr viel tun auf der Herstellerseite, aber einen der wichtigsten Beiträge können wir nicht leisten. Nämlich, dass Europa sich ein effizientes Luftverkehrs-Management gibt, das dem höchsten technologischen Entwicklungsstand entspricht.
Wir haben heute in Europa, also in einem klein parzellierten Luftraum, noch eine Technologie, die zwischen 40 und 50 Jahre alt ist. Das müsste nicht sein, die Technologien sind vorhanden. Hier sind die politischen Entscheidungsträger gefragt, endlich das grosse Thema «Single European Sky» und eine moderne Flugsicherung voranzubringen.
swissinfo.ch: Der Prototyp Solar-Impulse ist eine Schweizer Entwicklung. Welche Zukunft hat die Solar-Energie in der Luftfahrtbranche?
T.E.: Das ist eine faszinierende Entwicklung, die ich mir sicherlich in Kleinflugzeugen vorstellen kann. Aber momentan fehlt mir noch die Fantasie, mir vorzustellen, dass man eine 560 Tonnen schwere A380 mit Solar-Energie vom Boden in die Luft bringt.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist es wichtig, dass man verschiedene Technologien untersucht. Solarenergie könnte vielleicht eine unterstützende Wirkung haben. Wir konzentrieren uns sehr stark auf die Einführung von Brennstoffzellen. Wir planen Brennstoffzellen in rund 15 Jahren zum Einsatz zu bringen. Sie werden dazu beitragen, dass eine ganze Menge Sprit gespart wird, wenn sich die Flugzeuge am Boden bewegen. Auch bei der Hydraulik könnten künftig Brennstoffzellen eingesetzt werden.
Es ist sehr wichtig, dass man in verschiedene Richtungen hinein forscht und Technologien entwickelt und nicht zu früh sagt, dies oder jenes sei eine Sackgasse.
Thomas Enders wurde 1958 im rheinlandpfälzischen Neuschlade als Sohn eines Schäfers geboren.
Nach der Matura ging er als Fallschirmjäger zur Bundeswehr, seit dieser Zeit trägt er den Spitznamen Major Tom. Heute ist Enders Major der Reserve.
Nach der Bundeswehrzeit studierte er von 1978 bis 1983 Politik-, Wirtschafts- und Geschichtswissenschaften in Bonn und an der Universität von Kalifornien.
1982 ging er als Assistent zum Deutschen Bundestag, wo er bis 1985 blieb.
Von 85 bis 1987 arbeitete im Forschungsinstitut der Konrad-Adenauer-Stiftung in Bonn.
Nach verschiedenen Stationen in der Privatwirtschaft, kam Ende 2000 zur EADS.
Seit August 2007 ist er CEO der EADS-Tochter EADS.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch