Mit welchen Gesetzen Länder die Zwangsarbeit eindämmen wollen
Die Berichte über Zwangsarbeit in der chinesischen Provinz Xinjiang haben vielerorts die Gesetzgeber auf den Plan gerufen. Eine Übersicht der rechtlichen Entwicklungen.
Welche neuen Regeln sind in schon Kraft?
Die USA haben bereits Nägel mit Köpfen gemacht. Im Juni trat mit dem Uyghur Forced Labor Prevention ActExterner Link ein Importverbot für Baumwolle aus Xinjiang in Kraft. Das Gesetz verbietet alle Importe von Produkten, die ganz oder teilweise in der chinesischen Region gewonnen oder fabriziert wurden. Ausnahmen sind nur möglich, wenn der Importeur beweisen kann, dass die Ware nicht unter Zwangsarbeit hergestellt wurde. Die Zollbehörden sollen auch Produkte an der Grenze stoppen können, die in anderen Regionen Chinas unter Zwangsarbeit hergestellt wurden.
Die EU hatte im März 2021Externer Link im Zusammenhang mit der Situation in Xinjiang Sanktionen gegen einzelne chinesische Beamte erlassen. In Grossbritannien ist bereits seit 2015Externer Link ein Gesetz zur modernen Sklaverei in Kraft, das jedoch keinen direkten Bezug zu Xinjiang hat und lediglich eine allgemeine Berichterstattung über ZwangsarbeitExterner Link vorschreibt.
Was plant die EU?
Im September schlug die Europäische Kommission vorExterner Link, Produkte aus Zwangsarbeit vom EU-Markt zu verbannen. Die Behörden der Mitgliedstaaten sollen Risikoeinschätzungen vornehmen, bei begründetem Verdacht zu bestimmten Produkten ermitteln und die Ware vom Markt nehmen können. Zollbehörden sollen in Zwangsarbeit hergestellte Produkte an den Grenzen stoppen. Der Vorschlag kommt nun vors EU-Parlament und den Rat der Europäischen Union. Bereits im Februar hatte die Kommission einen Entwurf für obligatorische SorgfaltspflichtenExterner Link für Menschenrechte verabschiedet.
Was geschieht in der Schweiz?
Im Mai hat die Rechtskommission des Nationalrats eine parlamentarische InitiativeExterner Link angenommen, die verlangt, dass Firmen prüfen müssen, ob in ihren Produkten Zwangsarbeit steckt. Es geht dabei um die Erweiterung eines Gesetzes, das erst 2022 in Kraft getreten ist: der Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative, die in der Schweiz eine gehässige Debatte auslöste und 2020 knapp abgelehnt wurde. Die Initiative hatte eine umfassende Sorgfaltspflicht für Unternehmen und entsprechende Haftungsregeln verlangt. Der Gegenvorschlag führte eine Berichterstattungspflicht zu nichtfinanziellen Themen ein (analog zu einer bestehenden Regelung in der EU) und beschränkte die obligatorische Sorgfaltsprüfung auf Kinderarbeit und auf Bodenschätze, die in Konfliktgebieten gefördert werden. Im September sprach sich auch die zuständige Ständeratskommission dafür aus, diese Pflicht auf Zwangsarbeit auszudehnen. Die Vorlage kommt als nächstes vors Parlament.
Was bedeutet das für Unternehmen?
Wie die Gesetze umgesetzt werden und wirken, ist noch völlig unklar. «Die Unsicherheit war nie grösser als jetzt», sagt Dorothée Baumann-Pauly, die das Genfer Zentrum für Wirtschaft und Menschenrechte leitet. Man wisse noch nicht, ob die Hafenbehörden in den USA Container aus China tatsächlich stoppen würden, um den Import von Produkten wie Baumwolle zu verhindern. «Tatsache ist, dass dies zu grossen Marktstörungen führen wird.» Klar sei, dass das Thema nun bei Unternehmen auf der Agenda stehe, sagt Baumann-Pauly. «Es ist immer besser, Entwicklungen zu antizipieren statt zu warten, bis die Regulierungen zu wirken beginnen.»
Editiert von Mark Livingston
Wie sich Firmen für «saubere» Baumwolle engagieren und womit sie zu kämpfen haben, lesen Sie hier, am Beispiel der Schweizer Outdoormarke Mammut:
Mehr
Verzicht auf Baumwolle aus Xinjiang – leichter gesagt als getan
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch