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Schweizer Banken und Versicherungen müssen «grüner» werden – die Frage ist nur wie

Drei junge Frauen halten an einer Klima-Demonstration Transparente
Die Proteste gegen die schleppende Ökologisierung der Schweiz haben in den letzten Jahren zugenommen. © Keystone/ Valentin Flauraud

Kein Greenwashing, sondern echte Nachhaltigkeit: Der Bund droht den Banken in der Schweiz mit neuen Gesetzen, sollten sie ihre Eigenverantwortung nicht wahrnehmen.

Die Warnung ist angekommen: Die Finanzunternehmen in der Schweiz wollen keine neue Gesetzgebung nach EU-Vorbild, die sie zusätzlich belastet. Lieber wollen sie in Nachhaltigkeitsfragen eigenverantwortlich handeln.

NGOs und andere Interessengruppen allerdings bezweifeln, dass es reicht, wenn die Banken ihre eigenen Regeln für nachhaltige Finanzierung aufstellen.

Das grössere Bild gibt ihnen recht: Die Zahl der weltweiten Greenwashing-Fälle in der Finanzbranche ist im vergangenen Jahr um 70% gestiegen, berichtet das in der Schweiz ansässige Unternehmen für Umwelt-, Sozial- und Governance-Daten (ESG) Reprisk.

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«Greenwashing ist ein grosses Thema. Die Kritik an Unternehmen, die Versprechungen machen, die sie nicht halten können, nimmt zu», sagt Philipp Aeby, Geschäftsführer von Reprisk, gegenüber SWI swissinfo.ch.

«Es ist daher dringend notwendig, die Glaubwürdigkeit wiederherzustellen, indem wir dieses Problem angehen. In Europa zum Beispiel sehen wir im Bereich der nachhaltigen Finanzwirtschaft Anzeichen von Ermüdung.»

Benennen, Anprangern

Auch Schweizer Institute wurden angeprangert. Unter anderem wurde die Schweizerische Nationalbank (SNB) kürzlich von einer Koalition von Nichtregierungsorganisationen (NGO) für ihre Fracking-Investitionen kritisiert, während der Versicherer Swiss Re beschuldigt wird, Policen für brasilianische Farmen ausgestellt zu haben, die illegale Abholzung betrieben.

Die SNB sagt, sie überprüfe ständig ihr Investitionsportfolio, während Swiss Re sagt, sie nehme Nachhaltigkeitsfragen ernst und prüfe die Informationen über die im NGO-Bericht erwähnten brasilianischen Policen.

«Greenwashing» und «Social Washing» sind Begriffe, die verwendet werden, um Unternehmen zu beschreiben, die sich nicht an ihre ESG-Versprechen halten.

In der Finanzwelt kann sich dies auf drei Hauptbereiche beziehen: Geschäftsbeziehungen mit Dritten, wie die Vergabe von Krediten, Investitionen in andere Unternehmen oder Finanzprodukte, die an Kundinnen und Kunden verkauft werden.

Jenseits der schlagzeilenträchtigen Fälle von Investitionen in «schmutzige» Unternehmen liegt das problematischere Missverhältnis in der Zone der finanziellen Leistungsziele und Erwartungen der Kundschaft.

Planet des Profits

«Die meisten Anlegerinnen und Anleger erwarten von ESG-Fonds, dass sie einen positiven Beitrag zur Gesellschaft leisten und dem Planeten nicht schaden», sagt Aeby.

«Allerdings werden oft Fonds als ESG-Fonds bezeichnet allein auf der Basis, dass bestimmte Unternehmensaktivitäten nachteilige finanzielle Auswirkungen für Investierende haben könnten.» Solche Fonds zielen darauf ab, das Risiko-Ertrags-Profil auf der Grundlage von ESG-Faktoren zu optimieren.

«Dies ist zwar ein wichtiges Ziel an sich, aber es ist wichtig, es klar zu vermitteln und nicht mit Fonds zu vermischen, die einen positiven Einfluss auf die Menschen und den Planeten haben.»

Die Schweiz hat ehrgeizige Ambitionen, im Bereich der nachhaltigen Finanzen weltweit führend zu werden, was zum Teil auf die wachsende Nachfrage nach ESG-Investitionen zurückzuführen ist.

Eine aktuelle Studie der Hochschule Luzern über die Schweizer Fondsbranche ergab, dass zwischen Mitte 2022 und Ende Juni dieses Jahres 91% aller neuen Anleger:innengelder in nachhaltige Fonds geflossen sind.

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Regulierungsbehörden und Politiker:innen sind sich des Reputationsschadens für den Schweizer Finanzsektor bewusst, wenn sich die Kundschaft durch ESG-gelabelte Anlagen getäuscht fühlt. 

«Die Finanzbranche muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie die tatsächliche Wirksamkeit nachhaltiger Produkte mitunter mit übertriebenen Leistungsversprechen vermarktet», so das deutsche Beratungsunternehmen Zeb in einem diesjährigen Bericht mit Fokus auf die Schweiz.

«Obwohl sich die Schweizer Banken durch eine umfassende Selbstregulierung von diesem Stigma befreien wollen, ist davon auszugehen, dass die Politik […] strengere Transparenzanforderungen definieren wird, die weit über die Vorschläge der heimischen Branchenakteure hinausgehen dürften.»

Der Schweizer Gesetzgeber hat mit der «Swiss Climate Scores»-Verordnung bereits einen gewissen Gestaltungswillen gezeigt. Ab Anfang 2024 müssen alle grossen Unternehmen, einschliesslich der Banken, ihre klimabezogenen finanziellen Risiken und die Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit auf das Klima detailliert darlegen.

Verschärfte Selbstregulierung

Verschiedene Interessengruppen begrüssen die jüngste Drohung des Bundes, bis zum Ende des nächsten Sommers zusätzliche Gesetze gegen Greenwashing auszuarbeiten.

«Die Finanzindustrie reagiert viel zu langsam auf die Klimakrise. Sie setzt vor allem auf freiwillige Massnahmen, und hat versagt», sagt Peter Haberstich, Experte für nachhaltige Finanzen bei Greenpeace Schweiz.

Die Schweizer Finanzindustrie will unbedingt ihren Selbstregulierungsstatus beibehalten, da eine starre Gesetzgebung die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen würde. Der Sektor zieht alle Register, um den Gesetzgebenden zu zeigen, dass Selbstregulierung effektiv sein kann.

Zu diesem Zweck haben die Banken-, Vermögensverwaltungs- und Versicherungsbranche den selbstregulierten «Swiss Stewardship Code» erarbeitet. Zu den neun Grundsätzen des Kodex gehören unter anderem mehr Transparenz, erweiterte Stimmrechte für Anleger:inneen und Mechanismen zur Lösung von Konflikten zwischen Investori:innen und Finanzdienstleistungsunternehmen.

Gleichzeitig weibelt die Finanzindustrie für weniger restriktive Gesetze als in anderen Ländern. Sollte die Selbstregulierung fallen, plädiert sie für Gesetze, welche die gewünschten Ziele (Grundsätze) festlegen, anstatt den Unternehmen vorzuschreiben, wie sie ihr Tagesgeschäft zu führen haben.

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Die Angst, in einem Greenwashing-Skandal an den Pranger gestellt zu werden, hat zu einem besorgniserregenden Trend geführt, sagt Philipp Aeby von Reprisk.

«Unternehmen sollten ihre Versprechen sicherlich einhalten. Andererseits sollte es nicht dazu führen, dass die Unternehmen so vorsichtig werden, dass sie keine Versprechungen mehr machen.»

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