Schweizer Allianz gegen Web-Riesen
SRG, Swisscom und Ringier legen die Vermarktung ihrer Werbedienstleistungen zusammen. Die dafür gegründete Vermarktungsfirma, deren Name noch nicht bestimmt ist, soll mit insgesamt 290 Mitarbeitenden den Schweizer Werbemarkt im globalisierten Wettbewerb stärken. Sie soll sich auf die sich verändernden Bedürfnisse von Werbeauftraggebern und Schweizer Medien ausrichten, teilen die drei Unternehmen in einem gemeinsamen Communiqué mit.
Swisscom bringe ihre Technologiekompetenz sowie die Vermarktungsrechte für Swisscom TV- und ihre Online-Plattformen ein. Ringier und die SRG steuern die Vermarktungsrechte für ihre Medienangebote bei. Die Kooperation umfasse die Bildung einer Aktiengesellschaft, an der alle drei Unternehmen zu einem Drittel beteiligt seien. Mit der Bündelung der Vermarktungsaktivitäten soll möglichst viel Wertschöpfung in der Schweiz bleiben.
Die SRG integriere ihre Vermarkterin Publisuisse vollständig in die neue Organisation. Ein Stellenabbau sei nicht vorgesehen.
Das Kooperationsmodell biete ihr die Chance, ihre Einnahmen aus Werbung und Sponsoring besser zu sichern.
«Mit dem Zusammenschluss wollen wir den global agierenden Unternehmen eine starke Schweizer Alternative entgegenstellen», wird Marc Walder, der designierte Präsident des Verwaltungsrats des neuen Unternehmens, im Communiqué zitiert. Laut Walder erreichten Google und Facebook im letzten Jahr im digitalen Werbemarkt der Schweiz einen Marktanteil von rund 50 Prozent.
Jeder Partner bringe komplementäre Kompetenzen mit. Dadurch entstehe eine Vermarktungsorganisation, die ihre Produkte vor dem Hintergrund des digitalen Wandels besser entwickeln und anbieten könne. Im Alleingang hätte keine der beteiligten Firmen eine vergleichbare Vermarktungsorganisation schaffen können, heisst es weiter.
Die Werbeauftraggeber könnten von integrierten, individuellen Kommunikationslösungen über alle Medienkanäle hinweg profitieren. Der Zusammenschluss ermögliche auch die gemeinsame Entwicklung neuer Werbeformen und –technologien in der Schweiz.
Das neue Unternehmen, das seine Aktivitäten im ersten Quartal 2016 aufnehmen werde, soll von Martin Schneider, CEO von Publisuisse geleitet werden, sofern die Wettbewerbskommission Weko sowie das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) grünes Licht für den Zusammenschluss geben.
Die publizistische Unabhängigkeit der SRG-Medien, zu denen auch swissinfo.ch gehört, bleibe trotz der Nähe zu Ringier und Swisscom garantiert, sagt Martin Schneider. Die SRG arbeite in verschiedenen Bereichen, in der Produktion, im Programm oder in der technologischen Forschung, seit langem mit Privaten zusammen.
Zustimmung und Kritik
Für den Deutschschweizer Verlegerverband Schweizer Medien muss das Werbeverbot auf SRG-Online-Medien unbedingt aufrechterhalten bleiben. «Dieser Punkt bleibt zentral», sagte deren Präsident gegenüber der Nachrichtenagentur sda. Die Schaffung einer solchen Unternehmung sei innovativ und eine neue Lösung, vorausgesetzt, dass die Struktur auch für andere Marktteilnehmer offen sei und Online-Werbung für die SRG untersagt bleibe.
Die Mediengruppe Tamedia zeigte sich weniger interessiert. «Wir bleiben bei unserem eigenen Vermarktungssystem im digitalen Bereich. Diese Zusammenarbeit hat keinen direkten Einfluss auf unsere Strategie», sagte Christoph Zimmer, der Sprecher der Mediengruppe.
Das Schweizer Syndikat Medienschaffender SSM begrüsst den Zusammenschluss von Swisscom, Ringier und SRG in der Werbevermarktung. Dies sei ein Schritt von marktwirtschaftlicher und medienpolitischer Bedeutung.
Marktwirtschaftlich entstehe die Chance, den Abfluss des Schweizer Werbefrankens ins Ausland zu stoppen, schreibt das SSM. Dies komme der Wirtschaft und dem Schweizer Journalismus zugute.
Medienpolitisch entstehe eine Kooperation, die auch das Konzept für andere Verleger sein könnte. Mit der SRG und dem Grossverleger Ringier hätten sich zwei bisher unversöhnlich gegenüberstehende Kontrahenten gefunden.
«Höchst problematisch»
Die Vereinigung «Aktion Medienfreiheit» kritisiert das Zusammengehen von Ringier, SRG und Swisscom bei der Werbevermarktung. Die Beteiligung der SRG und der Swisscom sei höchst problematisch. Diese Unternehmen hätten einen staatlichen Auftrag zu erfüllen. «Es geht nicht an, dass SRG und Swisscom in einen weiteren Bereich eindringen, in dem private Unternehmungen bereits tätig sind», heisst es in der Mitteilung. Bevor die SRG in weitere private Felder vorstosse, brauche es eine Definition des Service Public.
Präsidentin der von bürgerlichen Politikern gegründeten Aktion Medienfreiheit ist SVP-Nationalrätin Natalie Rickli. Sie ist in der Geschäftsleitung von Goldbach Media, der Vermarkterin der Werbeplätze von diversen privaten Fernseh- und Radiosendern.
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