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Nepal braucht langfristigen Wiederaufbau

Ein Schweizer Team evaluiert die Bedürfnisse in der Katastrophenregion. Dies nachdem viele nepalesische Dörfer, wie zum Beispiel Kumalpur ausserhalb der Hauptstadt Kathmandu, vom schweren Erdbeben verwüstet worden waren. Keystone

Für den Wiederaufbau der vom Erdbeben zerstörten Region und für die Eindämmung der Gesundheitsrisiken brauche Nepal langfristige internationale Hilfe. Das sagen Experten eines Schweizer Einsatzteams in Kathmandu.

Das schwerste Erdbeben seit Jahrzehnten hat in der Region mindestens 3800 Tote gefordert. Trotzdem hätten die Nepalesen ihre Widerstandsfähigkeit nicht verloren, sagt Billi Bierling, Kommunikationsverantwortliche des Schweizerischen Korps für Humanitäre Hilfe (SKH).Externer Link Bierling lebt zeitweise in Kathmandu. 

Dem Team, das seit Montag im Katastrophengebiet im Einsatz ist, gehören neben dem Teamleiter und dessen Stellvertreterin, auch ein Arzt, ein Baustatiker, ein Wasserexperte sowie ein Logistiker an.

swissinfo.ch: Wie beurteilt das Schweizer Team die Situation im Katastrophengebiet und wie kann es den Betroffenen am besten helfen?

Erdbeben im Himalaya

Das nepalesische Innenministerium gab die Zahl der bestätigten Toten am Dienstag mit 4300 allein im eigenen Land an. In Indien starben 62 Menschen, in China mindestens 20 Menschen.

Das Erdbeben der Stärke 7,8 vom Samstag war das stärkste in Nepal seit mehr als 80 Jahren. Das Epizentrum lag etwa 80 Kilometer nordwestlich von Kathmandu. Dem Beben vom Samstag folgten viele Nachbeben. Das ganze Ausmass der Zerstörung ist  noch nicht abzusehen, weil viele abgelegene Dörfer zunächst nicht erreicht werden können.

Laut der UNO sind in Nepal fast eine Million Kinder dringend auf Hilfe angewiesen. Die Gefahr von Epidemien sei mangels sauberem Wasser und sanitärer Einrichtungen sehr hoch, erklärte das UNO-Kinderhilfswerk (UNICEF). Viele Kinder seien zudem von ihren Familien getrennt und auf sich alleine gestellt.

(Quelle: sda)

Billi Bierling: Ich bin ziemlich erstaunt zu sehen, wie viele Gebäude noch stehen. Aber wir können nicht ins Innere der Häuser blicken, und ich vermute, dass an vielen Gebäuden grosse Schäden entstanden sind…Unser Arzt hat vier Spitäler besucht, die überfüllt sind. Aber sie scheinen gute Arbeit zu leisten. Eine Klinik in der Nähe von Bhaktapur – eine der ältesten Städte, die stark beschädigt wurde – ist stark überlastet und braucht Unterstützung.

swissinfo.ch: Wie steht es um die medizinische Hilfe, die Trinkwasser- und Nahrungsmittel-Versorgung sowie die sanitären Einrichtungen?

B.B.: Obwohl Kathmandu ziemlich gut entwickelt ist, gibt es Gesundheitsrisiken. Trinkwasser ist derzeit noch erhältlich. Die Regierung stellt Wasser zur Verfügung. Weil es nur wenige Wasserkraftwerke gibt, ist die Stromversorgung in Nepal auch sonst prekär. Um Elektrizität zu sparen, fällt der Strom seit vielen Jahren manchmal bis zu 12 Stunden am Tag aus.

Eine Katastrophe wie jetzt verschlimmert die Situation zusätzlich. In den meisten Häusern wird das Wasser in einen Tank auf dem Dach gepumpt. Weil es derzeit keinen Strom gibt, lässt sich vielerorts das Grundwasser nicht heraufpumpen.

swissinfo.ch: Ist das Land angesichts der Armut in der Lage, seine Infrastruktur wieder aufzubauen?

B.B.: Kathmandu ist in den letzten zehn Jahren stark gewachsen, weil während des maoistischen Aufstands viele junge Leute hier einen sicheren Hafen gesucht haben. Es gibt viele moderne Gebäude, die das Beben bis zu einem gewissen Grad überstanden zu haben scheinen. Aber es liegt Schutt und Geröll herum…Es wird sehr viel Aufräum- und Aufbauarbeit nötig sein. Vermutlich wird Unterstützung der internationalen Gemeinschaft während langer Zeit erforderlich sein.

Aber das nepalesische Volk ist stark. Es wird in der Lage sein, das Land wieder aufzubauen. Viele von ihnen haben das Lächeln nicht verloren… und das ist in einer Tragödie wie dieser unentbehrlich für die Moral.

swissinfo.ch: Wie schlimm ist das Erdbeben in Nepal im Vergleich zu anderen Katastrophen, denen Sie schon begegnet sind?

B.B.: Das Beben war sehr stark. Es ist sehr schwierig das Ausmass der Katastrophe einzuschätzen. Nepals Siedlungen sind weit zerstreut. Und die letzte Volkszählung liegt viele Jahre zurück. Man weiss nicht, wie viele Menschen wo genau leben. Das Land gehört zu den ärmsten der Welt… und jetzt wird es erneut zurückgeworfen.

swissinfo.ch: Können Sie uns schildern, was Sie derzeit erleben in einer Region, wo viele Menschen trauern, Angst haben und trotz starker Regenfälle draussen übernachten und wo auch viele alte Kulturgüter zerstört wurden?

B.B.: Letzte Nacht war furchterregend, aber heute ist ein neuer Tag, und es gab keine Nachbeben mehr. Manche Läden haben wieder geöffnet, auf den Strassen sind Menschen, aber auch einige Autos unterwegs. Der Verlust ist gewaltig und es herrscht grosse Trauer. Aber wenn man in die Stadt geht, hat man das Gefühl, dass das Leben zurückkehrt und die Menschen das Land wieder aufbauen wollen. Hoffentlich.    

Schweizer Hilfe in Nepal

Am Tag nach dem verheerenden Erdbeben in Nepal hat das Schweizerische Korps für Humanitäre Hilfe (SKH) ein sechsköpfiges Soforteinsatzteam in die Katastrophenregion geschickt. Dem Team gehören u.a. ein Arzt, ein Baustatiker, ein Wasserexperte und ein Logistiker an, wie das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) mitteilte.

Die Spezialisten werden die Situation und die Bedürfnisse in der betroffenen Region evaluieren, die Koordination mit den Behörden und den lokalen Partnern vor Ort sicherstellen, erste Hilfsleistungen einleiten und die Schweizerische Botschaft und das Kooperationsbüro der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) in Kathmandu unterstützen.

Noch im Lauf dieser Woche sollen weitere acht Personen für medizinische Soforthilfe nach Kathmandu fliegen. Dieses Team  ist auf die Bedürfnisse von Müttern mit Kindern spezialisiert.

Zudem soll nach Angaben von SKH-Chef Manuel Bessler eine erste Ladung Material nach Kathmandu geflogen werden.

(Quelle: sda)

(Übertragung aus dem Englischen: Peter Siegenthaler)

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