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Schweiz lockt mit «Chäs- und Schoggi-Route»

Wandern in unberührter Landschaft im Greinatal. swiss-image

Dem Tourismus in der Schweiz bläst aufgrund des starken Frankens derzeit ein rauer Wind entgegen. Auf der Internationalen Tourismusbörse in Berlin gibt sich die Branche dennoch verhalten optimistisch - und setzt verstärkt auf spontane Kurzurlauber.

Trotz Steuerparadies und Minarettverbot ist die Schweiz einen Besuch wert. Das findet zumindest die deutsche Wochenzeitung Die Zeit und lässt in ihrer aktuellen Ausgabe vier Schweizer zu Wort kommen, die verraten, wo man eine sympathische und tolerante Schweiz jenseits der Klischees kennen lernen kann: im Unternehmen Mitte in Basel, auf einem Open Air-Festival, im schönen Bündner Dorf Klosters oder bei einer Übernachtung in einer der 153 SAC-Hütten.

«Wir sind besser als unser Ruf!», lautet passend der Titel dieser Schweiz-Seite. Obwohl: So wirklich Sorgen machen muss sich die Schweiz nicht, was ihren Ruf als Feriendestination betrifft.

Das zeigt nicht zuletzt die Internationale Tourismusbörse (ITB) in Berlin. Bis am 14. März noch hat die weltweit grösste Tourismusmesse ihre Tore geöffnet. «Wir werden zwar von manchen Messebesuchern auf die deutsch-schweizerischen Befindlichkeiten angesprochen», sagt Gieri Spescha, Mediensprecher der Organisation Graubünden Ferien, die mit einem Stand vor Ort präsent ist.

«Aber die Menschen trennen zwischen der Schweiz als politischem Staat und der Schweiz als Urlaubsziel.» Letzteres erfreue sich nach wie vor grosser Beliebtheit, gerade bei den Deutschen, sagt Spescha und verweist auf die aktuelle Statistik seines Kantons: Laut dem Tourismus-Fachmann nahmen die Logiernächte deutscher Gäste in Graubünden im Januar 2010 gegenüber dem Vorjahr leicht zu.

Sommersaison in Gefahr

Die Zahlen für Graubünden können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Schweizer Tourismusbranche in diesem Jahr ein rauer Wind entgegenschlägt. Denn der Abwärtstrend von 2009 hält weiter an. So verzeichnete die Schweizer Hotellerie im Januar 2010 insgesamt 2,8 Millionen Logiernächte – was im Vergleich zum Vorjahr einem Rückgang von 2,6 Prozent entspricht.

Schuld daran ist laut Branche vor allem der im Vergleich zum Schweizer Franken schwache Euro: 1,46 Franken kostet der Euro im Moment, seit März 2009 war er nicht mehr so tief. Verharre der Euro noch längere Zeit unter der Marke von 1,50 Franken, heisst es unisono von den Schweizer Tourismusverbänden, sei die Sommersaison in Gefahr.

Schliesslich sei der Währungskurs der wichtigste Einflussfaktor beim Tourismus. Ein schwacher Euro aber trifft auch die Deutschen, die in der Branche als «Match entscheidend» bezeichnet werden: Jeder fünfte Tourist in der Schweiz kommt aus Deutschland. Bei TUI, einem der grössten Anbieter von Schweiz-Reisen in Deutschland, liegen die Buchungen für die Schweiz aufgrund des starken Frankens derzeit denn auch hinter den Erwartungen.

Wandern mit Wein und Wasser

Um den Sommer zu retten, wird auf der ITB kräftig die Werbetrommel für die schönen Seiten der Schweiz gerührt. «Wir waren noch nie eine billige Feriendestination. Umso wichtiger ist es in diesem Jahr, auf die zahlreichen Zusatzleistungen hinzuweisen, die der Gast erhält», sagt Urs Eberhard, Interimsdirektor von Schweiz Tourismus.

So sei das Frühstück zumeist im Zimmerpreis inbegriffen, Kinder bis 16 Jahre dürften viele Angebote des ÖV kostenlos nutzen. Der Messestand von Schweiz Tourismus zeigt, dass die Branche darüber hinaus vor allem auf Bewährtes setzt: aufs Wandern zum Beispiel. «In diesem Sommer dreht sich alles um das Genusswandern», sagt Eberhard. «Wir verbinden leichte Wanderungen mit Wellness, Kultur und Gastronomie. Höhenmeter und Kilometer sind zweitrangig.»

Unter 32 Routen in der ganzen Schweiz können die Gäste diesen Sommer auswählen. Da gibt es eine Weinwanderung entlang den Terrasses de Lavaux am oberen Genfersee, einen historischen Wasserweg im Wallis, und auch eine «Chäs- und Schoggi-Route» in der Region Greyerz darf nicht fehlen.

Im Mai soll die Info-Broschüre über die Genusswanderungen erscheinen; wer es lieber elektronisch mag, kann sich laut Eberhard die passende iPhone-Applikation herunterladen.

Bahn und Kultur

Ein weiteres Zugpferd für den Tourismus in der Schweiz sind die zahlreichen attraktiven Zug-, Schiffsstrecken und Bergbahnen. Grösste Attraktion ist diesen Sommer die Bernina-Linie der Rhätischen Bahn. Die 61 Kilometer lange Verbindung zwischen St.Moritz und Tirano feiert das 100-jährige Bestehen und wartet mit einem bunten Strauss von Festanlässen auf.

Verstärkt bewerben will Schweiz Tourismus heuer ausserdem Kurzbesucher. «Der Anteil Gäste, die die Schweiz kurz, aber öfters besuchen, nimmt stark zu», sagt Eberhard. Generell gehe der Trend weg von den klassischen zweiwöchigen Sommerferien hin zum flexiblen Kurzurlaub. «Die Spontaneität nimmt zu. Man fliegt zum Beispiel für ein Wochenende nach Luzern, besucht ein Konzert oder eine Ausstellung und macht am anderen Tag eine Schifffahrt», beschreibt der Touristik-Fachmann den neuen Typ des Schweiz-Reisenden.

Paola Carega, Berlin, swissinfo.ch

Auf der Internationalen Tourismusbörse (ITB) in Berlin präsentieren sich bis am 14. März über 11’000 Aussteller aus 187 Ländern.

Gastland der weltweit grössten Tourismusmesse auf über 160’000 Quadratmetern ist heuer die Türkei.

Grosser Nachfrage auf der ITB erfreut sich auch das Segment Abenteuer- und Erlebnisreisen: Mit Ausstellern aus über 30 Ländern sei der Bereich so international wie noch nie, heisst es in einer Pressemitteilung.

Zu den Neuerungen der ITB zählt dieses Jahr die Plattform für «Gay and Lesbian Travel», die Anbieter von Reisen und Urlaub für Homosexuelle, eine Zielgruppe mit wachsender Bedeutung, stärker vernetzen will.

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