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Kritik an Boni: Muss CS mit Revolte der Aktionäre rechnen?

CEO Tidjane Thiam und sein Team stehen in der Kritik der CS-Aktionäre. Keystone

Credit Suisse bereitet sich auf eine konfrontative Generalversammlung vor. Denn trotz einer angekündigten Kürzung der stark kritisierten Manager-Boni um 40% wollen wichtige Aktionärsvertreter den Vergütungsbericht der zweitgrössten Schweizer Bank am kommenden Freitag ablehnen.

Der Schweizer Grossbank, die sich in Mitten einer umfassenden Restrukturierung befindet, bläst ein kühler Wind entgegen: Sie habe bei der Bestimmung über Boni für ihre Topmanager die Busse von 5,28 Milliarden Dollar nicht berücksichtigt, die sie in Verfahren um faule US-Hypothekenpapiere bezahlen müsse, lautet die Kritik.

Verwaltungsratspräsident Urs Rohner sagte der Financial Times, er habe die Empfindlichkeit unterschätzt, mit der man in der Schweiz und anderswo auf die Vergütungen reagiert habe. Insbesondere in Grossbritannien und unter professionellen und institutionellen Investoren sowie unter Stimmrechtsberatern sei sie viel grösser als erwartet ausgefallen.

Dennoch bezeichnet Rohner den Vergütungsbericht, über den die Aktionäre am kommenden Freitag an der jährlichen Generalversammlung in Zürich abstimmen werden, als «vernünftig». «Ich denke nicht, dass ich den Bericht verteidigen muss. Meine Aufgabe ist es zu erklären, was wir gemacht haben. Wir sind zuversichtlich, dass unsere Aktionäre verstehen werden, weshalb wir so entschieden haben.»

Die Polemik brach aus, nachdem Credit Suisse angekündigt hatte, bis zu 78 Millionen Franken an Boni an die Geschäftsleitung auszuzahlen, obwohl die Bank im vergangenen Jahr aufgrund des Vergleichs mit den USA im Hypothekenstreit einen Verlust von 2,7 Milliarden verzeichnete. Auch gab die Bank bekannt, das Bonus-Paket für sämtliche Angestellten um 6% auf 3,09 Milliarden zu erhöhen, mit dem Ziel, weitere Absprünge ihrer Top-Manager zur Konkurrenz zu verhindern.

Die Credit Suisse ist gut ins Jahr gestartet. Die Schweizer Grossbank erreichte mit 596 Millionen Franken einen Gewinn über den Erwartungen.

Die Verbesserung ist gemäss der Mitteilung der Bank vom Mittwoch auf ein besseres Handelsgeschäft und auf geringere Verluste in den Geschäften zurückzuführen, welche die CS aufgeben will.

Die Bank teilte zudem mit, ihr Schweizer Geschäft nun doch nicht wie geplant im zweiten Halbjahr 2017 teilweise an die Börse zu bringen.

Die zur Erhöhung des Kapitalpolsters nötigen rund 4 Milliarden Franken will die CS mit einer normalen Kapitalerhöhung beschaffen. Die dafür nötige ausserordentliche Generalversammlung soll im Mai stattfinden. 

(sda)

Der zunehmende Druck wichtiger Aktionärsgruppen anfangs Monat führte schliesslich dazu, dass die Geschäftsleitung von Credit Suisse über Nacht mitteilte, ihre variablen Vergütungen – bestehend aus langfristiger leistungsbezogener Vergütung für 2017 und kurzfristiger für 2016 – um je 40% zu reduzieren. Damit habe die Geschäftsleitung den Aktionären und der Aussenwelt signalisiert, «dass der ultimative Erfolg und die Umsetzung des Strategieplans an erster Stelle stehen», sagte Rohner.

Doch die angekündigte Kürzung überzeugte die Stimmrechtsvertreter, darunter auch die amerikanischen Firmen ISS und Glass Lewis sowie die Schweizer Stiftung Ethos, nicht. Die Abstimmung an der Generalversammlung droht knapp auszufallen.

ISS teilte letzte Woche mit, der Entscheid der Bank sei kein Zeichen eines gut funktionierenden Renumerations-Prozesses im Einklang mit den Aktionärs-Interessen. Und Ethos liess wissen, dass die variablen Vergütungen immer noch sehr hoch seien, Angesichts des Rekord-Verlustes im vergangenen Jahr.

Aufmüpfige Aktionäre

Die Kritik an hohen Vergütungen in der Schweiz hat sich erneut verschärft. Erst vergangene Woche verweigerten die Aktionäre des Industriekonzerns Georg Fischer aus Missmut über das Vergütungsmodell die Zustimmung zum Vergütungsbericht 2016. Und vor Ostern votierten bei der weit grösseren ABB nur 59% für die Vergütung für die Geschäftsleitung.

Credit Suisse befindet sich mitten in einem dreijährigen Restrukturierungsprogramm unter einem neuen Management, angeführt von Tidjane Thiam, der im Juli 2015 die operative Führung der Grossbank übernahm. Er will die Bank strategisch neu positionieren, die riskante Investmentbank verkleinern und dafür die solidere Vermögensverwaltung ausbauen.

Die Vergütung der Führungskräfte sei auf die erfolgreiche Umsetzung dieser Strategie ausgerichtet, argumentiert Credit Suisse. «Wenn es darum ging, die Leistung dieses Managements zu messen, dann war es nicht falsch, die Busse zu ignorieren», sagte Rohner. Ausserdem hätten die Kader dem Vergleich mit den US-Behörden nicht in bestem Interesse der Bank zugestimmt, wenn sie einen Einfluss auf ihre Löhne befürchtet hätten. Er wolle keine Manager, die aus Angst vor weniger Lohn die Angelegenheit lieber verzögert hätten. «Die Aktionäre stehen nun vor vernünftigen Vorschlägen, und wir sind zuversichtlich, dass sie verstehen und unterstützen werden, was wir getan haben.»

Copyright The Financial Times Limited 2017

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(Übertragung aus dem Englischen: Kathrin Ammann)

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