Schweiz finanziert Bewässerung in pakistanischer Bergregion
Die Schweiz finanziert einen Bewässerungskanal in einer Bergregion im nördlichen Pakistan. Ein Hoffnungsschimmer für die Gemeinde, die mit Klimawandel und Ernährungsunsicherheit zu kämpfen hat.
Gilgit-Baltistan, eine Region im Norden Pakistans, ist Teil des zwischen Pakistan, China und Indien umstrittenen Kaschmir – und ein weltberühmtes Touristenziel. Dutzende von Bergsteiger:innen aus aller Welt strömen ins Gebirge, um Gipfel wie den Karakorum-II und den Nanga Parbat zu besteigen, die zu den höchsten der Welt gehören.
Die Schönheit der Region und ihrer Berge können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass hunderte über eine Fläche von 72’971 Quadratkilometern verstreute Dörfer unter dem Klimawandel leiden.
Chani Ragyul, ein kleines Dorf etwa 600 Kilometer nördlich von Islamabad, hat mit einer verlängerten Schneesaison zu kämpfen, die nun bis Ende März andauert, statt im Februar zu enden. Das Fehlen eines ausgeklügelten Bewässerungssystems, das sowohl die Trockenheit als auch die längere Schneesaison abmildern könnte, führt zu geringeren Ernteerträgen. Das Dorf kann jetzt nur noch eine Ernte pro Jahr anbauen, statt wie früher zwei.
«Das Wasser aus den Bergen ist weniger geworden, und wir haben mit weiteren Verlusten durch gefrorenen Schnee zu kämpfen, weil es kein richtiges Bewässerungssystem gibt», erklärt Mohammad Ali, ein Bewohner des Dorfes.
Laut dem Sechsten Sachstandsbericht des IPCC wird Pakistan mit schwerwiegenden Folgen des Klimawandels sowohl in ländlichen als auch in städtischen Gebieten konfrontiert sein. Das Land gehört bereits jetzt zu den zehn am stärksten vom Klimawandel betroffenen Ländern. Der Rückgang der Gletscher führt dazu, dass der Fluss Indus, eine der Hauptwasserquellen des Landes, weniger Wasser führt. Dies wirkt sich auf die Ernten und die Ernährungssicherheit aus, da weniger Landwirtschaft und Viehzucht betrieben werden können.
Aus dem Archiv (25.07.2018): Dürre herrscht in Pakistan – und keiner spricht darüber
Für die 910 Dorfbewohner:innen von Chani Ragyul bedeutet dies, dass die Erntesaison zwei Monate früher als gewohnt stattfindet – was die Ernährungssicherheit gefährdet.
Laut den Autor:innen des IPCC-Berichts hat Pakistan im Steuerjahr 2019/20 2% der landwirtschaftlichen Produktion verloren. Zu den grössten Bedrohungen für Ernten und Ackerland gehören Überschwemmungen, Dürren und Hitzewellen. Zudem warnt der Bericht vor künftigen Heuschreckenplagen. Die Autor:innen schlagen vor, dass die lokale Bevölkerung in Pakistan ihre Aussaat- und Erntepraktiken ändert, um mit den Risiken fertig zu werden.
Nur 4% der Flächen in der gebirgigen Region sind für Landwirtschaft geeignet, und die Bevölkerung ist für ihren Lebensunterhalt weitgehend auf Ackerbau angewiesen.
«Wegen der verzögerten Eisschmelze der Gletscher wurden Kulturen wie Weizen, Mais und Gemüse in dem Dorf erst spät geerntet», sagt Aisha Khan, Leiterin der «Mountain and Glacier Protection Organization».
Eine Lösung für die mit dem Klimawandel verbundenen Risiken ist die Einführung eines ausgeklügelten Bewässerungssystems.
«Die jährlichen Schwankungen bei den Schneefällen haben die Probleme der Gemeinden weiter verschärft, deren Landwirtschaft stark von den in den Bergen installierten Bewässerungssystemen abhängt», sagt Zakir Hussain, stellvertretender Direktor im Landwirtschaftsministerium der Regierung von Gilgit Baltistan. Für viele seien die Bewässerungskanäle zu einer Lebensader geworden.
«Sowohl die Regierung als auch Nichtregierungsorganisationen arbeiten in der Region am Bau von Bewässerungskanälen, um die Ernährungssicherheit der Gemeinden zu gewährleisten», so Hussain. Eines dieser Projekte wurde von der Schweiz finanziert.
Durch den Bau eines 550 Meter langen Bewässerungskanals von den Bergen ins Dorf konnte die kontinuierliche Wasserversorgung der Bepflanzungen sichergestellt werden. Die Schweizer Botschaft in Pakistan hat die Installation des Systems mit 11’000 USD finanziert.
Das Programm hat die Bewässerung von 146 Hektar Land ermöglicht. Dazu gehören auch 39 Hektar zuvor unfruchtbares Land. Der Bewässerungskanal wurde in acht Monaten gebaut und sorgt dafür, dass zusätzliche 146 Milliarden Liter Wasser in das Dorf fliessen. Es kann nun zweimal im Jahr geerntet werden.
Laut der schweizerischen Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) konzentrieren sich ihre Bemühungen auf die lokale Verwaltung der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, ein effizientes Wassermanagement und die Förderung der Hygiene in Schulen und Gesundheitszentren, sodass vulnerable Menschen in ländlichen Gebieten erreicht werden.
Gemäss DEZA gehört die Wasserbewirtschaftung seit über 40 Jahren zu den Prioritäten der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit.
Der Bewässerungskanal hat das Pro-Kopf-Einkommen der Haushalte gestärkt. «Und er hat die Frauen gestärkt und die Umwelt geschützt», sagt Faazil Ali, ebenfalls aus Chani Ragyul.
Sibilla Bondolfi
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