Heimatliche Gaumenfreuden für Expats
Ob Rivella, Ovomaltine oder Kägi Fret: Für nostalgische Expats ist es nicht leicht, an helvetische Fressalien zu gelangen. Deshalb haben Dominik und Manuel Huber ein Unternehmen gegründet, das jeden Monat Tausende von Schweizer Klassikern in die ganze Welt verschickt.
«Es gibt nichts Schöneres für mich, als an einem Rivella zu nippen und ein paar Schweizer Leckereien zu knabbern, um das Heimweh ein wenig zu lindern», sagt Expat Verena, die im US-Bundesstaat Kalifornien lebt.
Wie das visuelle Gedächtnis trägt auch der Geschmack aus der Kindheit dazu bei, dass man sich an seine Heimat erinnert. Aus nostalgischen Gründen, aber auch aus reiner Gaumenfreude nehmen Auslandschweizer:innen die Dienste von Swiss Food Box und My Swiss World in Anspruch. Zwei Namen für ein und dasselbe Unternehmen, das Dominik und Manuel Huber 2015 gegründet haben.
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Schweizer Schoggi als Ideenzünder
Damals war Dominik Huber selbst ein Expat: Er studierte in Kolumbien Wirtschaftswissenschaften und wollte ein Unternehmen gründen. Aber er suchte nach der zündenden Idee.
Sie sprang ihm ins Bewusstsein, als er eine Lindt-Boutique in Bogotá aufsuchte, um Schweizer Schokolade zu kaufen. «Es war ein tolles Gefühl, etwas aus der Heimat zu geniessen», erinnert er sich. Er dachte, dass es anderen Schweizer:innen im Ausland ähnlich ergehen müsste.
Huber hirnte und rechnete, suchte nach Infos und stellte schnell fest, dass noch kein Unternehmen in der Schweiz seine Idee umgesetzt hatte. Er entschied, zusammen mit seinem Bruder Manuel, der ausgebildeter Informatiker ist, eine Firma aufzubauen. Anfang 2016 lancierten sie die Swiss Food BoxExterner Link.
Das Prinzip ist einfach: Drei Boxen mit verschiedenen Schweizer Leckereien (Schokolade, Süssigkeiten und Klassiker) werden im Monatsabonnement angeboten. 2020 wurde das Sortiment um eine vierte, personalisierbare Box erweitert.
Ebenfalls 2020 richteten Dominik und Manuel eine zweite Website namens My Swiss WorldExterner Link ein, auf der man nach Belieben Schweizer Spezialitäten bestellen kann, ohne ein Abo abschliessen zu müssen.
Berge von Kartons
Seither füllt sich einmal im Monat die Wohnung von Dominik Huber in Winterthur mit Kartons und Waren. «Deshalb habe ich auch nicht so viele Möbel», scherzt er.
Anschliessend werden rund 300 Bestellungen verschickt. Bei der letzten Lieferung des Jahres, wenn eine spezielle Weihnachtsbox ansteht, kann die Zahl auch mal auf 500 steigen. Am beliebtesten sei die Box zum Selberzusammenstellen, erklärt er. Es ist auch die teuerste.
Die Einzelbestellungen von My Swiss World werden hingegen wöchentlich verschickt. Pro Monat gibt es etwa 60 Bestellungen mit einem durchschnittlichen Warenwert von 90 Franken.
Etwa die Hälfte der Kund:innen lebt in den USA. Kanada, Australien, Neuseeland und Grossbritannien machen weitere 30 Prozent aus. Die restlichen 20 Prozent wohnen an verschiedenen europäischen Orten.
Dominik Huber führt diese Verteilung auf zwei Faktoren zurück: «Anfangs bewarben wir unsere Produkte vor allem auf Englisch, zudem zählen diese Staaten die meisten Schweizer Expats ausserhalb Europas. Hinzu kommt, dass es schwieriger wird, an Schweizer Produkte zu gelangen, je weiter man von der Schweiz entfernt lebt.»
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Heimatliche Gaumenfreuden für Expats
Begrenzte Auswahl
Swiss Food Box und My Swiss World haben keine Partnerschaften mit Marken oder dem Einzelhandel. Dominik Huber kauft in Geschäften für Grosskunden ein oder direkt bei Produzenten.
Und wenn es in Supermärkten Aktionen gibt, profitiert er davon. «Manchmal schaut mich das Personal komisch an, wenn es sieht, dass ich die Chips- oder Schokolade-Regale leerräume», erzählt er grinsend.
Die beiden Online-Shops bieten weder Fleisch noch Alkohol an, da diese Produkte in vielen Ländern, nicht eingeführt werden dürfen. Käse muss pasteurisiert sein. «Natürlich muss man auch auf das Haltbarkeitsdatum achten», sagt Dominik Huber.
Treue Kundschaft
Die Schweizer Food-Box-Anbieter zählen inzwischen zahlreiche treue Kund:innen. «Eine Frau, die in Chicago lebt, ist seit der ersten Box dabei», sagt der Chef nicht ohne Stolz.
Inzwischen kennt er viele. Zum Beispiel eine Frau in den USA, die immer wieder Ovomaltine-Produkte bestellt. Für Stammkundinnen und -kunden legt Dominik auch mal ein zusätzliches «Leckerli» bei. «Und wir gehen auf Sonderwünsche ein», sagt er.
Die beliebtesten Produkte seien Senf, Paprika-Chips, Cailler-Schokoriegel mit Nusstücken und Mayonnaise. «Seit über einem Jahr bestellt einer unserer Kunden in Kanada über die personalisierte Box nur Mayonnaise, das sind sicher 6 oder 7 Tuben pro Monat», sagt der Zürcher.
Der Schlüssel zum Erfolg
Heute lebt Dominik Huber, der 28-jährig ist, von seinem Unternehmen. Sein Bruder hat eine beratende Funktion und arbeitet nebenbei. Ihr Vater unterstützt sie, seit er pensioniert ist. «Swiss Food Box ist ein kleines Familienunternehmen geworden», sagt er, «100 Prozent Do It Yourself».
Und das ist wahrscheinlich einer der Gründe für den Erfolg: Es ist ein überschaubares, flexibles Unternehmen, das seine Kundschaft kennt. Es verfügt weder über ein Lager, noch über Büros und wirbt zudem gezielt über soziale Netzwerke.
Auf die Frage, was er von der Konkurrenz halte, antwortet der Zürcher: «Wir sind in einem Markt tätig, der für die Grossen zu klein ist», und verweist auf den Swiss Authentic Shop der Post, der nur wenige Monate überlebt hat.
SWI swissinfo.ch hat darüber berichtet:
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Auslandschweizer-Shop der Post: Kaum geboren, schon gestorben?
(Übertragung aus dem Französischen: Christoph Kummer)
(Übertragung aus dem Französischen: Christoph Kummer)
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