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«Schweiz plant strengstes Anti-Terror-Gesetz in Europa»

Für einige ist das neue Anti-Terror-Gesetz eine Bedrohung für den ehrlichen Bürger. Für andere ist es ein besserer Schutz der Öffentlichkeit. © Keystone / Martial Trezzini

Die Glaubwürdigkeit der Schweiz als Botschafterin der Menschenrechte stehe auf dem Spiel, sagt Nora Naji vom Think Tank Foraus. Nehme das Stimmvolk das neue Anti-Terror-Gesetz in der Volksabstimmung am 13. Juni an, wäre der Imageschaden für den Bund erheblich. 

Das Anti-Terror-Gesetz, über das am 13. Juni abgestimmt wird, könnte nachhaltige Folgen für die Schweizer Aussenpolitik haben, so eine Studie der liberalen Denkfabrik Foraus.

Die Gesetzesvorlage erlaubt es dem Bundesamt für Polizei (fedpol), eine Reihe von Massnahmen gegen eine Person zu ergreifen, die verdächtigt wird, eine Bedrohung darzustellen, auch wenn es «nicht genügend Beweise gibt, um ein Strafverfahren einzuleiten».

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Anti-Terror-Gesetz: missbräuchlich oder notwendig?

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Gefahr für die persönlichen Freiheitsrechte? Am 13. Juni stimmt die Schweiz über ein umstrittenes neues Anti-Terror-Gesetz ab.

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Eine solche Rechtsgrundlage würde das empfindliche Gleichgewicht zwischen Freiheit und Sicherheit stören, sagen die Politikwissenschaftlerinnen Darja Schildknecht und Nora Naji, Autorinnen der Publikation. Naji erklärt, warum ein «Ja» negative Folgen für die Aussenpolitik der Eidgenossenschaft haben könnte.

swissinfo.ch: Was sind die Risiken, wenn die Schweiz ein solches Gesetz verabschiedet?

Nora Naji: Die öffentliche Debatte fokussiert sich auf die nationalen Auswirkungen des Gesetzes. Die grundlegenden Probleme mit dem Gesetz werden diskutiert: die vage Definition von «potenziellem Terroristen» und «terroristischen Aktivitäten», die zu Diskriminierung sowie zu Verletzungen der Grundrechte führen kann.

Unsere Publikation untersucht auch die Auswirkungen, die die neue Gesetzgebung auf die Aussenpolitik des Landes haben könnte. Das Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus (PMT) ist Teil des internationalen Trends hin zur Stärkung des präventiven Charakters der Terrorismusbekämpfung, der sich seit den Anschlägen vom 11. September 2001 entwickelt hat.

Wir glauben, dass die Annahme des Gesetzes andere Länder dazu bewegen könnte, dem Beispiel der Schweiz zu folgen und ihre Sicherheitsmassnahmen zu verschärfen. 

Welche Art von Stigma könnte durch die neue Gesetzgebung entstehen?

Das PMT zielt in erster Linie auf die Gefahr durch «dschihadistischen» Terrorismus ab. Daher befürchten wir, dass muslimische Gemeinschaften besonders ins Visier genommen und diskriminiert werden. Da das Gesetz einen erheblichen Interpretationsspielraum lässt, könnten längerfristig auch politische Aktivistinnen und Aktivisten ins Visier genommen werden.

Wenn die Schweiz dieses Gesetz annehmen würde, hätte sie eine strengere Gesetzgebung als die Länder um sie herum?

Der Diskurs, der sich nach den Anschlägen vom 11. September entwickelte, führte zu einer Ausweitung der Befugnisse von Staaten auf der ganzen Welt im Kampf gegen den Terrorismus. Allerdings hat derzeit kein europäisches Land ein Anti-Terror-Gesetz, das so weit geht wie das, das die Schweiz einführen möchte.

Dies würde es der Polizei ermöglichen, präventive Massnahmen gegen potentiell gefährliche Personen zu ergreifen, ohne dass diese eine Straftat begangen haben, was eine Verletzung der Grundrechte darstellt. Dies würde auch zur Abschaffung einer klaren Gewaltenteilung führen. Die Rechtsstaatlichkeit würde dadurch geschwächt werden.

Inwieweit würde dieses Gesetz die Rolle der Schweiz als Menschenrechtsverteidigerin in Frage stellen?

Wir glauben, dass das Image der Schweiz ernsthaft geschädigt würde. Die Schweizerische Eidgenossenschaft nimmt oft die Rolle einer Verteidigerin der Menschenrechte ein und pflegt seit langem eine humanitäre Tradition. Dieses Bild steht im Widerspruch zum PMT.

Im vergangenen Jahr wurde die Schweiz das Ziel von zwei Terroranschlägen. Besteht nicht Handlungsbedarf?

Es gib in der Schweiz tatsächlich eine terroristische Bedrohung, sagt der Nachrichtendienst des Bundes (NDB). Die Bedenken sind sicherlich berechtigt. Das Gesetz schafft jedoch die Illusion einer absoluten Sicherheit, während es so etwas wie ein Nullrisiko nicht gibt. Ausserdem sind wir überzeugt, dass gerade die Verletzung von Menschenrechten Unsicherheit schafft. 

Wie sollten wir Terroranschläge dann verhindern?

Anstelle einer Ausweitung der bestehenden Anti-Terror-Maschinerie, wie es das neue Gesetz vorsieht, sollte die Qualität der bestehenden Strukturen und der internationalen Zusammenarbeit verbessert werde, argumentieren wir in unserer Publikation. Unserer Meinung nach sollten wir sogar noch weiter gehen und die gesamte Politik der Terrorismusbekämpfung neu überdenken. Sie muss für mehr Transparenz sorgen und sich von der Rhetorik der New Yorker Anschläge lösen. Kein Gesetz sollte Vorrang vor dem Schutz der Menschenrechte haben.

Die derzeit in der Schweiz eingesetzten Massnahmen und Instrumente zum Umgang mit gefährdenden Personen sind nach Ansicht der Befürworter des neuen Gesetzes nicht ausreichend. Das Gesetz schliesse die Lücken in der nationalen Strategie zur Terrorismusbekämpfung, indem es der Polizei die Möglichkeit gebe, zu handeln, sobald es konkrete und aktuelle Hinweise darauf gebe, dass jemand einen terroristischen Akt begehen wird. Es biete somit einen besseren Schutz für die Öffentlichkeit. 

Das «Ja»-Lager behauptet auch, dass die neue Rechtsgrundlage mit den Grundrechten, der Europäischen Menschenrechtskonvention und den einschlägigen UN-Verträgen, vereinbar sei. Der Hausarrest muss von einem Gericht genehmigt werden und alle Massnahmen können beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(Übertragung aus dem Französischen: Jonas Glatthard) 

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