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Abstimmungen vom 18. Juni 2023

Schweiz sagt laut Ja zur OECD-Mindeststeuer

Die Kampagne des Ja-Komitees warb mit dem Argument, dass die Steuergelder in der Schweiz bleiben sollen. © Keystone / Anthony Anex

Klarer als erwartet ist das Ja zur OECD-Mindeststeuer. Für die SP bedeutet das eine herbe Niederlage. Zu Ende sind die Diskussionen aber nicht.

78.5 Prozent! Die SP ist gründlich gescheitert. Das Schlussresultat zeigt, dass die Schweiz die internationale Steuergerechtigkeit deutlich befürwortet. Alle Kantone sagten Ja, es gab ein relativ seltenes, geschlossenes Ständemehr. Die federführende Bundesrätin, Finanzministerin Karin Keller-Sutter sprach von einer «sehr starken Zustimmung».

Alle Resultate zur Abstimmung vom 18. Juni 2023.

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Die SP kämpfte als einzige Partei gegen die Mindeststeuer und setzte dabei stark auf das Argument der Steuergerechtigkeit zwischen den Kantonen, welche sie in der Vorlage anzweifelte.

Argumente «zu kompliziert»

Im Abstimmungskampf hatte die SP argumentiert, dass die Tiefsteuerkantone Zug und Basel profitierten, während viele andere kaum etwas davon hätten. Die Vorlage heize den Steuerwettbewerb an. Dass sie Steuergerechtigkeit auf internationaler Ebene grundsätzlich aber gut findet, bestritt sie nicht.

Diese komplizierte Argumentation war dem Stimmvolk kaum zu vermitteln. «Es war offensichtlich zu kompliziert», sagte SP-Nationalrat Fabian Molina zu SRF.  

SRF-Bundeshausredaktor Georg Halter schreibt in einer Analyse: «Wer ein Nein, das gleichzeitig ein Ja ist, verkaufen muss, kämpft allein schon damit, diesen Spagat der eigenen Basis zu erklären.»

Bundesrat, Parlament und die Kantone hatten sich für die Vorlage stark gemacht. Hauptargument war: Die Anpassung ist im Kern unumgänglich, darum soll zumindest das Steuersubstrat im Inland bleiben. 

Wohin mit den Einnahmen?

Für Monika Rühl vom Wirtschaftsdachverband Economiesuisse ist nach gewonnener Abstimmung klar, dass das Geld nun den Unternehmen zu Gute kommen soll. Sie sagte auf SRF: «Die Leute haben verstanden: Nur wenn wir das Geld in der Schweiz behalten, können wir es auch hier investieren.» 

Unternehmen sollen laut Rühl nun ihre Investitionen, etwa in die Innovationsfähigkeit oder in den Klimaschutz, steuerlich in Abzug bringen können. So argumentierte sie in einer ersten Reaktion auf SRF. Die Schweiz stehe in einem harten internationalen Wettbewerb um die Standortattraktivität für Unternehmen.

Dagegen argumentierte Daniel Lampart, Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds, ebenfalls auf SRF. Man erwarte, dass etwas von den zusätzlichen Steuereinnahmen auch bei den «normalen Leuten» ankomme. 

Wie hoch die zusätzlichen Steuereinnahmen ausfallen werden, ist unklar. Schätzungen belaufen sich auf zwischen 1 und 2,5 Milliarden Franken.

Heinz Tännler, Finanzdirektor des Kantons Zug, zeigte sich auf SRF überrascht und erfreut: «Das Volk hat erkannt, dass die Steuer eingeführt werden muss.» Der Kanton Zug erwartet Steuereinnahmen von rund 190 Millionen. Tännler sagt, sein Kanton wolle das Geld in Kinderbetreuung, Internationale Schulen, Innovation, ein Forschungsinstitut und in Nachhaltigkeit investieren. 

Hier unser Artikel, der die Abstimmungsvorlage erklärt: 

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OECD-Mindeststeuer: Darum geht’s bei der Abstimmung

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Am 18. Juni entscheidet die Schweiz über Steuern auf Konzerngewinne. Es geht um Steuergerechtigkeit und die Verteilung von Zusatzeinnahmen.

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Auslandschweizer:innen: Weit über 80%

Noch deutlicher Ja zur Vorlage haben die Auslandschweizer:innen gesagt. Diese stimmen in den Kantonen ab, in denen Sie registriert sind. Nicht alle Kantone weisen die Resultate  aus. Bekannt sind aber die Resultate aus folgenden Kantonen.

  • Waadt: 86.8%
  • Wallis: 87 %
  • Aargau: 84.5 %
  • St. Gallen: 84.4 %
  • Freiburg: 88.6 %
  • Appenzell-Innerhoden: 83%
  • Luzern: 84,5%
  • Uri: 87,8%
  • Thurgau: 85,9%
  • Basel: 85.8%
  • Genf: 87.3 %

Wie weiter?

«Wir werden die Umsetzung in den Kantonen genau beobachten», sagt SP-Fabian Molina als Vertreter der Gegner auf SRF. «Die Schweiz hat als Tiefsteuer- und Grosskonzern-Standort auch gegenüber dem globalen Süden eine internationale Vertantwortung.»

Finanzministerin Karin Keller-Sutter: «Ich bin offen, mit den gemachten Erfahrungen auch einen Verteilschlüssel nochmals zu diskutieren.» © Keystone / Peter Klaunzer

Bundesrätin Karin Keller-Sutter sagte an einer Pressekonferenz am Sonntagabend, dass der Bundesrat die Umsetzung der Reform auf den 1. Januar 2024 per Verordnung in Kraft setzen wird. Dies geschehe synchronisiert mit andern Ländern, darunter die EU-Mitgliedstaaten, Grossbritannien, Kanada und Japan.

Bleibt es bei den 15 Prozent?

Der Bundesrat muss dem Parlament nun innerhalb von sechs Jahren eine Vorlage vorlegen, welche dann die Verordnung ablöst. «Die Erfahrung, die wir bis dann machen, werden in dieses Gesetz einfliessen», kündigte Bundesrätin Keller-Sutter an. «Ich bin offen, mit den gemachten Erfahrungen auch einen Verteilschlüssel nochmals zu diskutieren», sagte die Finanzministerin. 

Eine andere Diskussion, die in der Luft liegt, ist die Höhe der Mindeststeuer. Es sei nicht auszuschliessen, dass es auf internationaler Ebene eine Debatte geben könnte, den Steuerfuss von 15 Prozent weiter zu erhöhen, sagte Keller-Sutter.

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