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Reverenz an Nicolas Hayek: «Danke für alles»

Nicolas G. Hayek: Vordenker, Querdenker, aussergewöhnlicher Unternehmer. Keystone

Die Schweizer Presse würdigt den Unternehmer Nicolas Hayek, der am Montag verstorben ist. Mit der Lancierung der Swatch habe er die Schweizer Uhrenindustrie gerettet. Die Schweiz verliere einen richtungsweisenden, kreativen Unternehmer.

Er sei ein Sechsjähriger mit 70 Jahren Lebenserfahrung, habe der 1928 in Beirut geborene Hayek jeweils mit mit seinem Alter kokettiert, schreibt die Neue Zürcher Zeitung über den verstorbenen Unternehmer Nicolas Hayek. Sein Lebenswerk sei zu umfassend, als dass nun bereits in angebrachtem Umfang gewürdigt werden könnte, hält die Zeitung fest.

Hayek habe vergleichsweise bescheiden begonnen mit der Gründung der Beraterfirma Hayek Engeneering in den 50er Jahren. Diese wurde aber erst in den 70er Jahren erfolgreich in der Schweiz.

«Hayeks ruhmreichste Tat stand damals noch bevor: Die Sanierung der völlig maroden Schweizer Uhrenindustrie, welche der japanischen Konkurrenz nicht mehr Paroli bieten konnte», erinnert sich die NZZ.

Hayek habe für seinen Erfolg auch einen Teil seines Privatvermögens eingesetzt und schliesslich ein wahres Imperium aufgebaut. Doch, weiss das Blatt: «Hayek wäre nicht Hayek gewesen, hätte er sich damit begnügt.»

«Jeden Tag aufs Neue Spass»

Die Bieler Lokalzeitung, das Bieler Tagblatt, widmet Nicolas Hayek mehrere grosse Artikel, in denen seine Visionen und sein Erfolg als Unternehmer gewürdigt werden.

Das Bieler Tagblatt erzählt auch von der Persönlichkeit Hayeks: «Er arbeite doch nicht. Sondern er habe jeden Tag aufs Neue Spass», habe der Uhrenpatron geantwortet, wenn man ihn auf sein grosses Arbeitspensum angesprochen habe, das er auch über seinen 80. Geburtstag hinaus geleistet hatte.

Anders als viele habe Hayek die Interviews beim Gegenlesen nicht etwa abgeschwächt, sondern er habe in der Regel seine Aussagen gar verschärft. Die liebste Zielscheibe seiner Kritik sei die Finanzbranche und viele ihrer Exponenten gewesen.

Swatchmobil: Tüfter gefördert

«Die Schweiz verliert einen kühnen Kopf», titelt der Tages-Anzeiger. Der Einstieg in die Uhrenindustrie habe für Hayek denkbar unspektakulär begonnen. «Die Uhrenkrise der Achzigerjahre war die Schweiz ein ähnlicher Schock wie 2008 die Nahtoderfahrung der UBS», resümiert der Tagi. Die Banken hätten um ihre Kredite gebangt, deshalb sei es einfach gewesen, «sich zu schon fast symbolischen Preisen als Grossaktionär einzukaufen».

Rasch habe sich Hayek, «dessen Charisma in der Deutschschweiz eher auf Skepsis und Irritation stiess», Respekt verschafft. «Wo andere nur Trümmer sahen, entwickelte Hayek (…), eine Vision, deren Tragweite an Industriegründer wie Sulzer oder Brown Boveri erinnert», ehrt der Tagi den Unternehmer.

Das Verhältnis zu den Banken, die ihm seinen Aufstieg ermöglticht hatten, habe sich stetig abgekühlt, als die Banken ab den Neunzigerjahren immer intensiver dem Spiel mit schnellen Gewinnen gefrönt hatten.

«Hayek wurde zum Kritiker der Geldmacherei», schreibt der Tagi. Er selbst habe selbst, anstatt die Gewinne zu optimieren, zwei Tüftler gefördert, die einen Kleinwagen erfunden hatten. Hayek wollte das Swatchmobil als Antwort auf die Einfallslosikeit der Autokonzerne präsentieren.

Produzieren musste den Smart jedoch Mercedes, in der Schweiz fand der Uhrenpatron nicht genügtend riskiobereite Unternehmer.

Die Standarte der Erneuerung

«Von der Swatch zur Ewigkeit», titelt Le Temps. Nicolas Hayek sei ein guter Verkäufer gewesen, ein Hochbegabter im Bereich der Kommunikation, meint das Blatt.

Die Japaner hätten damals die Vormacht der Schweizer Uhren mit den Quarzuhren gebrochen, die Schweiz habe eine grosse Restrukturierung durchmachen müssen, die Arbeiter seien auf die Strasse gegangen und der Bundesrat sei sich nicht sicher gewesen. Ein paar Industrielle hätten ein Übernahmeangebot gemacht und in Nicoalas Hayek denjenigen gefunden, der die Zahlen und die neuen Ideen umgesetzt habe. Aus der Swatch habe er die Standarte der Erneuerung der Schweizer Uhrenindustrie gemacht.

«Nicoals Hayek triumphierte. Er war der totale Unternehmer», so Le Temps.

Verweigerung und Ehrgeiz»

«Die Schweiz verliert ihren Napoleon», fasst 24heueres zusammen, «den Patron, der der Kompass war». Wenn man sein Leben in zwei Worten zusammenfassen müsste, dann wären das laut dem welschen Boulevardblatt «Verweigerung und Ehrgeiz».

Hayek habe das Versagen gegenüber der japanischen Uhrenindustrie verweigert, «er lehnte es ab, jahrhundertealtes Wissen in sich zusammenzubrechen zu sehen.»

Indem er die Swatch lanciert habe, habe er gezeigt, dass er nie geglaubt habe, dass sein keine Massenproduktion und keine Innovationen im Wettbewerb möglich seien.

Die Erben sind wir

«Stur und absolutistisch» habe Nicolas Hayek die Mittelmässigkeit abgelehnt. Der Ehrgeiz habe ihm als Kurs gedient, an dem er festgehalten habe, er habe aus den versteckten Tresoren das Erbe der Swatch Group herausgeholt. Er sei vom Vorrang der Industriellen und des Handwerks über das Finanzielle überzeugt gewesen.

24 heures schliesst: «Seine wahren Erben sind Tausende, Millionen sogar: Sie, ich, die wir in einer prosperierenden Schweiz leben, wir verdanken es auch ein bisschen, viel sogar, Nicoals Hayek.»

«Danke», sagt auch der Blick an die Adresse von Nicolas Hayek, «für die Swatch, für Smart, für alles!».

Eveline Kobler, swissinfo.ch

Der 1928 im Libanon geborene Nicolas Hayek machte sich seinen Namen in den 1980er-Jahren durch die Rettung der Schweizer Uhrenindustrie vor dem drohenden Kollaps.

Er ist der Gründer der Swatch Group und war bis zuletzt deren Konzernchef.

Vor 20 Jahren baute Hayek, der auch als Berater der Automobil-Industrie tätig war, das Solarauto «Spirit of Biel».

Zudem entwarf er die Pläne für den Smart, der ursprünglich mit einem Hybridmotor ausgestattet werden sollte. Als diese Idee aufgegeben wurde, zog er sich von dem Projekt zurück, bevor der Wagen auf den Markt kam.

Er war auch Konzernchef der Hayek Group.

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