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ARD und ZDF haben es bei der Jugend schwer

Satellitenschüsseln
Wie in der Schweiz stehen auch in Deutschland die privaten Anbieter in Konkurrenz zu den öffentlich-rechtlichen Sendern. Reuters

Es war ein Meilenstein: Am 1. Januar 1984 ging mit Sat.1 der erste Privatsender Deutschlands auf Sendung. Einen Tag später kam RTL plus hinzu. Seither konkurrieren im dualen Rundfunksystem Deutschlands die öffentlich-rechtlichen Sender wie ARD und ZDF mit kommerziellen Anbietern.

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Die Fernseh- und Radiolandschaft hat sich damit gründlich verändert. Unter den mittlerweile vielen hundert privaten Programmen dominieren zwei Konzerne: der Mediengigant Bertelsmann mit seiner RTL-Group, zu der auch VOX und n.tv gehören, sowie die ProSieben/Sat.1 Media AG mit ihren Sendern Sat.1, Pro Sieben, Kabel eins und sixx. Im Bezahlfernsehen, einer Untergruppe der privaten Sender, ist der PayTV-Sender sky Marktführer.

Die privaten Anbieter müssen sich als privatwirtschaftliche Unternehmen allein aus Werbeeinnahmen oder im Fall des Bezahlfernsehens aus Abo-Gebühren finanzieren. Das erhöht den Quotendruck: Je mehr Leute einschalten, desto üppiger fliessen die Gelder. Und so wird gezeigt, was dem Zuschauer gefällt, von anspruchsvollen Spielfilmen und erfolgreichen ausländischen Serien bis zu Frauentausch-Dokus und Prominenten-Überlebenskämpfen im Dschungel. Vor allem den jungen Zuschauerinnen und Zuschauern gefallen die zuweilen knietief seichten Formate.

Die öffentlich-rechtlichen Sender, neben ARD und ZDF auch Arte, Phoenix und KiKa, haben hingen einen Kultur- und Informationsauftrag zu erfüllen. Ihre Nachrichtensendungen und Talkshows werden von den Deutschen immer noch als seriöseste Informationsquelle im Mediendschungel geschätzt. Im Unterhaltungsbereich tun sie sich jedoch schwer, insbesondere junge Zuschauer anzuziehen. Auch, weil diese mit Volksmusiksendungen sowie Traumschiff- und Bergdoktor-Romantik nicht viel anfangen können. Jenseits der 50 findet sich indes das treueste Publikum von ARD und ZDF.

Acht Milliarden Euro Gebühren

Als Anstalten des öffentlichen Rechts werden ARD und ZDF hauptsächlich aus Gebühren finanziert. Üppige acht Milliarden Euro im Jahr stehen den Öffentlich-Rechtlichen für ihre Programmgestaltung zur Verfügung. Jeder deutsche Haushalt muss dafür monatlich 17,50 Euro überweisen, egal ob er die Sendungen von ARD, ZDF & Co. konsumiert oder nicht.

Rundfunkgebühr

2013 wurde die «Rundfunkgebühr» zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den «Rundfunkbeitrag» umbenannt. Das klingt zwar gefälliger, ist aber de facto das gleiche. Die ungeliebte einstige Gebühreneinzugszentrale (GEZ) mit ihren 1100 Beschäftigen nennt sich seither Beitragsservice. Sie erhält die Daten der Beitragszahler von den Einwohnermeldeämtern. Vor 2013 war die Zahlungspflicht personengebunden und an den Besitz eines Empfangsgerätes gekoppelt. Wer vorgab, weder Radio noch Fernsehen sein Eigen zu nennen, blieb verschont, musste jedoch mit Kontrollbesuchen der GEZ rechnen. Seit 2013 ist die Gebühr nun pro Haushalt unabhängig von der Personenzahl fällig. Auch Unternehmen müssen gestaffelt nach Betriebsstätten, Mitarbeitern und der Anzahl der Firmenfahrzeuge zahlen. Die Höhe der Zwangsabgabe sorgt kontinuierlich für Kritik, verbunden mit dem Vorwurf der Gebührenverschwendung seitens der Sender. 

Immerhin erhalten die Zuschauer für ihre Gebühren ein breites Angebot: Unter dem Dach der ARD sind ein bundesweites Programm und neun Landesrundfunkanstalten wie WDR und SWR mit je eigenem Vollprogramm gebündelt. Hinzu kommen 60 Hörfunksender mit vielfach sehr ähnlichem Angebot. Die Landessender leisten sich parallele Klassik- und Popformate sowie eigene Orchester.

Vorwurf der politischen Färbung

Während einige Kritiker eine vermeintliche Linkslastigkeit der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten monieren und von «Rot-Grün-Funk» sprechen, sehen andere wiederum insbesondere im Bayerischen Rundfunk den deutlichen Stempel der bürgerlich-konservativen Christlich-Sozialen Union (CSU). Tatsächlich sitzen in den Aufsichtsgremien öffentlich-rechtlicher Sender paritätisch verteilt neben Vertretern vieler gesellschaftlicher Gruppen wie Gewerkschaften und Wirtschaftsverbänden auch Abgesandte politischer Fraktionen, die durchaus ihre Stimme zu Gehör bringen. Auch auf die Wahl der Intendanten versucht die Politik zuweilen Einfluss zu nehmen.

Die privaten Konzerne agieren hingegen nach den Regeln des Marktes. Erfolgreiche Modelle werden ausgebaut, Konkurrenten übernommen. Produziert und gesendet wird, was Quote und somit Werbeeinnahmen verspricht.

Neben den etablierten öffentlich-rechtlichen und privaten Platzhirschen haben es neue Sender schwer, sich durchzusetzen. Sie agieren vorwiegend auf lokaler und regionaler Ebene oder in Nischen.

Kleine Startups und neue Formate spriessen eher im Online-Bereich – zumal die jüngere Generation sich mehr und mehr vom klassischen Fernsehen ab- und dem Internet mit Streamingdiensten wie Netflix und Videoformaten wie YouTube zuwendet. Die Fernsehsender der Zukunft müssen sich darauf einstellen – egal ob öffentlich-rechtlich oder privat finanziert.

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