Diskreter Knotenpunkt für Goldhandel
Uhren, Schokolade und Käse sind weltweit bekannte Exportgüter der Schweiz. Dass das Land die grösste Goldhändlerin der Welt ist, dürfte hingegen weniger bekannt sein. 2016 machte Gold einen Viertel der Exporte aus – mehr als Pharmaprodukte. In den offiziellen Rankings der Regierung steht davon jedoch nichts.
Die Eidgenössische Zollverwaltung teilte kürzlich mit, die Pharmabranche sei der Motor der Schweizer Exportwirtschaft im Jahr 2016 gewesen. Den 250 Pharma-Unternehmen gelang ein neuer Rekord: Sie exportierten Produkte im Wert von 80,3 Milliarden Franken – was einem Anstieg von fast 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht.
Die offizielle MedienmitteilungExterner Link der Zollverwaltung enthält jedoch keine Angaben zu Gold, Edelsteinen oder wertvollen Kunstobjekten – obwohl die Verwaltung diese Zahlen in ihren Statistiken führt. Auf Anfrage von swissinfo.ch sagte der Sprecher der Zollverwaltung, dass der Handel mit Edelmetallen nicht wichtig für die Bewertung der wirtschaftlichen Gesamtsituation der Schweiz sei. Mit anderen Worten: Die Berücksichtigung des Wertes von Gold – das als Rohstoff in die Schweiz importiert und nach der Veredelung exportiert wird – würde den falschen Eindruck vermitteln, die Schweizer Wirtschaft und ihr BIP hingen stark von Gold ab.
Zudem schwankt der Goldwert stark, was zu einer künstlichen Inflation oder Deflation der Gesamthandelszahlen der Schweiz führen könnte. Daher nahm die Zollverwaltung Gold nicht in die Export-Rechnung auf, obwohl die Gold-Exporte mehr als 2000 Tonnen im Wert von 80,5 Milliarden Franken umfassen, also etwas mehr als die Schweizer Pharma-Exporte. Zum Vergleich: Die Schweizer Gold-Exporte entsprechen etwa dem jährlichen BIP von Sri Lanka und machen etwa vier Fünftel der weltweiten Goldförderung aus (2500 Tonnen).
Die untenstehende Grafik zeigt die Schweizer Exporte im Jahr 2016 nach Kategorien der Güter. Man sieht die Wichtigkeit von Edelmetallen (davon 94% Gold) im Vergleich zur Chemie- und Pharmabranche.
Während mehreren Jahren nahmen die Schweizer Behörden den Handel mit Edelmetallen von ihren offiziellen Aussenhandelsstatistiken aus.
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Sie gingen davon aus, «dass der Transfer von Edelmetallen eher einem Transfer von Zahlungsmitteln entspreche – wobei die Edelmetalle das Geldpapier ersetzen –, als dass es sich dabei um die Verschiebung von Waren zu ihrer Bearbeitung oder Verwendung handelt, wie es im Bericht der Zollverwaltung aus dem Jahr 2013 heisst.
Bis 2014 veröffentlichte die Regierung keine Zahlen zum Handel mit Edelmetallen. Unter dem Druck von Nichtregierungsorganisationen und um den internationalen Standards zu entsprechen, wurde schliesslich Transparenz geschaffen.
Wie schaffte es die Schweiz zur Spitzen-Plattform für Goldhandel? Der Zürcher Goldmarkt war immer schon sehr wichtig. Faktoren wie Sicherheit und Effizienz bei Finanzdienstleistungen sowie Logistik spielen ebenfalls eine Rolle. Ein weiterer wichtiger Grund ist, dass sich vier der weltweit grössten Goldraffinerien in der Schweiz befinden. Diese veredeln fast zwei Drittel des Goldes weltweit. Aus diesen Gründen ist und bleibt die Schweiz die grösste Gold-Importeurin und Exporteurin der Welt.
(Übertragung aus dem Englischen: Sibilla Bondolfi)
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