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Rohstoff-Giganten auf der Suche nach sauberen Lieferketten

Mine in Neukaledonien
Ein Nickelabbauprojekt auf Neukaledonien. Der geplante Verkauf einer Mine an ein ausländisches Konsortium unter der Leitung von Trafigura stiess auf grossen Widerstand. © Biosphoto / Thibaut Vergoz - Droit Géré - Oeuvre Protégée Par Copyright

Green-Tech-Firmen versuchen, an unbedenkliche Rohstoffe zu kommen. Auch der Druck auf die Rohstoffhändler steigt, mehr Transparenz in Bezug auf Herkunft und Abbau von Mineralien zu schaffen.

Um die globalen Klimaziele zu erreichen, wird die Nachfrage nach Mineralien und Metallen wie Kobalt, Kupfer und Nickel voraussichtlich exponentiell steigen. Diese Rohstoffe werden für die Produktion grüner Technologien benötigt, etwa für wiederaufladbare Batterien. Die Internationale Energieagentur (IEAExterner Link) schätzt, dass mehr als das Sechsfache an mineralischen Rohstoffen benötigt wird, um bis 2040 eine Netto-Null-Treibhausgasemission zu erreichen. Bei einigen Materialien wie Lithium könnte die Nachfrage sogar um das 40-fache steigen.

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Während viele Unternehmen aus diesem Mineralienboom Profit zu schlagen versuchen, steigt die Skepsis in Bezug auf die Nachhaltigkeit grosser Abbauprojekte, die als fundamental für die grüne Energiewende angepriesen werden. Viele Mineralien kommen nur in einigen wenigen Ländern vor und werden zusehends knapp. Die Suche nach noch vorhandenen Rohstoffen führt in immer entlegenere Gegenden, etwa in die südamerikanische Hochanden oder die Arktis. Dies bringt neue soziale und ökologische Probleme mit sich.

«Der grüne Wandel kann als Argument für die Etablierung einer Industrie dienen, die zur Unterdrückung der Traditionen indigener Völker führt», sagte Aili Keskitalo, Präsidentin des samischen Parlaments, vor kurzem auf dem Swiss Green Economy Symposium (SGES)Externer Link in Winterthur. Die Sami, das einzige offiziell anerkannte indigene Volk in Europa, kämpfen gegen den Bau einer Kupfermine in Nordnorwegen, welche – als Weltpremiere – emissionsfreien Strom verwendet. Eine «grüne Mine» als Problemfall.

Rechtliche Klagen, gewalttätige Proteste und die öffentliche Empörung über die rasche Ausweitung von Bergbauprojekten haben dazu geführt, dass Elektroautohersteller und Ökounternehmen ihre Lieferketten für Mineralien und Metalle immer genauer unter die Lupe nehmen. Die von der EU erlassenen GesetzeExterner Link erhöhen etwa den Druck auf Batteriehersteller, sich mit den sozialen Risiken in der Batterielieferkette auseinanderzusetzen.

Die Rolle der Schweiz

Ein wichtiges Glied in dieser Kette sind Schweizer Rohstoffhandelsunternehmen wie Glencore, Mercuria und Trafigura, die Metalle abbauen, verarbeiten, verschiffen und verkaufen. Rund 60% des internationalen Handels mit BasismetallenExterner Link wie Zink, Kupfer und Aluminium werden über die Schweiz abgewickelt, wobei einige Unternehmen wie Glencore auch an der Förderung beteiligt sind. Viele Metalle und Mineralien gehen durch die Hände von Schweizer Rohstoffhändlern, auch wenn diese Stoffe nie mit Schweizer Boden in Berührung kommen. Dies gilt insbesondere für Rohstoffe aus kleineren Minen.

«Das Angebot an Rohstoffen ist begrenzt. Die Branche als Ganzes und Glencore im Besonderen arbeiten hart an Projektentwicklungen, um die Nachfrage bedienen zu können», sagte Anna Krutikov, Leiterin der Abteilung für nachhaltige Entwicklung bei Glencore, während einer Podiumsdiskussion am erwähnten Swiss Green Economy Symposium.

Da Green-Tech-Firmen wie Tesla Risiken aus der Lieferkette immer ernster nehmen, legen viele von ihnen strenge Rückverfolgbarkeits- und Nachhaltigkeitskriterien für die Beschaffung von Rohstoffen fest. Das hat natürlich einen Welleneffekt auf Rohstoffhändler zur Folge.

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Das Kobalt-Dilemma

Nirgendwo sind die Herausforderungen eines verantwortungsvollen Abbaus von Rohstoffen so offensichtlich wie in der Demokratischen Republik Kongo (DRK). Und nur wenige Schwermetalle weisen grössere Beschaffungsprobleme auf als Kobalt. Dabei stammt etwa 60% des Kobalts – ein Nebenprodukt des Kupfer- und Nickelbergbaus – aus der DRK, davon schätzungsweise 15-30% aus handwerklichen Kleinbergbau, international bekannt unter dem Namen ASM (Artisanal and small-scale mining). Kobalt ist ein wesentlicher Bestandteil für wiederaufladbare Lithium-Ionen-Batterien, die in Smartphones, Laptops und Elektroautos verwendet werden.

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Zahlreiche Berichte haben prekäre Arbeitsbedingungen, Kinderarbeit und mangelnde Sicherheit im Kleinbergbau dokumentiert. Im Jahr 2019 reichte eine Menschenrechtsorganisation im Namen kongolesischer Familien eine Klage ein, in der  Tech-Giganten wie Tesla, Apple, Microsoft und andere Firmen beschuldigt werden, Minen bei der Kobaltgewinnung zu «unterstützen und zu begünstigen», in denen Kinderarbeit gang und gäbe ist.

In der Klage wird namentlich auch Glencore erwähnt. Das Unternehmen hätte wissen müssen, dass beim Abbau von Kobalt Zwangsarbeit durch Kinder an der Tagesordnung sei. Betroffen seien sowohl Bergbaubetriebe, die sich im Besitz von Glencore befänden, als auch solche im Besitz anderer Unternehmen, von denen Glencore den Rohstoff beziehe.

Als Reaktion auf die Klage haben einige Elektroauto- und Batteriehersteller damit gedroht, die Beschaffung von Kobalt aus der DRK ganz einzustellen; andere schliessen ASM-Kobalt aus ihren Lieferketten aus. Wieder andere Unternehmen haben das Risikomanagement in Bezug auf die Kobaltproduktion verschärft.

Der schweizerische Konzern Glencore betreibt zwei Kobaltminen in der DRK und ist der weltweit grösste Kobaltproduzent. Im Jahr 2020 unterzeichnete Tesla ein Abkommen mit Glencore über die Lieferung von 6000 Tonnen Kobalt, die den «Sozial- und Umweltstandards» von Tesla entsprechen. Im August unterzeichnete Glencore weitere Verträge mit dem Elektroautohersteller Britishvolt und einem norwegischen Batteriehersteller über die Lieferung von «Kobalt aus ethisch vertretbarer Gewinnung.»

Unterschiedliche Ansichten

Solche Vereinbarungen haben Glencore und Trafigura dazu gebracht, in grossem Umfang in die Schaffung eines rückverfolgbaren und verantwortungsvolles Kobaltangebot zu investieren. Die unterschiedlichen Vorgehensweisen zeigen jedoch, welche Herausforderungen mit der Bereinigung der Lieferketten verbunden sind.

Glencore trennt klar zwischen ASM (Kleinbergbau) und industrieller Produktion. Das Unternehmen kaufe nicht bei kleinen ASM-Betrieben in der DRK ein. Denn eine solche Beschaffungspraxis berge zu viele Risiken, sagt Glencore-Sprecherin Sarah Antenore gegenüber swissinfo.ch. Dieses Risiko sei für Glencore als weltweit grösster industrieller Kobalt-Produzent nicht tragbar.

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Glencore investiert in die Verbesserung der Situation von Kleinschürfern durch die Fair Cobalt AllianceExterner Link, die Partner in der Wertschöpfungskette zusammenbringt, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern und Kinderarbeit im Bergbau abzuschaffen.

Das Unternehmen TrafiguraExterner Link, das die Rechte für die Vermarktung und den Verkauf der gesamten Kobaltproduktion der in der DRK ansässigen Firma Chemaf besitzt, verfolgt einen anderen Ansatz. Das Unternehmen unterzeichnete in diesem Jahr eine Vereinbarung über den Kauf von ASM-Kobalt von der Entreprise Générale du Cobalt (EGC). Diese Generalunternehmung wurde im März von der kongolesischen Regierung gegründet, um das gesamte ASM-Kobalt in der DRK aufzukaufen, zu verarbeiten und zu verkaufen.

James Nicholson, Leiter des Bereichs Unternehmensverantwortung bei Trafigura, hält es für «unlogisch und kontraproduktiv, ASM von der Kobaltproduktion auszuschliessen». Dies sagte er kürzlich in einem Vortrag auf der Antaike Battery Metals Conference.

In Zusammenarbeit mit verschiedenen NGO richtet Trafigura nun Zonen für einen handwerklichen Abbau ein, die soziale und ökologische Kontrollen auf der Grundlage des EGC-Standards für verantwortungsvolle Beschaffung umfassen. Die Vereinbarung mit der EGC umfasst auch umfangreiche Massnahmen zur besseren Rückverfolgbarkeit der abgebauten Rohstoffe.

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Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Kobalt gehört ins neue Gesetz zur Konzernverantwortung, fordern zwei Schweizer Wirtschafts- und Menschenrechtsexpertinnen.

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Während die Unternehmen grosse Investitionen tätigen, sind NGO und Branchenbeobachter besorgt, dass es immer noch keinen branchenweiten Standard gibt, um die Unternehmen zur Verantwortung zu ziehen.

«Die Tatsache, dass es zwei oder sogar mehr Theorien darüber gibt, wie die Situation in Bezug auf eine verantwortungsvolle Beschaffung von ASM-Kobalt aus der DRK verbessert werden kann, zeigt auf, dass die Branche nicht an einem Strang zieht», sagte Dorothée Baumann-Pauly. Sie leitet das Genfer Zentrum für Wirtschaft und Menschenrechte und hat mit der Global Battery Alliance und ihren Teilnehmern an der Entwicklung eines gemeinsamen Standards für die verantwortungsvolle Beschaffung von ASM-Kobalt gearbeitet.

Grosse Chancen

Tatsächlich: Trotz der Fortschritte von Glencore und Trafigura hinkt die Rohstoffindustrie immer noch hinter vielen anderen Wirtschaftsbranchen hinterher, wenn es um den Umgang mit Risiken in der Lieferkette geht. Laut einer kürzlich veröffentlichten Studie der Responsible Mining Foundation zu 25 Rohstoffunternehmen verfügen nur 23% über eine soziale und ökologische Sorgfaltspflicht. Noch weniger Unternehmen legen offen, ob ihre Lieferanten die Erwartungen erfüllen.

Die Schweizer Regierung hat versucht, den Sektor durch freiwillige Selbstverpflichtungen in Schranken zu weisen, aber Unternehmensbeobachter sind überzeugt, dass dieser Weg wenig Wirkung entfaltet. Dies war einer der Gründe für die Forderung nach einer obligatorischen Sorgfaltspflicht in der KonzerninitiativeExterner Link, die bei der Abstimmung im November 2020 knapp scheiterte.

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«Der Weg ist noch lang», meint Dorothée Baumann-Pauly. Einige Unternehmen richteten Rückverfolgungsprojekte für bestimmte Rohstoffe ein, aber die meisten Unternehmen seien nicht in der Lage, alle ihre Rohstofflieferketten bis zur Quelle zu erfassen. «Die Erwartungen an transparente Lieferketten werden in Zukunft noch steigen. Die Rohstoffhandelsbranche ist sich dieser Erwartungen bewusst, aber noch nicht vollständig darauf vorbereitet», so Pauly.

Die Bestrebungen, aus der hohen Nachfrage nach «Dekarbonisierungsmetallen» Kapital zu schlagen, könnten nach Ansicht von Gerard Reid einen entscheidenden Impuls geben, um die Branche zu verändern. Reid ist ehemaliger Investmentbanker und berät heute mit der Firma Alexa Capital Unternehmen im Bereich der grünen Energie. Dieser Trend könnte sich seiner Meinung nach umso mehr einstellen, da europäische Firmen sich nach Lieferanten ausserhalb Chinas umsehen würden, das einen wachsenden Anteil der Mineralienmärkte kontrolliert. China verarbeitet bereits etwa 90% des Kobalts und hat Anteile an grossen Bergbauprojekten für Nickel, Zink und Kupfer erworben.

Die Erwartungen an die Händler steigen, wenn es um Themen wie Korruptionsbekämpfung, die Rückverfolgung von Kohlenstoffemissionen und den Schutz der Rechte von Arbeitern geht. Erhöhte Transparenz sei heutzutage erforderlich, sagt Reid gegenüber swissinfo.ch. «Ansonsten werden die Kunden abwandern.»

So wurde die Schweiz zu einer Grossmacht im Rohstoffhandel:

(Übertragung aus dem Englischen: Gerhard Lob)

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