Schwacher Euro schwächt Schweizer Exportwirtschaft
Der stärker werdende Franken, teilweise verursacht durch die wirtschaftliche Krisenlage in Griechenland, bringt die bedrängte Exportwirtschaft in weitere Schwierigkeiten. Die Schweizer Exporte sanken 2009 alarmierend. Der Trend scheint anzuhalten.
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) interveniert zwar weiterhin, doch hat sie ihre Politik fallen gelassen, einen stabilen Wechselkurs Franken-Euro anzustreben.
Der Euro wurde in den letzten Wochen schwächer, weil Zweifel aufkamen, ob EU-Mitglied Griechenland seine Verschuldung in Griff kriegt. Spekulanten setzten gegen den Euro, als Befürchtungen auftauchten über weitere verschuldete EU-Länder wie Spanien und Italien.
Das Resultat dieser Entwicklungen in der Schweiz war seit Mitte Dezember eine Stärkung des Frankens um ungefähr 5 Rappen. Dadurch wurden die Preise für Schweizer Exportgüter teurer. Rund 70% der Schweizer Exporte gehen in EU-Länder.
Die Schweizer Exportwirtschaft ist unglücklich über diese Entwicklung. Schon im vergangenen Jahr musste sie einen Geschäftsrückgang von 12,6% in Kauf nehmen – die grösste Jahreseinbusse seit 1944.
Für den Verband der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie Swissmem kommt der starke Franken «zur falschen Zeit». Swissmem befürchtet, dass diese Situation eine wirtschaftliche Erholung gefährden könnte. Der Verband hat wiederholt erklärt, ein Wechselkurs Franken-Euro unter 1,5 könnte die Gewinne beeinträchtigen.
Kursänderung
Im März 2009 übernahm die SNB eine Politik, die den Wechselkurs Franken-Euro nicht unter 1,5 fallen lassen sollte. Im Dezember desselben Jahres änderte die SNB ihre Politik, liess den Franken frei floaten und intervenierte nur noch im Fall von ausserordentlich grossen Wechselkurs-Schwankungen. Obwohl die SNB keine Details angab, nehmen viele Beobachter an, dass die Nationalbank in diesem Jahr bereits mehrmals intervenieren musste.
«Die Nationalbank wechselte ihren Kurs, als der wirtschaftliche Rückgang beendet schien und es deshalb weniger nötig war, einen fixen Wechselkurs Franken-Euro festzulegen», sagt Jan Egbert Sturm von der Konjunktur-Forschungsstelle der ETH Zürich (KOF) gegenüber swissinfo. «Wenn die SNB den Franken bereits früher hätte floaten lassen, hätte dies viel schlimmerre Folgen für die Schweizer Wirtschaft gehabt.»
Die Schweiz habe dazumal nicht als internationaler Bösewicht dastehen wollen, der den Wettbewerb zugunsten ihrer Exportwirtschaft verfälscht, sagt Sturm. «China beispielsweise wurde lange Zeit kritisiert, weil das Land seine Währung künstlich tief hielt.»
Wie lange noch?
Mitte Dezember 2009 kostete ein Euro 1.50 Franken. Mittlerweile sind es noch 1,47 Franken. Laut Sturm ist es schwierig zu sagen, wie viel die veränderte Politik der Nationalbank zum weiteren Zerfall des Euro-Kurses beigetragen hat und welcher Anteil den Turbulenzen in Griechenland zuzuschreiben sind.
Die Wechselkursspezialistin Ursina Kubli von der Bank Sarasin geht nicht davon aus, dass der «Griechenland-Effekt» auf den Euro lange dauern wird. «Wir glauben, dass die derzeitigen Befürchtungen über den Euro übertrieben sind», sagt sie gegenüber swissinfo.ch.
«Wir erwarten eine baldige Besserung, dies mit politischer und technischer, nicht aber finanziellen Unterstützung der EU und dem Internationalen Währungsfonds. Alle EU-Mitgliedstaaten würden darunter leiden, wenn es Griechenland nicht besser ginge», so Kubli. «Das Land wird enen Weg aus der Krise finden.»
Für die Schweizer Exportwirtschaft stellt sich die Frage, wie lange das dauern wird. Unglücklicherweise für sie ist der allgemeine Konsens, dass der Franken gegenüber dem Euro mindestens im ersten Halbjahr 2010 stark bleiben könnte
Matthew Allen, swissinfo.ch
(Übertragung aus dem Englischen: Jean-Michel Berthoud)
Die EU gewährt Griechenland keine finanzielle Unterstützung, sondern nur politische Garantien zum Schutz vor der Pleite.
Die Mitglieder der Euro-Zone würden «falls notwendig entschlossene und abgestimmte Massnahmen ergreifen, um die Stabilität in dem gesamten Währungsraum sicherzustellen», erklärte EU-Präsident Herman Van Rompuy am Donnerstag auf einem Sondergipfel in Brüssel.
Damit wurde die Hoffnung der Märkte enttäuscht, Europa greife Athen sofort mit einem Hilfspaket unter die Arme und wende so das Risiko des Staatsbankrotts ab.
Der Euro-Kurs sackte daraufhin wieder auf 1,37 Dollar ab, nachdem er sich in Erwartung eines Rettungspaketes schon der 1,38-Marke genähert hatte.
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