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Nach US-Verdikt schwitzen andere Schweizer Banken

Die Basler Kantonalbank spielt für die Wirtschaft in den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft eine entscheidende Rolle. Keystone

Für die 13 Schweizer Banken, die vom amerikanischen Justizministerium (DoJ) immer noch wegen mutmasslicher Steuerdelikte untersucht werden, gibt es nach der hohen Busse für die Grossbank Credit Suisse wenig Hoffnung auf ein mildes Urteil. Einige grössere Institute bleiben im Visier des DoJ.

Die Zürcher Kantonalbank (ZKB) galt im letzten Jahr angesichts ihres grossen Kreditgeschäfts im Inland als dritte «Too-big-to-fail-Bank». Die Basler Kantonalbank (BKB) spielt in den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft eine zentrale Rolle, und Julius Bär, die drittgrösste Schweizer Vermögensverwalterin, sowie Pictet gehören zu den Giganten im Private-Banking.

Die ZKB stellte das Geschäft mit US-Kunden Ende 2011 ein, allerdings erst nachdem sie US-Vermögen in der Höhe von 1,8 Mrd. Franken angehäuft hatte. Von der BKB wird gesagt, dass sie in den letzten Jahren US-Gelder in der Höhe von 600 Mio. Franken verwaltete.

Die Credit-Suisse-Busse «wird als Modellcharakter für die Fälle der anderen Schweizer Banken dienen. Für die Höhe der Bussen gibt es keine Berechnungsgrundlagen. Eine gewisse Willkür der US-Behörden spielt mit.

Auch für die übrigen Banken wird es sicher teurer werden, als man bisher gedacht hat», sagte Wirtschaftsrechts-Experte Peter V. Kunz gegenüber swissinfo.ch.

Im August 2013 teilten die US-Behörden mit, dass sie gegen 14 Schweizer Banken strafrechtliche Schritte unternehmen. Das Justizministerium ermittelte auch gegen eine weitere Bank, die Neue Zürcher Bank, bevor diese geschlossen werden musste.

Weil weder die US- noch die Schweizer Behörden die Namen der betroffenen Banken bestätigten, hatten die Medien folgende Namen aufgelistet (einige Banken haben bestätigt, dass sich ihre Namen in dieser Liste befinden):

Credit Suisse

Zürcher Kantonalbank

Pictet

Julius Bär

Basler Kantonalbank

Wegelin (2013 geschlossen)

Rahn & Bodmer

Neue Zürcher Bank (2011 geschlossen)

Neue Privat Bank

Bank Frey (erklärte 2013, dass sie schliessen werde)

Schweizer Filialen ausländischer Banken:

HSBC (Britisch)

Liechtensteinische Landesbank (erklärte anfangs 2014, dass die Filiale geschlossen werde)

Leumi (israelisch)

Hapaolim (israelisch)

Mizrahi (israelisch)

Weitere Exempel?

Die Frage bleibt bestehen, ob eine weitere Schweizer Bank das gleiche Schicksal erleiden wird wie die Bank Wegelin, die zur Auflösung gezwungen wurde, nachdem sie Anfang 2013 von einem US-Strafgericht rechtskräftig verurteilt worden war. Viele Beobachter in den USA gehen davon aus, dass das DoJ kein Interesse mehr daran hat, weitere Exempel zu statuieren.

Wegelin hatte das US-Justizsystem in voller Härte zu spüren bekommen, weil die Bank in krassester Missachtung der UBS-Strafverfolgung deren Kunden abgeworben hatte, als diese bereits verurteilt war, sagt Teig Lawrence, Steuerrechtsanwalt aus Florida. Ausserdem habe es die Bank versäumt, mit den USA zu kooperieren, als gegen sie ermittelt wurde.

In Dokumenten, die am Montag einem US-Gericht unterbreitet worden sind, wurde Credit Suisse auch wegen Vernichtung von Beweismaterial und Behinderung der Ermittlungen durch das DoJ beschuldigt. Die zweitgrösste Bank der Schweiz musste sich auch den Untersuchungen eines US-Senatsausschusses unterziehen. Mit der Strafe wurde auch ein Exempel statuiert, um eine Warnung an die übrige Bankenwelt zu senden.

Aber Laurence glaubt, dass es sich um den letzten derartigen symbolischen Fall handeln könnte. Aus der Wortwahl des Justizministeriums bei dessen Aussagen über die Kantonalbanken leitet er eine gewisse Hoffnung ab. Das DoJ habe im Rahmen des Verfahrens gegen die Credit Suisse die Schweizer Behörden für ihre Bemühungen zur Lösung des Steuerkonflikts gelobt.

«Ein aggressives Vorgehen gegen die Staatsbanken würde einen widersprüchlichen Eindruck hinterlassen. Es würde eine zweideutige Botschaft an die Schweiz senden», sagt er gegenüber swissinfo.ch. «Ich glaube, dass die Banken sich mit der Vereinbarung über einen Verzicht auf Strafverfolgung (non-prosecution-agreement, NPA) oder den Abkommen über den Aufschub der Strafverfolgung (deferred prosecution-agreement DPA) aus der Affäre ziehen werden, wenn ihre Geschäftstätigkeiten nicht aussergewöhnlich ungeheuerlich waren.»

CS-Chef Brady Dougan beteuert im Interview mit dem «Sonntagsblick», keine illegalen Steuerdeals toleriert zu haben. Dass diese Aussage auch angezweifelt wird, frustriere ihn.

«Ehrlich gesagt, darüber bin ich frustriert», so Dougan. «Die Untersuchungen dauerten dreieinhalb Jahre. Es ist alles bekannt. Sehr viele Anwälte haben sehr genau hingeschaut, dazu etliche untersuchende Behörden», so Dougan.

Es habe bei der Credit Suisse (CS) klare Regeln gegeben und Vorschriften, wie die grenzüberschreitenden Geschäfte zu führen seien. «Leider fanden wir zu spät heraus, dass es Leute gab, die diese Vorschriften missachteten», so Dougan weiter.

Mit seinem Vorgänger, Oswald Grübel, habe er nicht über die US-Kunden geredet. «Er hat sich nie mit mir zusammengesetzt, um darüber zu reden». Brady Dougan übernahm 2007 die Konzernleitung der CS und führte die Linie seines Vorgängers Grübel vorerst fort. «Ich habe nie etwas Illegales toleriert. Nie. Bei jeder Gelegenheit betonte ich: Wir halten uns an die Gesetze», so Dougan.

Er denke nicht dran, die Bank zu verlassen. «Ich fühle mich der Credit Suisse und den Menschen, mit denen ich arbeite, absolut verpflichtet», so Dougan.

Verurteilung gleich Todesstoss

Für eine Bank ist die Sicherheit und Verlässlichkeit das Ein und Alles. Eine unwiderrufliche strafrechtliche Verurteilung wäre der Todesstoss für jedes Institut, weil die Kunden davonlaufen würden und die Lizenz entzogen werden könnte. Selbst ein Schuldeingeständnis für eine kriminelle Tätigkeit ohne Verurteilung könnte Banken, die kleiner sind als die Credit Suisse, einen irreparablen Schaden zufügen. Ein NPA oder DPA kann die Banken davor bewahren, durch die Gerichte geschleppt und als «kriminell» abgestempelt zu werden.

Aber man darf nicht davon ausgehen, dass sich das Justizministerium jetzt zurücklehnen und auf seinen Lorbeeren ausruhen wird. «Obwohl die Aktionen einen Meilenstein in unseren Anstrengungen zur Stärkung des Rechts darstellen, ist unsere Arbeit im Offshore-Bereich weit davon entfernt, erledigt zu sein, und wir erwarten weitere öffentliche Aktionen in diesem Bereich in den kommenden Monaten», warnte der stellvertretende US-Justizminister James Cole.

Auch US-Senator John McCain, der im Ausschuss sass, welcher die Führungskräfte der Credit Suisse im Februar öffentlich in die Zange genommen hatte, gab sich resolut. «In den nächsten Tagen freue ich mich darauf, auf dieses Schuldbekenntnis zu schauen, um zu sehen, ob es ausreicht, Führungskräfte auf individueller Basis zur Rechenschaft zu ziehen und ob die Strafe abschreckend genug ist, um ähnliches Fehlverhalten in Zukunft zu vermeiden», sagte er.

Die Schweizer Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf gab sich an einer Pressekonferenz keiner Illusion hin, dass weitere Banken mit belastenden Strafen konfrontiert werden könnten.

Am 19. Mai 2014 musste die CS eine Busse von 2,8 Mrd. Dollar akzeptieren sowie ein Schuldeingeständnis ablegen.

Die zweitgrösste Schweizher Bank bezahlt 1,8 Mrd. Dollar an das Justizministerium, 715 Mio. Dollar an die New Yorker Bankenaufsicht, 196 Mio. Dollar an die Börsenaufsichtsbehörde und 100 Mio. Dollar an die US-Notenbank.

Die Geldstrafe ist dreieinhalb Mal so hoch wie jene, die 2009 gegen die UBS verhängt wurde.

Die CS musste auch ein Schuldeingeständnis ablegen, konnte ihre Bankenlizenz aber behalten. In den nächsten zwei Jahren muss sie ihre Vermögensverwaltung gegenüber der New Yorker Bankenaufsicht offenlegen.

Die deutlich höhere Busse lässt sich auch durch das Geschäftsgebaren erklären, das die CS und andere Schweizer Banken nach der Bestrafung der UBS an den Tag legten.

In der irrigen Annahme, von den USA weit genug entfernt zu sein, um einer Strafe zu entgehen, warben sie der UBS amerikanische Steuersünder ab, indem sie diesen einen sicheren Hafen vor der US-Steuerbehörde anboten.

Existenzielle Belastung

Die Höhe der Strafe und möglicherweise die Belastung durch die Ermittlungen könnte für kleinere Banken noch Probleme verursachen. Die Bank Frey, von der gesagt wird, dass sie 44 Prozent ihres verwalteten Vermögens von US-Kunden hat, hatte im letzten Jahr gesagt, dass sie stark abbauen werde, weil die Vermögensverwaltung wegen der Untersuchungen zu schwierig geworden sei.

Die Neue Zürcher Bank hat ihre Tätigkeiten im Vermögensverwaltungs-Geschäft heruntergefahren, nachdem sie ins Visier des Justizministeriums geraten war. Julius Bär und Pictet werden von Analysten als gross genug beurteilt, um US-Strafen aufzufangen, aber die Beobachter wollen sich nicht zu Spekulationen über das Risiko für kleinere Banken wie Rahn & Bodmer oder Neue Privat Bank hinreissen lassen.

Im Rahmen eines Programms zur Beendigung des Steuerstreits zwischen der Schweiz und den USA wurden 13 der Strafverfolgung ausgesetzte Schweizer Banken in die «Kategorie 1» eingeteilt, die  ihre Machenschaften gegenüber dem Justizministerium bereinigen müssen. Der Schweizer Regierung war es im letzten Jahr gelungen, die anderen Banken im Rahmen einer Vereinbarung über einen Strafverfolgungsverzicht vom DoJ zu verschonen. Zu den Bedingungen dieses Deals gehört auch, dass sich diese Banken selber – je nach Grad ihres Verschuldens bei der Beihilfe zur Steuerhinterziehung – in eine der Kategorien 2, 3 oder 4 einteilen müssen.

Das heisst aber nicht, dass sie deswegen definitiv vor einer Strafverfolgung verschont bleiben. Jede Bank, die sich wissentlich oder unwissentlich in der falschen Kategorie eingeteilt hat, könnte aus dem NPA geworfen und der Gnade des Justizministeriums ausgesetzt werden.

Einige Anwälte hatten sich im letzten Jahr gefragt, ob die finanzielle Belastung für den Unschuldsnachweis bei ihren US-Aktivitäten – unabhängig von einer Schuld – für kleinere Banken zu hoch ausfallen könnte. «Das ist eine kostspielige Angelegenheit, die einige kleinere Banken ruinieren könnte. Viele Banken kämpfen, sie machen derzeit sogar Verluste, und sie wären nicht in der Lage, die enormen zusätzlichen Kosten zu tragen», sagt Christian Fischer, Partner der Anwaltskanzlei CFM gegenüber swissinfo.ch.

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Trophäe des DoJ

Das Justizministerium wird auch einzelne Banker aufspüren, die stark in die Steuerhinterziehung verwickelt waren, sowie Vermögensverwalter, Rechtsanwälte oder Vermögensberatungsfirmen, die den Banken bei der Erstellung von gefälschten Konten und Briefkastenfirmen halfen.

Der Vermögensverwalter Swisspartners Group hat kürzlich der US-Justiz mehrere Dutzend Kundendossiers ausgehändigt und eine Busse von 4,4 Mio. Dollar bezahlt, um sich einer Strafverfolgung zu entziehen. Acht Angestellte oder ehemalige Angestellte der Credit Suisse gehören zu jenen in den USA bereits angeklagten Einzelpersonen.

Credit Suisse kann als letzte grosse Trophäe des DoJ betrachtet werden, aber verschiedene andere Player haben genügend Anlass zur Beunruhigung.

(Übertragung aus dem Englischen: Peter Siegenthaler)

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