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So bleiben Auslandschweizer:innen über die Politik am Ball

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Die Tagesschau des Schweizer Fernsehens auf einem Handy-Bildschirm. © Keystone / Gaetan Bally

Wie informieren sich Auslandschweizer:innen über ihre Heimat? Eine Studie unter Lesern der "Schweizer Revue" gibt Aufschluss – und stellt fest, dass Medienkonsum eng mit politischer Partizipation verknüpft ist. 

Am Anfang stand eine Leserbefragung der Schweizer Revue. Das ist die Zeitschrift für Auslandschweizer:innen, die von der Auslandschweizer-Organisation ASO herausgegeben wird. Sie erscheint sechsmal im Jahr.  

Der Auftrag für die Studie ging an das Forschungszentrum für Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) der Uni Zürich. «Das Gebiet war noch nicht allzu breit erforscht», sagt der dortige Forschungsdirektor Daniel Vogler, und «zusätzlich gab es Dinge, die uns aus wissenschaftlicher Sichtinteressierten.»  

Grosse Gruppe, wenig erforscht

Denn bei den vielen bestehenden Studien um Auslandschweizer:innen ging es bisher kaum vertieft um deren Mediennutzung. Vogler spricht von einer Nische, klein, aber interessant. «Denn gemessen an der Gesamtschweiz ist es eine recht grosse Gruppe, die man sonst eigentlich gar nicht so anschaut», sagt er.  

Mit den gewonnenen Resultaten hat er mit Co-Autor Jörg Schneider nun als Zusatzprodukt zur Studie eine wissenschaftliche Publikation erstellt, die kürzlich im «Journal of International Communication» erschienen ist.  

Die erste Erkenntnis daraus bestätigt eine allgemeine Annahme: Die Auslandschweizer:innen – so heterogen sie sind – verhalten sich nicht aussergewöhnlich. Sie sind andern Gruppen von Mediennutzenden recht ähnlich.  

Die zweite Erkenntnis ist von grösserer Relevanz: Auslandschweizer:innen, die sich häufig über die Schweiz informieren, sind meist auch aktive Stimmbürger:innen. «Mediennutzung und die politische Partizipation sind eng aneinander geknüpft», sagt Vogler.  

Im Verhalten absoluter Durchschnitt

Die Studie fusst auf einem Datensatz vom Sommer 2020. Fast 14’000 Leserinnen und Leser der Schweizer Revue nahmen an der Befragung teil. Ganz repräsentativ für alle Auslandschweizer ist der Datensatz indes nicht. «Teilnehmende über 65 Jahren sind überrepräsentiert», schreiben die Autoren. Ihrem Alter zum Trotz ist der Nachrichtenkonsum der untersuchten Auslandschweizer:innen bereits stark digitalisiert. Online-Nachrichten von Schweizer Medien waren die meistgenannte Quelle. 

«Wir fragten die Teilnehmenden, über welche Medienkanäle sie sich über Nachrichten und Ereignisse in der Schweiz informieren», erklärt Daniel Vogler. «Überraschend und interessant war für uns, dass sich Muster der Mediennutzung wie wir sie sonst auch kennen, ebenso in dieser Gruppe wiederfindet», fügt er an. Er spricht von klassischen Repertoires, also Gruppen von Nutzenden, die sich in ihrem Verhalten ähneln. Ein Repertoire sind etwa Leute, die eher fernsehen oder solche, die schon vollends digital unterwegs sind, oder Zeitungslesende.  

Hier entsteht Stoff, der auch im Ausland gehört wird: Sendung «6h-9h le samedi» bei RTS. © Keystone / Jean-christophe Bott

Die Autoren identifizierten fünf verschiedene solcher Gruppen, die sich speziell auf der Basis ihres Informationskonsums über Ereignisse in der Schweiz beschreiben liessen. «Wir konnten erstmals zeigen, dass es diese Repertoires bei Auslandschweizer:innen genauso gibt wie bei anderen Gruppen», sagt Vogler. 

Bedeutung für die Demokratie

Aufgrund der internationalen Betrachtung gibt es allerdings eine Besonderheit. In der Studie heisst es: «Mit ihrem direktdemokratischen System ist die Schweiz ein interessanter Fall für die Analyse der transnationalen Stimmabgabe.» Dies umso mehr, weil in der Schweiz mehrmals pro Jahr Volksabstimmungen und Abstimmungen stattfinden. «Dabei sprechen die politischen Parteien Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer regelmässig auch direkt an», schreiben die Autoren. Vogler sagt schlicht: «Aus politischer Sicht ist die Zielgruppe der Expats relevant.» 

Dies zeige sich etwa unter den Vielnutzern – einem klassischen Typ der Medienforschung, der auf allen Kanälen zuhause ist und sich auf diesen auch sehr intensiv informiert. «Das sind auch jene, die regelmässig an Wahlen und Abstimmungen teilnehmen», sagt er. 

Je mehr Beziehungen also zur Schweiz bestehen, desto mehr werden Nachrichten darüber verfolgt. Vogler und sein Forschungskollege Jörg Schneider konnten dies nicht nur erstmals empirisch zeigen. Sie unterstreichen auch, warum dies von Bedeutung ist. «Da viele Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer von ihrem Stimmrecht Gebrauch machen, scheint es relevant, mehr über diese heterogene Bevölkerung zu erfahren und darüber, wie sie Nachrichten über die Schweiz rezipiert», heisst es in der Studie.  

Die Rangliste der Medien

Das führte zur Forschungsfrage: Welche Medien konsumieren die Auslandschweizer:innen um sich über ihr Heimatland zu informieren. 

Die Antwort in Kürze und in dieser Reihenfolge: 

  • Schweizer Online-Zeitungen 

  • Nicht-Schweizer Zeitungen 

  • Social Media 

  • swissinfo.ch, die «Auslandeinheit» der SRG 

  • Kostenlose Schweizer Online-Zeitungen 

  • Schweizer Fernsehen der SRG 

  • Schweizer Radio der SRG 

  • Websites der SRG 

  • Schweizer Zeitungen gedruckt 

  • Schweizer Privatfernsehen und Radio 

Daniel Vogler und sein Co-Autor Jörg Schneider schreiben: «Auslandschweizer:innen nutzen swissinfo.ch noch häufiger als die inländischen Webseiten der SRG.» Vogler erklärt es sich so: «Swissinfo.ch bringt viele einordnende Nachrichten zu Themen, die für Auslandschweizerinnen relevanter sind als die allgemeinen tagesaktuellen Nachrichten.»  

Tatsächlich hat swissinfo.ch den Auftrag des Bundes, Schweizerinnen und Schweizer im Ausland zu informieren.Das hat der  Bund mit der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft SRG so vereinbart. Die Studie belegt nun, dass swissinfo.ch diesem Auftrag offenbar auch aus der Sicht der Auslandschweizer:innen gerecht wird. «Für swissinfo.ch ist das eine Bestätigung», sagt Mark Livingston, Chefredaktor von swissinfo.ch. «Denn es ist unser erklärtes Ziel, das relevanteste Schweizer Medium für die Community der Auslandschweizer:innen sein.»  

Medienlektüre im Kaffee: Es geht auch ohne Zeitung. © Keystone / Christian Beutler

Aber auch soziale Medien sind wichtig: Diese würden ebenfalls gar häufiger genutzt als das Fernsehen oder die Radioprogramme der SRG, heisst es in der Studie. Am wenigsten genutzt werden gedruckte Produkte. Und noch eine Erkenntnis: «Wer wenig Infos zur Schweiz nutzt, muss nicht zwingend jemand sein, der auch sonst wenig Medien nutzt», sagt Daniel Vogler. Es gibt also unter den Leser:innen der Schweizer Revue auch solche, die viel Nachrichten nutzen aber an der Schweiz wenig Interesse haben, wohl weil sie schon zu weit entfernt sind.  

Hintergründig und fokussiert

Die «Schweizer Revue» ist übrigens das zweite, komplementäre Produkt, das der Bund in seinem Bestreben unterstützt, Schweizer:innen und Schweizer im Ausland gut über die Heimat informieren zu lassen, damit diese fit bleiben für die Teilnahme an der anspruchsvollen Schweizer Demokratie. «Die Schweizer Revue ist eher hintergründig, beratend, sehr fokussiert auf das, was die Leserinnen im Ausland interessiert», charakterisiert Studien-Autor Vogler das Heft, das der Bund allen Auslandschweizer:innen aktiv zustellt, seit einiger Zeit digital, auf Wunsch aber immer noch auf Papier.  

Die Studienautoren halten beide Produkte für bedeutend, da «nur wenige Medien einen ausgeprägten nationalen oder gar internationalen Fokus haben», wie sie schreiben. Viele Schweizer Medien seien eher regional ausgerichtet und hätten daher keine grosse Reichweite bei ausländischen Medienkonsument:innen. Kommt dazu: Die Schweiz hat «einen relativ kleinen Medienmarkt, der sprachlich segmentiert ist». 

Die Rolle der Paywalls bleibt offen

Offen bleibt für Forscher die Frage nach der Bedeutung von Abonnementen oder Paywalls. «Gerne hätten wir noch gefragt, ob Kosten ein zusätzliches Hindernis sind», sagt Daniel Vogler. Er vermutet, dass Auslandschweizer:innen nur dann bereits sind ein Abo zu lösen, wenn sie noch einen starken Bezug zur Heimat haben. 

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