Schweizer Regierung plant Rettungsschirm für Banken – und stösst auf Gegenwehr
Auf Anregung eines internationalen Gremiums will der Bundesrat eine staatliche Liquiditätssicherung für die Banken einführen. Dabei geht es um mehrere hundert Milliarden Franken. Doch jetzt wird Kritik laut.
Bis zu 250 Milliarden Franken hätte die Schweizerische Nationalbank (SNB) der kollabierenden Credit Suisse im Frühling 2023 zur Verfügung stellen dürfen. Das ist rund dreimal so viel, wie der Bund in einem normalen Jahr ausgibt.
Der exorbitante Kreditrahmen konnte gewährt werden, weil der Bundesrat im März 2023 die entsprechenden Gesetze per Notrecht angepasst hatte. So hat die Schweizer Regierung die Credit Suisse vor einem unkontrollierten Kollaps bewahrt. Danach wurde die Bank von der UBS übernommen.
Empfehlung aus dem Ausland
Nun will der Bundesrat das Notrecht vom März 2023 in ordentliches Recht überführen. Im Speziellen schlägt er vor, der Nationalbank auch weiterhin das Recht einzuräumen, den Banken in Notsituationen Kredite zu geben. Probleme durch schnelle und hohe Abflüsse von Kundengeldern – wie bei der Credit Suisse – sollen so künftig verhindert werden.
Zurück geht die Idee einer staatlichen Liquiditätssicherung auf das Financial Stability Board. Das ist ein internationales Gremium mit Sitz in Basel, in dem sich die wichtigsten Finanzministerinnen und Zentralbanker über die aktuellen Herausforderungen auf den Finanzmärkten austauschen.
Der Bund soll für mögliche Verluste haften
Neu am vorgeschlagenen Public Liquidity Backstop ist, dass die Banken für die staatlichen Liquiditätshilfen keine Sicherheiten mehr hinterlegen müssten bei der SNB. Das ist möglich, weil der Bund das Verlustrisiko für die Nationalbank tragen würde.
Ursprünglich wollte der Bundesrat die Liquiditätssicherung den Banken unentgeltlich zur Verfügung stellen. Er argumentierte unter anderem damit, dass nicht klar sei, wie hoch eine faire Abgeltung sein müsste.
Nach heftiger Kritik in der Vernehmlassung hat der Bundesrat zwischenzeitlich eine Kehrtwende gemacht und eine Abgeltung in den Gesetzesentwurf aufgenommen.
Viele Expert:innen halten die allerdings noch immer für zu gering, darunter Corinne Zellweger-Gutknecht, ordentliche Professorin für Privatrecht und Wirtschaftsrecht an der Universität Basel.
Hier geht es zum Geldcast mit Corinne Zellweger-Gutknecht in voller Länge:
«Ein schwerwiegender Sündenfall»
Der Bundesrat will aber nicht nur die von ihm garantierten Kredite der Nationalbank ins ordentliche Recht überführen, sondern auch ungedeckte Kredite. Auch solche gewährte die Nationalbank im März 2023 der Credit Suisse auf Basis von Notrecht. Im Jargon sind sie bekannt als ELA+. Das Verlustrisiko darauf liegt alleine bei der Nationalbank.
Für Corinne Zellweger-Gutknecht wäre die Weiterführung von ELA+ ein «schwerwiegender Sündenfall». Der Bundesrat könnte so nämlich die Nationalbank (weiterhin) dazu verdonnern, einer wankenden Bank einen Kredit zu geben – ohne dass der Bund die Verluste darauf übernehmen würde.
Viele erachten das als ungebührlichen Eingriff in die verfassungsmässig garantierte Unabhängigkeit der Nationalbank.
Die Vorlage sollte ursprünglich in der anstehenden Wintersession erstmals im eidgenössischen Parlament beraten werden. Zwischenzeitlich hat die ständerätliche Wirtschaftskommission das Geschäft allerdings sistiert.
Die Parlamentarier:innen wollen die Vorlage erst dann beraten, wenn die Analyse des Finanzdepartements zum Credit-Suisse-Debakel vorliegt. Der Bericht wird im Frühjahr 2024 erwartet.
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