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Schweizer Stimmvolk sagt Ja zu Burka-Verbot

Verschleierte Frau telefoniert
Keystone / Martial Trezzini

In einer Schweizer Volksabstimmung sagen 51,2% der Stimmenden Ja zu einem landesweiten Burka-Verbot in der Öffentlichkeit. Die Westschweiz machte den Unterschied – für einmal gab es keinen Röstigraben.

Lange liess das Ergebnis auf sich warten und am Ende war es knapp: 51,2% sagten Ja zum Burka-Verbot. Die Stimmbeteiligung lag bei über 51%.

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Die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» verlangt, dass niemand im öffentlichen Raum sein Gesicht verhüllen darf. Damit ist das Tragen von Burka, Niqab und anderen Formen der Gesichtsverhüllung in der ganzen Schweiz verboten.

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Kai Reusser / swissinfo.ch

Andere LänderExterner Link wie Frankreich, Österreich, Belgien, die Niederlande und Bulgarien haben bereits Gesichtsverhüllungsverbote an bestimmten öffentlichen Orten eingeführt. Doch nur in der Schweiz konnte sich die Bevölkerung über ein Verbot aussprechen, andernorts entschieden Regierung und Parlamente.

Der Bundesrat lehnte die Volksinitiative ab. Es sei Sache der Kantone, über Verhüllungsverbote zu entscheiden. In den Kantonen St. Gallen und Tessin war das Tragen der Burka bereits verboten.

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An der Medienkonferenz gab sich Justizministerin Karin Keller-Sutter relativ gelassen und sagte, das heutige Abstimmungsresultat sei kein Votum gegen Musliminnen und Muslime. «Die Schweiz steht nicht allein da», sagte sie und erinnerte an Verbote in anderen Ländern.

Die Stimmberechtigten von Interlaken haben die Initiative «Ja zum Verhüllungsverbot» mit 52,3 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt.

Die Touristenmetropole Interlaken ist einer der Orte in der Schweiz, in der regelmässig verschleierte Frauen zu sehen sind.

Die Touristiker vor Ort hatten im Vorfeld der Abstimmung für eine «offene Willkommenskultur» geworben. Verbiete der Staat Kleider, überlegten sich manche Gäste zweimal, ob sie nach Interlaken reisen sollen.

Interlaken ist nicht der einzige Touristenort, der sich gegen ein Verbot ausgesprochen hat: Auch die Stadt Luzern sowie die Gemeinden Zermatt und Monthey im Kanton Wallis lehnten das Verhüllungsverbot ab.

Der Schweizer Tourismus-Verband (STV) bedauert das Ja des Schweizer Stimmvolkes zur Volksinitiative für ein Verhüllungsverbot. Die durch die Corona-Pandemie ohnehin schon stark leidende Branche könne nicht noch zusätzliche Erschwernisse brauchen, sagte STV-Direktorin Barbara Gisi der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Dass die Abstimmung so knapp ausging, ist nicht ganz überraschend. Schon der Abstimmungskampf zeigte, dass die Fronten alles andere als klar sind. So waren Linke, Feministinnen sowie Musliminnen und Muslime gespalten.

Laut einer AnalyseExterner Link von gfs.bern hat die Westschweiz den Unterschied gemacht. Normalerweise haben es rechtskonservative Initiativen in der Romandie schwer. «Der Diskurs wurde in der Westschweiz anders, offener geführt als in der Deutschschweiz, vielleicht auch mit Blick auf den grossen Nachbar Frankreich, wo bereits seit 2011 ein allgemeines Verhüllungsverbot gilt», schreibt Martina Mousson von gfs.bern.

Spaltung zeigt sich auch bei Reaktionen

Auch bei den Reaktionen auf das Abstimmungsergebnis zeigt sich, dass die Gräben mitten durch gesellschaftliche Gruppen verlaufen – nicht einmal muslimische Organisationen sind sich einig.

Als «eine grosse Erleichterung» bezeichnete Mohamed Hamdaoui den Abstimmmungsausgang gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Der säkulare Muslim ist Mitte-Grossrat im Kanton Bern und Gründer der Kampagne «Face uncovered». Die Abstimmung sei «eine Gelegenheit, dem Islamismus Einhalt zu gebieten» und nicht «den Muslimen, die offensichtlich ihren rechtmässigen Platz in diesem Land haben».

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Das Ja zum Verhüllungsverbot sei ein Nein zu einer totalitären Ideologie, die in einer Demokratie keinen Platz habe, sagte die Essayistin und Gründerin des Forums für einen progressiven Islam, Saïda Keller-Messahli, der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Das Unbehagen gegenüber dem organisierten Islam in der Schweiz sei gross, so die Expertin.

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Der Islamische Zentralrat Schweiz (IZRS) hingegen ist enttäuscht über das Resultat und kündigte an, die Busse für betroffene Frauen zu übernehmen.

Pascal Gemperli, Sprecher der Föderation Islamischer Dachorganisationen in der Schweiz, fürchtet nach der Wahl um die Sicherheit der Musliminnen und Muslime in der Schweiz. «In Frankreich haben wir nach dem Verbot einen Anstieg der Gewalt erlebt», sagte er gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Junge Grüne wollen nach Strassburg

Initiant Walter Wobmann, SVP-Nationalrat und Präsident des Egerkinger Komitees, sagte gegenüber Keystone-SDA: «Das ist ein gescheiter Entscheid des Schweizer Volkes.» Das Egerkinger Komitee hatte bereits das Minarett-Verbot 2009 an der Urne durchgebracht. Welches die nächsten Pläne des Komitees sind, konnte und wollte Wobmann nicht sagen. Mit Minarett und Verhüllung seien die typischen Symbole für den extremen politischen Islam jetzt einmal gebodigt.

Die SP-Frauen Schweiz bedauern den Ausgang der Abstimmung über die Volksinitiative für ein Verhüllungsverbot, ebenso der Präsident der Grünen sowie die Operation Libero. Die Jungen Grünen sind so empört, dass sie den Gang nach Strassburg vor den Menschenrechts-Gerichtshof ankündigen.

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Für SVP-Parteipräsident Marco Chiesa ist das Ja ein klares Zeichen gegen den radikalen Islam, gegen vermummte Chaoten und für das friedliche Zusammenleben der Menschen in der Schweiz. Auch für den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) sei ein Verhüllungsverbot akzeptabel. «Die Jungen Grünen können Geld sparen, wenn sie auf einen Gang nach Strassburg verzichten», sagte er gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Er sei «extrem frohgemut» über das knappe Resultat der Initiative, sagte Andrea Caroni, Co-Präsident des Nein-Komitees, der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Bei der Minarett-Initiative hatten 58 Prozent Ja gesagt, beim Burka-Verbot sind es «nur» etwas mehr als 51 Prozent. «Ich bin froh über diesen steil abfallenden Trend», so Caroni.

Laut Befürwortern eines Verbots sind Burka und Niqab eine «Uniform des Salafismus». Ein Verbot bekämpfe daher Extremismus und Terrorismus. Es diene zudem der Gleichberechtigung der Geschlechter und der Integration. Denn die Gesichtsverschleierung behindere das Pflegen sozialer Kontakte und die Trägerinnen könnten kaum einer geregelten Arbeit nachgehen.

Die Gegner finden ein Verbot islamophob. Zudem würden gemäss Schätzungen nur etwa 30 Frauen in der Schweiz einen Gesichtsschleier tragen, ein Verbot sei daher unnötig. Kleidervorschriften seien generell einer freiheitlichen Gesellschaft unwürdig.

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