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Hohe Erwartungen an den künftigen Renminbi-Hub

Der chinesische Renminbi soll in der Schweiz frei handelbar werden. Keystone

Beobachter trauen dem künftigen Renminbi Handelszentrum der Schweiz ein "grosses Potenzial" zu. Die China Construction Bank (CCB), die erste chinesische Bank mit einer Schweizer Lizenz für kommerzielle Bankdienstleistungen und das Renminbi-Clearing, ist daran, ihre Zürcher Niederlassung aufzubauen.

Vor zwei Wochen hat die CCB von der schweizerischen Finanzmarktaufischt FinmaExterner Link die Lizenz erhalten. David Gong, der kürzlich ernannte Direktor der CCB-Niederlassung Zürich, sagte gegenüber swissinfo.ch, die Vorbereitungen für die Eröffnung seien auf Kurs, und die Bank werde in den «kommenden Wochen» ihre operationelle Tätigkeit in der Schweiz aufnehmen.

«Die Bank hat die Genehmigung durch die Finma für die Eröffnung einer Bankfiliale erhalten, aber es braucht noch einige Vorarbeiten, um die Firma ins schweizerische Handelsregister einzutragen», sagte Finma-Sprecher Tobias Lux. «Das ist nichts Aussergewöhnliches in einem Genehmigungsverfahren.»

Die CCB hat bereits eine Niederlassung an der Beethovenstrasse 33 in Zürich und beschäftigt derzeit 17 Mitarbeiter, eine Zahl, die laut der News-Website Finnews.ch in den kommenden Wochen auf 25 und 2016 auf 50 ansteigen wird. Seit September ist Holger Demuth Chief Operating Officer (COO).

«Wir arbeiten daran, um in der Schweiz ein Renminbi Handelszentrum aufzubauen. Unser Ziel ist es, das ganze Dienstleistungsspektrum einer Bank anzubieten», sagte David Gong kürzlich vor Finanzexperten am Genfer Graduate Institute.

Globales Netzwerk

Die chinesischen Behörden haben den internationalen Handel mit dem Renminbi seit 2010 aktiv gefördert, indem sie ein globales Netzwerk an Banken mit dem Ziel aufgebaut haben, den Renminbi als Reserve-Währung aufzubauen.

Die China Construction Bank verfügt über Filialen in 24 Ländern, namentlich in Finanzzentren wie London, Tokio und New York. 2015 eröffnete sie Niederlassungen in Paris, Amsterdam, Barcelona und Mailand.

«Unser langfristiges Ziel ist es, die Schweiz als grenzüberschreitendes Renminbi-Zentrum zu positionieren. Zudem wollen wir die Handelsbeziehungen mit China fördern», sagte Gong.

Laut Swift, der internationalen Gesellschaft für die Standardisierung von Finanztransaktionen, erreichten die Renminbi-Transaktionen im August 2,79% des globalen Transaktionsvolumens. Damit übertraf der Renminbi den japanischen Yen und platzierte sich hinter dem US-Dollar, dem Euro und dem britischen Pfund auf dem vierten Platz der weltweit am meisten gehandelten Währungen.

Der Renminbi hat den Aufstieg trotz der finanziellen Turbulenzen in China vollzogen. Im August hat die chinesische Zentralbank die Währung unerwartet abgewertet, und das Wirtschaftswachstum ist so schwach wie seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr.

Enormes Potenzial

Die chinesisch-schweizerische Zusammenarbeit und der künftige Renminbi-Hub hätten ein «enormes Potenzial», sagte die chinesische Botschafterin in der Schweiz, Xu Jinghu. «Mit dem Gebrauch des Renminbi als Währung können die Firmen das Währungsrisiko verkleinern und die Investitionskosten tief halten», sagte die Botschafterin an der Genfer Konferenz und fügte an, dass auch andere chinesische Banken eine Niederlassung in Zürich planten. «Die chinesisch-schweizerischen Handelsperspektiven sind extrem vielversprechend.»

Guy Barras von der Grossbank Credit Suisse sagte, es sei sehr wichtig, in der Schweiz eine chinesische Bank zu haben, «aus kulturellen Gründen, aber auch wenn es darum geht, bei der Handelsfinanzierung Brücken zu bauen».

Wang Min von der Bank of China untermauerte die Perspektiven der Handelsbeziehungen in Genf mit Zahlen: «Ein Viertel der chinesischen Importe sind Rohstoffe im Wert von 500 Milliarden US-Dollar. Der Handel zwischen China und der Schweiz beläuft sich auf einen Wert von 15 Milliarden. Das heisst, dass das Potenzial sehr gross ist. Deshalb will die Bank of China den Rohstoffhandel mit dem Handelsplatz Genf weiter ausbauen. Hier haben sich die bekanntesten Rohstofffirmen niedergelassen. Es ist ein idealer Platz, um Geschäftstätigkeiten auszubauen.»

Ende der Kontrollen

Der Präsident der schweizerisch-chinesischen Handelskammer und frühere Schweizer Botschafter in China, Blaise Godet, begrüsst die Tatsache, dass sich die CCB in der Schweiz niederlässt und so zur Internationalisierung des Renminbi beiträgt. «Auch mit Bezug auf die Vermögensverwaltung und die Finanzwirtschaft stärkt das den Finanzplatz Schweiz. Heute werden 88% der Transaktionen in Dollar abgewickelt. Wenn der Renminbi umtauschbar wird, stärkt das China im internationalen Handel. Ich denke, das wird etliches verändern.»

Der Schlüssel zu einer internationalen Akzeptanz des Renminbi als frei handelbare globale Währung liegt in der Aufgabe der chinesischen Kontrollen über die Renminbi-Beträge, die das Land verlassen.

Im vergangenen Jahr unterzeichnete die Schweizerische Nationalbank mit der chinesischen Nationalbank ein Abkommen, das den Währungsaustausch zwischen den beiden Ländern erlaubt. Doch das Abkommen beinhaltet eine Höchstsumme von 7,57 Milliarden Franken. Die Aufhebung der Kapitalverkehrskontrollen ist für Investoren zentral, um die Goldmine des Renminbi-Handels voll öffnen zu können. So gesehen hat die chinesische Regierung bisher lediglich graduelle Lockerungen beschlossen.

Der Präsident der Auslandbanken in der Schweiz, Franco Morra, sagte, er erwarte vor 2017 keine Lockerungen der Kapitalverkehrskontrollen, doch wenn diese mal kämen, «dann werden sich die Dinge beschleunigen».

Bei ihrem China-Besuch im Februar 2015 erörterte die Schweizer Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf die Frage des vollen Marktzutritts für Schweizer Banken in China. Bisher dürfen ausländische Banken auf dem chinesischen Festland lediglich beschränkte Aktivitäten wahrnehmen. Bisher ist in dieser Frage keine Lösung in Sicht.

«Der Markt bleibt weiterhin geschlossen und undurchsichtig. Ich kann die Schweizer Behörden nur ermutigen, die Diskussionen über eine Liberalisierung des chinesischen Marktes für Banken und Versicherungen fortzusetzen», sagte Godet.

Freihandel mit China

 Das Abkommen zwischen China und der Schweiz, das am 1. Juli in Kraft 2014 trat, reduziert Zölle, die China und die Schweiz auf Produkten bezahlen müssen, die sie einander verkaufen.

Laut der Volkswirtschaftsdirektion handelt es sich dabei um das wichtigste Freihandelsabkommen seit dem 1972 mit der EU abgeschlossenen Abkommen.

China ist nach der EU und den USA der drittgrösste Handelspartner der Schweiz.

Zwischen dem 1. Juli 2014 und Mai 2015 stiegen die Schweizer Exporte nach China um 3%. Die Importe von China in die Schweiz nahmen um 4,2% zu. Damit übertrafen die Exporte nach China die Zunahme der weltweiten Exporte um 0,4%.

Am stärksten vom Abkommen betroffen sind die Schweizer Uhrenindustrie, die Textilindustrie, die Maschinen- und Elektroindustrie und die Pharmaindustrie.

(Übersetzt aus dem Englischen: Andreas Keiser)

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