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Schweizer Presse hat Verständnis für Negativzinsen

Turbulente Zeiten für die Schweizerische Nationalbank. Gelingt ihr nach dem "Kunstflug im Sturmtief" eine sichere Landung? Keystone

Ohne Begeisterung aber mit Verständnis reagieren die Schweizer Medien auf die Ankündigung der Schweizerischen Nationalbank (SNB), Negativzinsen einzuführen. Sie sind sich einig, dass der Schritt konsequent sei, um die Attraktivität des Frankens zu dämpfen.

Als «Kunstflug im Sturmtief» bezeichnet die Basler Zeitung (BaZ) die Massnahme der Schweizer Währungshüterin. Diese hatte am Donnerstag mitgeteilt, am 22. Januar 2015 Negativzinsen für Einlagen von Banken auf ihren Girokonten einzuführen. Die Finanzinstitute müssen ab diesem Datum ab einer gewissen Schwelle eine Gebühr von 0,25% bezahlen. Ziel dieser Massnahmen ist es, das Halten von Frankenanlagen weniger attraktiv zu gestalten. Im Fokus steht die Verteidigung des Mindestkurses von 1 Franken 20 pro Euro.

«Negativzinsen sind ein Instrument, das Notenbanken nur im äussersten Notfall hervorholen», schreibt die Basler Zeitung.» Deshalb herrsche nun überall grosse Aufregung. «Hat die SNB das Pulver verschossen. Muss sie sich früher oder später doch dem Druck der Märkte fügen und die Aufwertung des Frankens zulassen?», fragt die BaZ und folgert:  «Die Folgen wären fatal und die Befürchtungen sind nicht unberechtigt. Welche Zukunft hätten Exportindustrie und Tourismus, in der immer noch eine Mehrheit der Bevölkerung ihr Auskommen hat, wenn deren Kosten als Folge einer Aufwertung schlagartig um 20% anschwöllen?»

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Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht 1912 wurde der rechtlich-administrative Berner Sitz der Nationalbank in Bern eröffnet. Das dreiköpige Direktorium selbst arbeitet hingegen am Zürcher Sitz. Die reich illustrierte Chronik «Die Schweizerische Nationalbank in Bern» erlaubt ungewohnte Einblicke in die Institution und zeichnet ihre Geschichte nach.

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Trotz der düsteren Aussichten scheine man bei der SNB kühlen Kopf zu bewahren. «Das zeigt die Art, wie sie den Negativzins umsetzt. Die Massnahme zielt darauf ab, die direkten Ursachen der gegenwärtigen Frankennachfrage zu bekämpfen.» Die SNB versuche «mit bemerkenswerter Präzision Kollateralschäden zu vermeiden», lobt die BaZ.

Der Kommentator des Zürcher Tages-Anzeigers und des Berner Bund bemüht ein Bild aus der Theaterwelt, um die schwierige Lage der SNB zu beschreiben: Die Einführung von Negativzinsen dürfte «nicht der letzte Akt im Drama um den Franken» sein, prophezeit er. «Die grösste Herausforderung für die Schweiz bleibt die Eurokrise. Die Massnahmen, mit denen die Europäische Zentralbank (EZB) verzweifelt versucht, einen weiteren Wirtschaftsabsturz zu verhindern, setzen ihre Schweizer Notenbankkollegen unter besonders grossen Druck.» Nun seien die Möglichkeiten der beiden Währungshüterinnen aber fast erschöpft, weshalb sie zu immer drastischeren Massnahmen greifen würden. Es sei durchaus möglich, dass die SNB schon bald mit Zinsen noch tiefer im Minusbereich nachlegen müsse. «Was aber tun, wenn das auch nichts mehr nützt? Drohen am Ende sogar Kapitalverkehrsbeschränkungen?», fragt der Kommentator und zitiert den SNB-Präsidenten Thomas Jordan: «Keine Massnahme ist ausgeschlossen.»

Überraschend sei beim Entscheid der SNB höchstens der Zeitpunkt, schreibt die Westschweizer Tageszeitung Le Temps. «Die Institution hat die Möglichkeit, Negativzinsen einzuführen in den letzten Jahren verschiedentlich erwähnt.» Alle Augen seien nun auf die Europäische Zentralbank (EZB) gerichtet, von der man annehme, dass sie in grossem Stil Staatsanleihen aufkaufen werde. Das Ziel dabei sei, den Markt mit flüssigem Geld zu fluten, um das Schreckensgespenst der Deflation zu verjagen.

Exportwirtschaft vs. Bankensektor

Die Schweizer Wirtschaft als Ganzes und der Exportsektor im Besonderen dürften die Massnahmen der SNB zur Abschwächung des Aufwärtsdrucks auf den Frankenkurs begrüssen, folgert die Westschweizer Wirtschaftszeitung Agefi. Weniger Grund zur Euphorie habe aber der Banken- und Versicherungssektor. Für diesen sei die Herausforderung gross.

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Die Schweizerische Bankiervereinigung Swissbanking habe sich vorläufig mit der Mitteilung begnügt, dass sie «von dieser Massnahme Kenntnis genommen» habe. Sie sei überzeugt von den von der SNB kommunizierten Parametern, wonach die Spareinlagen von der Massnahme nicht tangiert seien. Swissbanking betont allerdings, dass die Massnahme eine Ausnahme bleiben sollte und sofort zurückgenommen werden soll, sobald sich die Lage entspannt habe.

«Wir gehen natürlich vom Prinzip aus, dass die Banken auf unsere Massnahme reagieren werden», zitiert Agefi den Nationalbankpräsidenten Thomas Jordan, «aber die Kosten vorwiegend auf ihre grossen Kunden (Hedge Funds) abwälzen werden.» Ziel sei es, so Jordan, dass sich die Bedingungen auf dem Finanzmarkt derart veränderten, dass Anlagen in Schweizer Franken weniger attraktiv werden und die Nachfrage reduzierten.

Blick aus dem Ausland auf SNB

Die Ankündigung der SNB ist auch Thema in der Financial Times. Die britische Wirtschaftszeitung lässt wissen, dass die UBS bereits in den letzten 2 Jahren Gebühren erhoben habe, um die Interbank-Kunden zu entmutigen, exzessive Kassenbestände zu halten. Die grösste Schweizer Bank werde aber prüfen, ob weitere Massnahmen nötig wären. «Gegenwärtig sind auf Privatkunden-Guthaben keine Negativzinsen vorgesehen», wird die UBS zitiert. Auch die Credit Suisse habe keine Absicht, auf Sparguthaben Negativzinsen zu erheben. 

Auch die Süddeutsche Zeitung berichtet über die Massnahmen der SNB und erinnert daran, dass bisher erst drei Zentralbanken jemals Negativzinsen eingeführt hätten: «Den Anfang machte die schwedische Reichsbank zwischen 2009 und 2010. 2012 folgte die dänische Zentralbank… Im Juni hat die Europäische Zentralbank (EZB) dann den Einlagensatz für Bankguthaben auf dem EZB-Girokonto erstmals auf minus 0,1% fixiert, Wenige Monate später auf minus 0,2%.

Flucht in Sachwerte

«Das kleinere Übel», lautet der Titel eines Kommentars, der in der Solothurner- und Aargauer-, sowie in weiteren Tageszeitungen des Mittellands erscheint. Darin wird der Leserschaft das komplexe Finanzinstrument der SNB mit einem Beispiel erklärt: «Ein Freund von Ihnen steckt in finanziellen Schwierigkeiten. Sie helfen ihm aus und leihen ihm ein paar tausend Franken. Und am Ende bezahlen Sie ihm auch noch Zinsen dafür, dass Sie ihm das Geld ausgeliehen haben. So verrückt das auch klingen mag: Genau das müssen Geschäftsbanken in Zukunft tun, wenn sie auf ihrem Konto bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zu viel Geld bunkern.»

Ausgelöst wurde das «kleinere Übel» laut dem Kommentator durch die zunehmende Verunsicherung an den internationalen Finanzmärkten. Den Ausschlag gegeben habe schliesslich die Rubel-Krise. «Diese hat dazu geführt, dass die Investoren vermehrt nach einem sicheren Hafen suchen für ihr Geld. Selbst wenn sie dafür auf Zinszahlungen verzichten müssen.» Die Schweiz werde für ihre Stabilität bestraft, so das Fazit.

Zum gleichen Schluss kommt der Kommentar in der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ). Den Schritt der SNB bezeichnet sie als «sachte, aber logisch», weist zugleich allerdings auch auf die Gefahren hin: «Mit dem Abgleiten in nominal negatives Zinsterritorium wird eine psychologisch bedeutende Marke überschritten. Geld nicht in bar zu halten, wird nun spürbar kostspielig. Die Anreize, sich in Sachwerte und hohe Risiken zu flüchten, verstärken sich. Preisblasen bei Finanz- und Sachanlagen werden die natürliche Folge sein», sagt die NZZ voraus.    

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