Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Schweizer stürzen sich auf exotische Sprachen

Keystone

Neben traditionellen Fremdsprachen wie Englisch wächst in der Schweiz das Interesse an "exotischen" Sprachen wie Chinesisch, Russisch und Arabisch. Auf dem Arbeitsmarkt können entsprechende Kenntnisse aber noch nicht vergoldet werden.

«Sprachkenntnisse sind wichtig im Leben»: Dieser Satz wird Kindern in der Schweiz schon früh eingetrichtert. In einem mehrsprachigen Land ist dies auch nicht überraschend. Und die Ergebnisse lassen sich sehen. In der Schweiz ist es fast unmöglich, eine Person zu treffen, die einzig ihre Muttersprache spricht.

Doch das Interesse der Schweizer an Sprachen beschränkt sich nicht allein auf «traditionellen» Sprachen der anderen Landesteile oder Englisch.

«Die Mehrheit der Studenten interessiert sich nach wie vor für Englisch. Doch das Interesse für Sprachen wie Chinesisch, Arabisch und Russisch nimmt zu. Die Studenten haben erkannt, dass es für ihre berufliche Zukunft wichtig sein kann, aussergewöhnliche Sprachen zu kennen, und nicht nur Französisch, Italienisch oder Spanisch», sagt Petra Gekeler, Leiterin des Sprachenzentrums der Universität Basel. Dieses Zentrum wurde vor 10 Jahren gegründet und bietet 18 Fremdsprachen an.

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Sprachen in der Schweiz

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Schweiz hat offiziell vier Landessprachen: Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. Rund zwei Drittel der Bevölkerung sind deutscher Muttersprache. Durch die Immigration sind auch andere Sprachen immer stärker verbreitet.

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Berufliche und persönliche Gründe

Die Klubschule Migros, eine der wichtigsten Privatschulen der Schweiz, bietet neben Kursen in den fünf dominierenden Sprachen (Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Englisch) auch solche in 32 exotischen Sprachen an.

«Laut unserer Statistik  repräsentieren die exotischen Sprachen aber nur acht Prozent der Gesamtzahl von Unterrichtsstunden. Im letzten Jahr waren vor allem Russisch, Portugiesisch, Arabisch,  Griechisch, Japanisch, Chinesisch, Schwedisch und Türkisch gefragt», sagt Daniela Canclini, Bereichsleiterin Sprachen beim Koordinationsbüro der Klubschulen Migros.

Das Institut verfügt nicht über Daten, welche die Beweggründe zur Belegung spezifischer Sprachkurse aufzeigen. «Wir führen keine entsprechende Recherchen durch», so Canclini. Doch man gehe davon aus, dass zirka die Hälfte der Sprachschüler die Kurse aus beruflichen Gründen belege, die andere Hälfte aus persönlichen Gründen.

Um sich in Russisch, Chinesisch oder Arabisch ausdrücken zu können, ist ein Auslandsaufenthalt  unabdingbar. Wer nur zwei oder drei Stunden pro Woche einen Kurs belegt, bräuchte sonst Jahre, um eine dieser Sprachen einigermassen zu verstehen. «Unsere Chinesisch-Schüler verbringen in der Regel ein bis zwei Wochen in China», sagt Petra Gekeler.

Die Klubschule Migros führt seit dem Jahr 2004 eigene Statistiken zu ihren Sprachkursen. Die Nachfrage nach den exotischen Sprachen sei seither recht stabil geblieben, «mit einem leichten Zuwachs bei Russisch, Schwedisch, Chinesisch, Norwegisch, Finnisch und Albanisch», hält Canclini fest. Und betont, dass die erwartete Explosion an Kursteilnehmenden bei Chinesisch nicht eingetreten ist.

Gleichwohl ist auffällig, dass in den letzten Jahren Sprachschulen, die sich auf Chinesisch spezialisiert haben, wie Pilze aus dem Boden geschossen sind. Vor zwei Jahren eröffnete beispielsweise in Genf das Konfuzius-Institut, das mit dem deutschen Goethe-Institut vergleichbar ist. In Basel und Zürich sollen zwei weitere dieser Institute folgen. Auffällig ist zudem, dass einige öffentliche Schulen mittlerweile Chinesisch als Wahlfach anbieten.

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«Chinesisch ist gar nicht so schwierig»

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht «Sehen Sie, dieses Zeichen wird von einer Linie in der Mitte durchkreuzt. Das bedeutet ‹halbiert›. Deshalb ist es gar nicht so schwierig, chinesische Schriftzeichen zu lernen. Es gibt eine gewisse Logik», sagt die16-jährige Marjane lachend. Es ist später Nachmittag. Die Mehrheit der 750 Schülerinnen und Schüler am Gymasium Denis-de- Rougemont ist bereits zu Hause, die…

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Geringe Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt

Doch wie steht es um die Nachfrage nach exotischen Sprachkenntnissen auf dem Arbeitsmarkt? Der Personalvermittler Manpower konnte bisher bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), die mit 300‘000 Firmen rund 99 Prozent des Arbeitsmarktes in der Schweiz ausmachen, keine grossen Veränderungen feststellen. «Englisch, Französisch und Deutsch sind nach wie vor prioritär.» Immer wichtiger werden allerdings Englischkenntnisse. Englisch entwickelt sich zusehends zu einer Verkehrssprache für die ganze Schweiz.

Manpower konnte allerdings einen Anstieg nach Russisch- und Chinesisch-Kenntnissen für die Kunden- und Verkaufsabteilungen von  international tätigen Unternehmen feststellen, deren Mutterhäuser in China oder Russland angesiedelt sind. «So etwas kommt in Städten mit einer internationalen Kundschaft vor, beispielswiese Genf. Hingegen ist dies entsprechende Nachfrage in Städten wie Bern praktisch inexistent», teilt Manpower gegenüber swissinfo.ch schriftlich mit.

Neben Chinesisch und Russisch gibt es noch ein geringeres Interesse nach weniger geläufigen Sprachen wie Spanisch, Portugiesisch, Schwedisch, Dänisch und einigen osteuropäischen Sprachen. In welchen Sparten werden die exotischen Sprachen heute gebraucht? Manpower listet die wichtigsten auf: Hotellerie, Tourismus, Luxusgüterbranche sowie internationale Dienstleistungen im Handelsgeschäft.

Isländisch, Hindi, Persisch, Vietnamesisch: Das Angebot an Sprachkursen in der Schweiz ist fast grenzenlos.

Neben den fünf Hauptsprachen (Englisch, Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch) bietet die Klubschule Migros 32 weitere «exotische» Sprachen an.

Das Sprachenzentrum der Universität Basel hat 18 Sprachen im Programm, darunter Ungarisch, Schwedisch und Suaheli. Suaheli wurde beispielsweise auf Wunsch des Ethnologischen Instituts, das Forschungsarbeiten in Ostafrika durchführt, in das Angebot aufgenommen.

Zu den Schwerpunkten des Instituts gehört auch der Unterricht von Fachsprachen bzw. -vokabular, beispielsweise Englisch für Wirtschafts-Wissenschafter, Französisch für Mediziner, Italienisch für Kunsthistoriker.

Leiterin Petra Gekeler ist überzeugt, dass Fachsprachkurse noch an Bedeutung gewinnen werden, «vor allem in Englisch».

Kulturelle Kenntnisse höher gewichtet

Gemäss Manpower zählt bei einer Kandidatenauswahl nicht nur die Sprachkompetenz, sondern auch das kulturelle Wissen eines Bewerbers. Dies gilt insbesondere für China. Internationale Unternehmungen setzen also eher auf Einheimische denn auf Schweizer mit Chinesisch-Kenntnissen.

Manpower kommt somit nicht darum herum, Personal im Ausland zu rekrutieren. Aber das ist nicht ganz einfach. Denn für Arbeitskräfte, die nicht aus EU- oder EWR-Ländern kommen, gibt es eine sehr restriktive Bewilligungspraxis.

Manpower kommt daher zu folgenden Schluss: «Für Jobsuchende aus der Schweiz ist es immer noch entscheidend, über ein gutes Niveau von Deutsch, Französisch oder Englisch zu verfügen.» Für die Schweiz seien diese die wichtigsten Sprachen, vor Italienisch. Das heisst: Arabisch, Russisch oder Chinesisch machen sich gut im Lebenslauf. Doch am wichtigsten bleibt das Beherrschen der Schweizer Landessprachen sowie des Englischen.

Gemäss einer Studie des Bundesamtes für Statistik aus dem Jahr 2005, die auf Daten der eidgenössischen Volkszählung von 2000 basiert, steht Englisch mit 23,4% bereits an zweiter Stelle in Bezug auf die am Arbeitsplatz benutzen Sprachen in der Deutschschweiz.

Am wichtigsten sind Deutsch und Schweizerdeutsch. Es folgen Französisch (19,7%) und Italienisch (11,1%).

Am mehrsprachigsten sind die «Freien Berufe» sowie «Akademischen Berufe» und «Oberes Kader». In der Kategorie der «ungelernten Angestellten» wird Englisch nur von 8,6% benutzt, während Italienisch auf 14,8% kommt.

Auch in der französischen Schweiz steht Englisch als Arbeitssprache nach Französisch an erster Stelle (17,7%), gefolgt von Deutsch (15,4%) und Italienisch (6,8%). Am stärksten ist Englisch in Kaderfunktionen verbreitet (46,1%), bei akademischen Berufen und im oberen Kader (42,4%) sowie in freien Berufen  (37,9%).

In der italienischen Schweiz steht unter den Fremdsprachen Deutsch an erster Stelle (22%). Es folgen Französisch (16,9%) und Englisch (11%). Auch in der italienischen Schweiz werden Fremdsprachen bei der Arbeit vor allem von Kaderleuten verlangt. Ihr Anteil übersteigt aber 30% nicht.

(Quelle: Sprachenlandschaft in der Schweiz, Bundesamt für Statistik 2005)

Bereits im 19. Jahrhundert gab es an verschiedenen Schweizer Universitäten ein Interesse an der arabischen Sprache. So wurde im Jahr 1820 Jean Humbert Honorarprofessor für arabisch an der Universität Genf.

Mehrere Universitäten haben heute arabisch-Kurse im Angebot, so Basel, Genf, Zürich und Bern.

Unter den arabisch Studierenden findet man Studenten, Pensionierte, Forscher, Journalisten Angestellte internationaler Konzerne und Araber der zweiten Generation.

(Übertragung aus dem Italienischen: Gerhard Lob)

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