Ölkönig Marc Rich ist tot
Der Rohstoffhändler Marc Rich ist im Alter von 78 Jahren in einem Luzerner Spital an einem Hirnschlag gestorben. Rich war eine umstrittene Figur. Er geschäftete mit Rassisten und Ayatollahs , wurde während Jahren vom FBI gesucht und im Januar 2001 von Bill Clinton begnadigt.
Rich wurde am 18. Dezember 1934 in Antwerpen geboren. Nach dem Einmarsch der Nazis in Belgien floh die jüdische Familie 1941 in die USA, wo sie sich zunächst in New York niederliess. 1954 begann Marc Rich eine Lehre beim Handelshaus Philipp Brothers, das von einer Gruppe deutsch-jüdischer Immigranten gegründet worden war.
Legendär wurde Rich, als er sich zusammen mit seinem Arbeitskollegen Pincus Green selbständig machte und 1974 in Zug die Rohstoffhandelsfirma Marc Rich + Co AG gründete. Das Unternehmen erlebte einen steilen Aufstieg und wuchs zu einem Rohstoffimperium an.
1994 musste Rich nach einem verlorenen Machtkampf sein Unternehmen verlassen. Seine Anteile verkaufte er an Management und leitende Mitarbeiter. Die neuen Besitzer tauften die Firma in Glencore um. Glencore fusionierte im Mai mit dem Bergbaugiganten Xstrata.
Verfahren in den USA
Rich war er aus den USA in die Schweiz geflohen, weil ihn der damalige Staatsanwalt und spätere Bürgermeister von New York wegen Steuerinterziehung, Falschaussage, und Handel mit Iran angeklagt hatte.
Rich stand jahrelang auf der Liste der «Most Wanted» des FBI, bis ihn der damalige US-Präsident Bill Clinton am Ende seiner Amtszeit am 20. Januar 2001 begnadigte.
Der Milliardär hatte mit seiner Ex-Frau Denise, von der er seit 1996 geschieden war, drei Kinder. Laut Medienberichten wird er am Donnerstag in Tel Aviv beerdigt.
Erstaunt über dessen Charme
«Wir sind traurig, von Marcs Tod erfahren zu haben» sagte der Glencore Xstrata CEO Ivan Glasenberg. «Er war ein Freund und einer der grossen Pioniere der Rohstoff-Industrie und er hat die Firma gegründet, aus der Glencore entstand.»
In einem swissinfo.ch-Interview im Jahr 2009 sagte Richs Biograph, Daniel Ammann, er halte ihn «für eine ambivalente Person, und als Rohstoffhändler arbeitet er gewissermassen im Graubereich des Kapitalismus.»
Er sei jedoch erstaunt «wie charmant er ist, er gilt ja als Inbegriff des Bösen und wird als sehr arrogant und skrupellos bezeichnet. Doch es ist klar, Rich war einer der grössten Rohstoffhändler des 20. Jahrhunderts – da braucht es auch eine gewisse Gerissenheit».
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Israel und sein gutes Wort
Da er von den US-Behörden jahrelang gesucht wurde, sei Rich «äusserst vorsichtig» gewesen und nur noch wenig gereist: «Deshalb sage ich, dass die Schweiz für ihn ein ‹Goldener Käfig› war. Hier war er zwar in Sicherheit, aber er musste doch sehr aufpassen, wenn er irgendwo hinflog. Zum Beispiel musste er den US-amerikanischen Luftraum vermeiden, wenn er in die Karibik oder nach Südamerika reiste.»
Zur Begnadigung durch Bill Clinton und die Rolle von Richs Frau in dieser Angelegenheit sagte Ammann: «Ich denke schon, dass Denise Rich stark daran beteiligt war – sie war mit Clinton befreundet. Ihre Wünsche stiessen sicher auf offene Ohren, da sie ja eine der wichtigsten Sponsoren der Demokraten war. Sie war zwar Türöffnerin, dennoch denke ich, dass es andere Gründe gab, weshalb Clinton Rich begnadigte. Eine wichtige Rolle spielten Vertreter Israels, die ein gutes Wort für Rich einlegten. Rich war den Israelis eine grosse Hilfe, was Erdöl betrifft. Auch arbeitete er mit dem Geheimdienst Mossad zusammen.»
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