Schweiz hofft weiterhin, Renminbi-Drehscheibe zu werden
Schweizer Analysten begrüssen die Abwertung des Renminbi. Die jüngsten Schwankungen der chinesischen Währung und die Volatilität an den Aktienmärkten haben die Träume der Schweiz nicht gedämpft, eine Drehscheibe für den Handel mit Renminbi zu werden.
Einige Politiker in den USA geisselten den Entscheid der Chinesischen Volksbank vom 12. August, Chinas Währung um 1,9% abzuwerten – der stärkste Rutsch an einem einzigen Tag seit Jahrzehnten. Aber laut Schweizer Beobachtern ist es ein Zeichen für Chinas Bereitschaft, die Währung zunehmend den Marktkräften zu überlassen.
Es sei zwar nur ein kleiner, aber wichtiger Schritt in diese Richtung, sagt Cédric TilleExterner Link, Professor für internationale Wirtschaft am Graduate Institute GenevaExterner Link. Tille erkennt weniger den aggressiven Versuch, chinesische Exporte zu verbilligen, als vielmehr ein Spiegelbild der sich verlangsamenden chinesischen Wirtschaftsleistung und der daraus resultierenden Kurseinbrüche an den Börsen.
In dem sie es zulassen, dass ihre Währung dem Markt folgt, zeigen die chinesischen Behörden den Willen, ihren eisernen Griff auf die Währungsguthaben zu lockern.
«Es ist ein Schritt zu einer marktorientierteren Währung, obwohl wir noch weit von einer völligen Flexibilität entfernt sind», sagt Tille gegenüber swissinfo.ch. «Die Tatsache, dass die Währung flexibler und marktorientierter geworden ist, ist positiv für die Schweiz.»
In der Schweiz, die sich darauf vorbereitet, eine Drehscheibe für den globalen Renminbi-Handel zu werden, haben die Finanzmärkte bisher positiv reagiert. «Das ist ein Zeichen dafür, dass China vermehrt ins Devisenmarkt-System integriert werden will», sagt Jiazhi Chen Seiler von der Bank Julius BärExterner Link gegenüber swissinfo.ch. «Die Behörden sehen über kurzfristige Volatilität hinweg zugunsten langfristiger Vorteile.»
«China, und Asien im Allgemeinen, werden die Zukunftsmärkte sein», sagte der UBS-Präsident letzte Woche an einer Industrie-Konferenz in Frankfurt. «Alle drei Monate reisen wir nach China, um die Regierung und die Zentralbank um ein grösseres Bilanzvolumen zu bitten.»
Chinesische Bank auf Schweizer Boden
Eine hochkarätige Delegation des Schweizer FinanzplatzesExterner Link reiste letzte Woche nach China, um die Schweizer Kapazitäten im Handel mit Renminbi auszubauen. Letztes Jahr unterzeichneten Vertreter der Schweizerischen NationalbankExterner Link SNB mit ihren chinesischen Amtskollegen ein Swap-Abkommen. Im Januar dieses Jahres wurde angekündigt, dass die China Construction Bank eine Niederlassungslizenz beantragen werde, um diese Swaps zu erleichtern. Es wird gemunkelt, dass sich die Bank Ende September installieren werde.
«Die Investoren hätten dadurch Zugang zum zweitgrössten Bullenmarkt [hinter den USA] mit Kontakten zu den chinesischen Aktien, Anleihen und Wertpapieren», sagt Jiazhi Chen Seiler.
Obwohl es unmöglich ist, den exakten künftigen Wert des Renminbi-Handels vorauszusagen, glaubt Cédric Tille, dass dessen Potential zu verlockend ist, um es sich entgehen zu lassen. «Als kleiner, aber bedeutender globaler Finanzplatz will die Schweiz in dem wachsenden Marktsegment eine Rolle spielen», sagt er. «Es wäre vergleichbar mit einer Technologiefirma, die den Einzug der Smart Watch verpassen würde.»
Nichts für schwache Nerven
Der Schlüssel zur internationalen Akzeptanz des Renminbi als frei handelbare, globale Währung – und letztlich zur Akzeptanz durch den Internationalen Währungsfonds (IMF) als Reserve-Währung – besteht für China darin, seine Politik der strengen Kontrolle der Geldbeträge, die das Land verlassen können, zu beenden.
Das Swap-Abkommen zwischen der SNB und der chinesischen Zentralbank vom letzten Jahr zum Beispiel erlaubt Währungsswaps nur im Wert von 50 Mrd. RMB (CHF 7,57 Mrd.).
Die Aufhebung der Kapitalkontrollen ist für Investoren eine entscheidende Komponente für den totalen Einstieg in die potentielle Goldmine des Renminbi-Handels. Laut Tille müssen die Händler geduldig sein und ein paar Jahre warten bis die Kontrollen ganz wegfallen werden.
«Die chinesische Regierung hat deutlich gemacht, dass es das Endziel ist, den Renminbi international handelbarer zu machen, aber nur schrittweise. Sie hat keine Lust auf grosse Banken-Schocks», sagt er. «Für China ist es auch wichtig, den sich entwickelnden generellen Finanzmarkt weiterhin zu stärken, so dass sich die Volatilität eines offenen Renminbi-Handels handhaben lässt.
Die Panik an den Aktienmärkten und der Kurssturz an der chinesischen Börse von 8% an einem einzigen Tag hat gezeigt, wie das Land Mühe hat, seine Volatilität zu kontrollieren. «Der Handel mit jeder Währung beinhaltet Höhen und Tiefen. Es ist kein Geschäft für schwache Nerven, sagt Tille.
(Übertragen aus dem Englischen: Peter Siegenthaler)
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