Roger Federer ist nicht für immer, aber Tennis hat er auf ewig verändert
Der Rücktritt vom Schweizer Tennis-Star Roger Federer hat die Fans nicht überrascht. Aber die Ankündigung sorgte am Donnerstag trotzdem für einen Sturm von Gefühlen. Immerhin hängt einer der besten Tennis-Spieler aller Zeiten den Schläger an den Nagel.
«Das Ende einer Ära», «die Legende», «der Champion der Champions», «der Beste aller Zeiten», «danke dir»: Die sozialen Netzwerke kochten nur Minuten nach der Video-Botschaft von Federer über, in der er ankündigte, sich vom professionellen Tennis zurückzuziehen. Fans, Sportler:innen, Politiker:innen von überall auf der Welt, ja auch seine härtesten Rivalen brachten ihre Anerkennung zum Ausdruck.
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«Wo sollen wir anfangen? Es war ein Privileg, deinen Weg zu verfolgen und zu sehen, wie du in jedem Sinne des Wortes zum Champion wurdest», schrieben die Organisator:innen des Wimbledon-Turniers in einem Tweet. «Wir werden deine Anmut auf unseren Plätzen sehr vermissen, aber für jetzt wollen wir Danke sagen, für die Erinnerungen und die Freude, die du so vielen verschafft hast.»
In 24 Jahren hat Federer mehr als 1500 Matches in 40 Ländern gespielt und wurde zum wohl wichtigsten Sympathieträger der Schweiz. «Nie hatte jemand so einen Einfluss auf das Bild der Schweiz in der Welt», schrieb Nicolas Bideau, Leiter von Präsenz Schweiz, auf Twitter.
Es geht nicht nur um Ergebnisse
Die brasilianische Ausgabe des Sportmagazins ESPN erinnerte wie eine Reihe weiterer Medien, daran, wie aus dem jungen Balljungen erst nach einer Weile ein Phänomen in der internationalen Tennisszene wurde. Federer gewann sein erstes grosses Tennisturnier erst mit 21, später als die meisten.
Danach aber gewann er 20 Grand Slam-Turniere und war länger als jeder vor ihm die weltweite Nummer eins. Viele sehen ihn als besten Rasenspezialisten aller Zeiten. Er hat Wimbledon acht Mal gewonnen – ein Rekord bei den Männern.
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Aber zwei seiner härtesten Mitbewerber haben ihn überholt. Rafael Nadal hat mit 22 Grand Slam-Titeln den Rekord an sich gerissen. Dahinter folgt Novak Djokovic mit 21.
Aber bei Federer ging es nie bloss um Zahlen. «Es ist schwierig darzulegen, warum Federer der beste Spieler aller Zeiten ist. Aber natürlich haben alle ihre Favoriten», schrieb die brasilianische ESPN.
Ein swissinfo.ch-Leser schrieb auf Arabisch auf Facebook, dass er eine Legende bleibe, selbst wenn die Konkurrenten seine Rekorde brechen.
Er machte Tennis zur Kunstform, schrieb die australische Zeitung The AgeExterner Link. «Federer live zu sehen, bedeutet einen einzigartigen Ästheten zu geniessen, ein Einblick in Sport in seiner idealsten Form, in der aus einem technisch fiesen Spiel ein Spektakel purer Artistik wurde.»
Er war schnell auf dem Platz und hatte einen mächtigen Tennis-Verstand, schrieb die US-amerikanische Tennislegende Billie Jean King.
Die französische Zeitung Le MondeExterner Link befindet: «Roger Federer war sogar für Tennislaien das höchste an Eleganz. Auf dem Platz, zuallererst. Der Schweizer schwebte. Er tanzte. Er ist gezwirbelt. Er vermittelte eine Leichtigkeit und ein Fliessen, dass das Zuschauen fast wie das Schauen von Ballett war – auch noch in seinen frühen Vierzigern.»
Er inspirierte Generationen von Tennisspieler:innen und begeisterte Fans auf der ganzen Welt, «mit seinem spektakulären Umgang mit dem Schläger und den anmutigen Bewegungen, mit denen er über den Platz tanzte», schrieb die japanische Zeitung Asahi.
Neben dem Platz
Seine Leichtigkeit, Anmut und Bescheidenheit übertrug sich auch in seine Persona neben dem Platz. Federer wird für mehr als seine sportliche Leistung bewundert, schrieben viele Fans, Kolleg:innen und Medien.
«Roger liess uns Stolz und Glück darauf spüren, dass wir Teil desselben Sports sind», sagte Chris Evert, die bei den Frauen 18 Grand Slams gewonnen hat, und fügte hinzu, dass er «der Inbegriff eines Champions» sei.
«Klasse, Anmut, Demut, von allen geliebt und er meisterte diesen Sport wie niemand vor ihm», sagte sie.
«Er wurde auch dafür respektiert, ein sympathischer Mann zu sein», schrieb die japanische Zeitung Asahi. Ein in der New York TimesExterner Link zitierter Tennis-Kommentator sagt, dass seine Anmut und sein Erbe nicht seine Ergebnisse sind, sondern wie er mit Kindern, Königen und Königinnen umgegangen ist. Wie er, in mehreren Sprachen, gewonnen und verloren habe.
Die Schweizer Sportministerin Viola Amherd schrieb, dass Federer «ein ganz Grosser» sei. «Und damit meine ich nicht nur den Ausnahmesportler, sondern auch den Menschen Roger Federer.» Er sei «ein wahrer Gentleman geblieben» und «ein Vorbild für eine ganze Generation».
Er verkörperte viele Qualitäten, die man mit der Schweiz verbindet und war ein begehrter Markenbotschafter. «Er war ein aussergewöhnlicher Botschafter für unser Land und blieb dabei bescheiden», fügte Amherd in einem Interview mit RTS hinzu.
Es ist keine Überraschung, dass Federer zum Gesicht von Schweiz Tourismus 2021 gewählt wurde. Seine Videos an der Seite der Schauspieler Robert De Niro und Anna Hathaway, mit denen er für den Tourismus in der Schweiz wirbt, haben bereits Millionen angelockt.
Das Ende einer Ära
Sein Rücktritt markiere das Ende einer Ära, kommentierten viele Medien. Dies geschieht nur wenige Wochen nach der Rücktrittsankündigung einer anderen Tennisgrösse, Serena Williams.
«Ich wünschte, dieser Tag wäre nie gekommen. Es ist ein trauriger Tag für mich persönlich und für den Sport auf der ganzen Welt», sagte Rafael Nadal. «Es war ein Vergnügen, aber auch eine Ehre und ein Privileg, all diese Jahre mit dir zu teilen und so viele tolle Momente auf und neben dem Platz zu erleben.»
Die brasilianische Zeitung Estado de MinasExterner Link schreibt, dass «mit Federers Abgang von der Szene, eines der glorreichsten Kapitel dieses Sports endet.»
Einige Bewunderer:innen machten gar Vergleiche mit dem Tod von Königin Elizabeth II. Ein Journalist der Neuen Zürcher Zeitung tweetete mit Verweis auf Federer, die Schweiz sei nun keine Monarchie mehr.
Der Tennissport wird ihn jedenfalls nicht so schnell vergessen. «Roger ist eines meiner Idole und eine Quelle der Inspiration», sagte Carlos Alcaraz, die neue Nummer eins der Welt, nach seinem jüngsten Sieg. «Vielen Dank für alles, was du für unseren Sport getan hast! Ich möchte immer noch gegen dich spielen.»
Alle Augen richten sich nun auf den Laver Cup in London vom 23. bis 25. September, wo Federer sein letztes Match spielen wird.
«Während wir darauf warten, ihn Ende des Monats beim Laver Cup zum letzten Mal bei der Arbeit zu sehen, wird die Gewissheit real, den Mann bewundert zu haben, der dem Tennis eine neue Dimension gegeben hat», schrieb der Corriere del Ticino. Diese neue Dimension war eine von «Klasse und Eleganz», aber sie war «leider nicht ewig».
Editiert von Simon Bradley. Übertragen aus dem Englischen von Benjamin von Wyl
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