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Rahmenabkommen: Unverständnis im Ausland über Verhandlungsabbruch

Bundesrat
An der Pressekonferenz gibt die Schweizer Regierung bekannt, die Verhandlungen mit der EU abgebrochen zu haben. Keystone / Peter Schneider

Die Schweiz bricht die Verhandlungen mit der EU zu einem Rahmenabkommen ab. Im Ausland kann man das nicht verstehen.

Die Schweizer Regierung hat das Rahmenabkommen nach siebenjährigen Verhandlungen mit der EU für tot erklärt. Laut Bundesrat haben die Gespräche mit der EU nicht zu den nötigen Lösungen geführt. Er hat daher am Mittwoch beschlossen, die Verhandlungen abzubrechen.

Die Schweizer Regierung informierte noch gleichentags die Europäische Kommission über ihren Entscheid. Die schweizerische Unterhändlerin Livia Leu übergab persönlich in Brüssel ein Schreiben an ihre europäische Kollegin.

EU droht leise

Die Europäische Kommission reagierte postwendend: «Wir bedauern diese Entscheidung angesichts der Fortschritte, die in den letzten Jahren gemacht wurden», schreibt die Kommission in einer PressemitteilungExterner Link.

Das Rahmenabkommen hätte laut EU sicherstellen sollen, dass für alle Teilnehmenden am EU-Binnenmarkt die gleichen Regeln gelten. «Das ist eine grundsätzliche Frage der Fairness und der Rechtssicherheit. Privilegierter Zugang zum Binnenmarkt setzt voraus, dass alle die gleichen Regeln und Pflichten respektieren», schreibt die Europäische Kommission.

Und sie droht leise: Das Rahmenabkommen sei entscheidend für die weitere Teilnahme der Schweiz am Binnenmarkt. «Ohne dieses Rahmenabkommen wird diese Modernisierung der laufenden Beziehungen unmöglich und die bestehenden bilateralen Abkommen werden zwangsläufig veralten (…)». Schon heute könnten diese nicht mehr mit dem Tempo mithalten, in dem sich die Beziehungen zwischen der EU und der Schweiz entwickelten.

Europäische Politikerinnen und Politiker bedauern den Entscheid

Der deutsche Bundestagsabgeordnete Gerhard Zickenheiner (Bündnis 90/Die Grünen) aus Lörrach ist überrascht über den Entscheid der Schweizer Regierung. Aufgrund der Äusserungen der aussenpolitischen Kommission des Nationalrates hatte er auf ein anderes Ergebnis gehofft. «Ich bin wahnsinnig enttäuscht und traurig», sagt er gegenüber swissinfo.ch. Und er mache sich grosse Sorgen, auch um seine Region.

Denn für die Grenzregionen wie für die Schweiz sieht er mittelfristig gravierende Folgen. «Bestehende Verträge zwischen der EU und der Schweiz werden zwar beibehalten, verlieren aber schon jetzt an Wert», so Zickenheiner. Damit werde der Im- und Export zwischen der EU und der Schweiz sukzessive schwieriger.

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Die EU sei der Schweiz in vielen Punkten entgegengekommen, sodass sich ein etwas längerer Atem hätte lohnen können, so Zickenheiner. Das Scheitern der Verhandlungen führt er auf das Mehrheitsverhältnis in der Schweizer Regierung zurück.

Zickenheiner benennt ein Problem, das in der Schweizer Öffentlichkeit kaum bekannt ist: Mit dem einseitigen Abbruch der Verhandlungen durch die Schweiz läuft das Verhandlungsmandat der Europäischen Kommission aus. Wenn die Schweiz erneut Gespräche mit der Kommission führen will, muss diese erst ein neues Mandat erhalten – von 27 EU-Mitgliedsländern.

«Das macht mir grosse Sorgen, denn das kann Jahre dauern. Aber selbst wenn man bald zu Neuverhandlungen käme, würde man vor den gleichen Differenzen stehen», so Zickenheiner. Er glaubt, dass man in der Schweiz bald schon retrospektiv feststellen wird, dass man sich heute mehr Probleme als Lösungen geschaffen habe und hofft auf einen baldigen Weg zurück in ein einvernehmliches Miteinander.

Auch die österreichische Partei NEOS, welche eine «neues Europa» begründen möchte, bedauert in einer MitteilungExterner Link den Entscheid der Schweiz. Die NEOS-Europaabgeordnete und Vizepräsidentin der Delegation für die Beziehung mit der Schweiz im Europaparlament, Claudia Gamon, lässt sich folgendermassen zitieren: «Die EU und die Schweiz sind seit Jahrzehnten enge Partnerinnen. Dass die Schweiz diese guten Beziehungen nun gefährdet, ist sehr bedenklich.»

Anders sieht es die deutsche Bundestagsabgeordnete Joana Cotar von der AfD:

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Oder der französische EU-Skeptiker Charles-Henri Gallois von Génération Frexit, der die Schweiz dafür lobt, der EU erfolgreich die Stirn zu bieten:

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«Wir dürfen jetzt nicht wie beim Brexit den Fehler machen, die Gründe für den Abbruch ausschliesslich in Bern zu suchen, wie damals in London. Die Gründe liegen schon auch in Brüssel», sagte der österreichische Berichterstatter des Europaparlaments zur Schweiz, Lukas Mandl (ÖVP), gegenüber der Wiener ZeitungExterner Link.

Ausländische Presse reagiert verständnislos

Die Frankfurter Allgemeine (FAZ)Externer Link titelt: «Die Schweiz sägt an der Brücke nach Europa». Für die Schweiz werde nun der Zugang zum EU-Binnenmarkt aufwändiger und teurer.

Laut der SüddeutschenExterner Link droht mit dem Abbruch der Verhandlungen über ein Rahmenabkommen eine Art Schwexit, weil die Beziehungen zwischen Bern und Brüssel nun schleichend erodieren dürften. «Mit dem Verhandlungsabbruch ist nun klar, dass Bern und Brüssel einen gänzlich neuen Anlauf nehmen müssen, um ihr Verhältnis zu regeln.»

Laut dem SüdkurierExterner Link ändert sich zwar konkret für Grenzgänger nichts, doch könnte das Scheitern der Verhandlungen negative Auswirkungen auf die Wirtschaft im Südwesten Deutschlands nach sich ziehen.

Das europäische Magazin Politico.euExterner Link sieht wirtschaftliche Probleme auf die Schweiz zukommen. Der Brexit habe die Verhandlungen erschwert, weil die EU nicht als flexibler gegenüber den Schweizern habe wirken wollen.

Laut der Financial TimesExterner Link wird die Entscheidung von Bern in Grossbritannien Widerhall finden, weil das Land seine eigenen Beziehungen mit der EU neu auszurichten versuche.

Das französische Magazin Le PointExterner Link beschreibt den Verhandlungsabbruch als «traurige Nachricht». Die Parteien hätten es nicht gewagt, dem Schweizer Volk die Ratifizierung dieses Abkommens vorzuschlagen, aus Angst, eine Abstimmungskampagne könnte den euroskeptischen Populisten in die Hände spielen.

Laut dem italienischen Il FoglioExterner Link können die Folgen für beide Seiten gewaltig sein. Der Brexit habe viel mit dem Streit um das Rahmenabkommen mit der Schweiz zu tun, die «Scheidung» mit den Briten habe die Verhandlungen verkompliziert. Denn die EU habe Grossbritannien nicht zum bilateralen Weg ermutigen wollen.

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