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Schweiz will intellektuellen Einfluss der Stadt stärken

Christian Lutz

Das internationale Genf erlebt eine Flut "intellektueller" Initiativen. Die Schweizer Behörden hoffen, dass dies helfen wird, die Attraktivität der Stadt langfristig zu stärken, und die starke internationale Konkurrenz von Städten wie Kopenhagen oder Abu Dhabi abzuwehren.

Nach fünf Jahren Planung und Bau werden die ersten beiden Gebäudeflügel auf dem hochmodernen neuen Campus des Genfer Hochschulinstituts für internationale Beziehungen und Entwicklung (IHEID) am 26. September offiziell in Betrieb genommen: Kofi Annan, der ehemalige UNO-Generalsekretär und früher Student am Institut, hält die Einweihungsvorlesung.

Der rund 200 Millionen Franken teure Komplex «Maison de la Paix» (Haus des Friedens) ist nicht das einzige neue solche Projekt in Genf. So wurde direkt neben dem Rotkreuz- und Rothalbmondmuseum ein neues Zentrum eröffnet, und in einigen Jahren soll ein «Zentrum für globale Zusammenarbeit» als Gastort für Gespräche hinter den Kulissen dienen.

Ob diese Projekte ausreichen, Genf als die internationale Weltstadt zu erhalten, ist eine offene Frage. Doch die Behörden des Bundes und des Kantons setzen darauf. Sie hoffen, dass das «Maison de la Paix» zu einem Referenzzentrum für Frieden, Sicherheit und Entwicklung wird. Das breiter gefasste Ziel ist, die Attraktivität der Schweiz als Gastland angesichts der wachsenden Konkurrenz zu stärken (Vgl. rechte Spalte).

Dabei geht es um jene Art Konkurrenz, über die der Politwissenschaftler Daniel Warner jüngst in seinem Blog in der Tageszeitung «Tribune de Genève» schrieb.

«Damit das internationale Genf weiter floriert, braucht es die Renovierung von Gebäuden zur Unterbringung internationaler Organisationen … andere Städte versuchen und werden versuchen, Organisationen mit verführerischen Angeboten zum Wegzug aus Genf zu bewegen. Es besteht eine reale Konkurrenz. Die hohen Lebenskosten in der Schweiz, der starke Franken sowie verbesserte Telekommunikation haben Genf weniger wettbewerbsfähig gemacht.»

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Die wichtigsten Organisationen

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die UNO in Genf beschäftigt rund 9400Personen, es ist dies die grösste Mitarbeiter-Konzentration der UNO weltweit. In der Calvin-Stadt sind auch 168 permanente, diplomatische Missionen bei der UNO ansässig. Die Behörden von Genf und der Schweiz setzten sich für Neuansiedlungen von diplomatischen Missionen ein, um international besser vertreten zu sein. Genf beherbergt jedes Jahr: Rund…

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Die Zukunft

 

Warner fügte hinzu, dass die intellektuelle Entwicklung in Genf von herausragender Bedeutung sei, ein Aspekt, der in einem neuen Strategiedokument der Regierung unter dem Titel «Das internationale Genf und die Zukunft» skizziert wird. Der Bericht verweist auf die Notwendigkeit, die «intellektuellen» Stärken der Stadt zu fördern – Aufbau von Bildungs- und Analysekapazitäten – sowie in Infrastrukturprojekte investieren zu müssen.

Eines der führenden Projekte ist ohne Zweifel das «Maison de la Paix», ein spektakuläres Glasgebäude mit einem einzigartigen Design in Form von sechs Blütenblättern. Die ersten beiden Gebäudeteile dienen als neuer Standort des Hochschulinstituts für internationale Beziehungen und Entwicklung (IHEID) und vereinen Lehre, Forschung und Administration des 85 Jahre alten Instituts und die 850 Studierenden, die heute auf die ganze Stadt verstreut sind, an einem Ort.

Die Blütenblätter zwei, drei und vier werden das Zentrum für die demokratische Kontrolle der Streitkräfte, das Genfer Zentrum für Sicherheitspolitik und das Zentrum für humanitäre Minenräumung beherbergen, die alle von der Schweizer Regierung unterstützt werden. Die Blütenblätter drei und vier sollen bis Ende Jahr fertig sein, und die restlichen beiden, in denen weitere Organisationen untergebracht werden, die sich mit Frieden, Entwicklung und Sicherheit befassen, sollen bis Mitte 2014 bezugsbereit sein.

Der Bericht «Das internationale Genf und seine Zukunft» zeigt die stets wachsende Konkurrenz als Standort von Organisationen durch Städte wie Montreal, Den Haag, Bonn, Wien, Budapest, Abu Dhabi, Manila und Kopenhagen auf.

Seit 2008 gab es etwa 21 partielle Standortverlagerungen aus Genf (vor allem aus den Sektoren Humanitäre Hilfe, Menschenrechte und Migration), im gleichen Zeitraum gab es 18 Neuzuzüge (vor allem Umwelt und Nachhaltige Entwicklung).

Die wichtigsten Ziele der Verlagerungen waren New York, Kopenhagen, Brüssel, Paris, Turin, Budapest, Istanbul, Manila, Kuala Lumpur, Bangkok und Nairobi. Die Aktivitäten betreffen vor allem die Bereiche Administration, IT, Logistik und Finanzen, die Hauptgründe für den Wegzug aus Genf waren Kostenreduktionen, teilweise ging es auch darum, näher am Geschehen zu sein.

Yves Daccord, Generaldirektor des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, hat jüngst einen Bericht des Schweizer Fernsehens relativiert, in dem es geheissen hatte, das IKRK werde aufgrund finanzieller Engpässe einen Teil seines Personals am Hauptsitz in Genf – derzeit rund 900 Leute – an Standorte im Ausland wie Manila verlagern. «Auslagerungen sind nur ein kleines Element unserer globalen Strategie», erklärte Daccord.

Quelle: Bericht «Internationales Genf und seine Zukunft»/swissinfo.ch

Strategische Position

 

Das «Maison de La Paix» liegt im Herzen des internationalen Genfer Stadtteils in der Nähe des europäischen UNO-Hauptsitzes.

«Alle unter einem Dach vereint zu haben, wird eine enorme intellektuelle Dynamik schaffen», erklärt Institutsdirektor Philippe Burrin. Die Institution habe eine der höchsten Konzentrationen an Doktoranden in der Schweiz.

Dies sollte Genf helfen, Weltklasse-Forscher und Lehrkräfte anzuziehen, sagt Burrin. Ob es auch dazu beitragen kann, Organisationen von einem Wegzug aus der Stadt abzuhalten, kann er nicht sagen.

Xavier Comtesse, ein Direktor der Schweizer Denkfabrik Avenir Suisse, der als Berater in Fragen zum ‹Internationalen Genf ‹ tätig war, hat mit Blick auf das Projekt «Maison de la Paix» Zweifel.

«Die Nähe ist OK, aber ich würde nicht zu sehr jubeln. Es gibt keine Denkfabrik-Komponente, die vom ursprünglichen Plan abrückt. Sie schauen einfach nur das Gebäude an, und nicht dessen Inhalt», erklärt Comtesse.

 

In Genf befinden sich die Hauptquartiere von 32 internationalen Organisationen, darunter die Weltgesundheits-Organisation (WHO), die Welthandels-Organisation (WTO) und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK).

Insgesamt arbeiten mehr als 26’000 internationale Diplomaten und Beamte in der Rhone-Stadt. Gegen 9400 Personen allein  arbeiten für die Vereinten Nationen (UNO), das ist die grösste Konzentration von UNO-Personal weltweit. Dazu kommen 168 Ständige UNO-Missionen. Etwa 2400 Personen sind zudem für Nicht-Regierungs-Organisationen tätig.

In Genf finden pro Jahr die weltweit meisten internationalen Konferenzen und Sitzungen statt , nämlich 2700. Das sind mehr als in New York. Diese bringen übers Jahr rund 200’000 Delegierte und Fachleute in die Stadt. Dazu kommen rund 3000 Besuche von Staats- und Regierungschefs und Ministern. Das «internationale Genf» bringt dem Kanton pro Jahr Einnahmen von rund 3 Mrd. Franken.

In Genf sind auch mehr als 900 multinationale Unternehmen registriert, die 76’000 Stellen anbieten.

Quelle: Bericht «Internationales Genf und seine Zukunft»

«Zentrum für globale Zusammenarbeit»

 

Das Projekt «Maison de la Paix» ist aber nicht allein. Die Schweizer Regierung und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) konnten diesen Monat das Humanitarium einweihen, eine Hi-Tech-Konferenz- und Netzwerk-Drehscheibe für die humanitäre Gemeinde.

Eine weitere wichtige Initiative der neuen Gaststaat-Strategie ist das geplante «Zentrum für globale Zusammenarbeit», das im Komplex des Genfer Château de Penthes untergebracht werden soll, wo sich zurzeit das Auslandschweizer-Museum befindet.

Das 500-Millionen-Franken-Projekt des IHEID der Universität Genf soll helfen, die Rhone-Stadt zu einem «Platz für Reflektion und Expertise in globalen Fragen» zu machen.

Burrin sagt, der Name des Zentrums sei irreleitend, die Idee sei gewesen, einen Ort wie das britische Konferenzzentrum Wilton Park zu schaffen, der für internationale Verhandlungen hinter verschlossenen Türen oder Schiedsverfahren und Experten-Seminare dienen könnte. Der neue Komplex dürfte kaum vor 2020 eröffnet werden.

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Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Zehntausende sind aus der ganzen Welt nach Genf gekommen, um am europäischen Hauptsitz der UNO zu arbeiten.

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«Der Kalte Krieg ist vorbei»

 

Der ehemalige Schweizer Botschafter François Nordmann lobt die Idee.  

«Allgemeines Reflektieren und Nachdenken über die Zukunft internationaler Organisationen, deren Rolle und Bedeutung fehlen heute. Das ist ein Bereich, in dem die Schweiz sich engagieren muss, um bei der Reform des UNO-Systems zu helfen», erklärt Nordmann.

Doch Comtesse fragt sich, ob es in Genf wirklich einen Ort für internationale Schiedsverfahren und Verhandlungen braucht und sagt, die Stadt sollte ihre Stärken als Zentrum der globalen Gouvernanz und Regulation ausspielen.

«Der Kalte Krieg ist vorbei», sagt er. «Aber ein ‹Café Globale Gouvernanz› in Penthes, wieso nicht?»

Burrin verweist darauf, es gebe Gerüchte, dass der frühere Chef der Welthandels-Organisation, Pascal Lamy, Interesse daran habe, eine Denkfabrik im Château de Penthes zu leiten.

Es sei richtig, dass die Schweiz «ehrgeizig» sei, sagt Burrin. Er hat aber das Gefühl, die Idee einer Denkfabrik sei unrealistisch – es wäre zu teuer und entspreche nicht den Ambitionen der Schweizer Aussenpolitik.

«Niemand wird das Geld aufwerfen für eine Denkfabrik in Genf. Schauen Sie doch nur auf die Konkurrenz in New York, London und Brüssel», erklärt der Institutsdirektor.

Stärken ausspielen

 

Angesichts der aktuellen tiefgreifenden Veränderungen der globalen Gouvernanz ist sich die Schweiz bewusst, dass das internationale Genf seine Stärken ausspielen muss, um seine Stellung nicht zu verlieren.

«Ein Merkmal der modernen Welt ist, dass Staaten heute nicht mehr länger das Monopol in Sachen internationale Beziehungen haben. Um Antworten auf die meisten der globalen Herausforderungen zu finden – ob es um Pandemien, Umwelt oder Cyber-Sicherheit geht – braucht es das Fachwissen verschiedenster Akteure, von Staaten, NGOs, Akademikern oder Fachleuten, erklärt Alexandre Fasel, der Schweizer UNO-Botschafter in Genf.

«Wir brauchen eine Gaststaatpolitik für internationale Organisationen, die nicht nur aktiv und effizient ist, sondern die auch die wahren Werte der Ressourcen in Genf unterstreicht – die Konzentration von Intelligenz und Akteuren, die heute in der globalen Gouvernanz wirklich eine Rolle spielen.»

Der wesentliche Faktor dazu sei, den «intellektuellen Austausch» und Synergien zu fördern, sowie die Vernetzung unter den Tausenden von ausländischen Vertretern und Beamten, NGOs, Akademikern und anderen Experten in der Stadt zu stärken, erklären offizielle Schweizer Vertreter.

Eine jüngst von den Schweizer Behörden in Auftrag gegebene Studie kam zum Schluss, trotz der hohen Konzentration der wichtigsten globalen Akteure im Bereich Entwicklungszusammenarbeit in Genf seien

die Verbindungen zwischen Organisationen und die Zusammenarbeit über Tätigkeitsbereiche hinweg schwach geblieben.

«Gebäude sind notwendig, aber nicht ausreichend, um Genf als Hauptstadt des Multilateralismus zu erhalten», erklärt Warner. «Bei der Konkurrenz zwischen Genf und anderen Städten geht es um Ideen, nicht nur um materiellen Komfort.»

(Mit Inputs von Frédéric Burnand; Übertragung aus dem Englischen: Rita Emch)

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