Geldspielgesetz «schafft riesigen Schwarzmarkt»
Das Geldspielgesetz würde die Schweizer Casinos vor ausländischer Konkurrenz schützen, sagt Andri Silberschmidt vom Referendumskomitee gegen das Gesetz. Der Präsident der Jungfreisinnigen fordert Zugeständnisse für Online-Glücksspiele, die auch von ausländischen Veranstaltern mit Spielerschutzmechanismen erworben werden können.
Künftig sollen ausschliesslich Schweizer Casinos Online-Glückspiele anbieten dürfen. Netzsperren sollen allfällige ausländische Anbieter blockieren. Das schafft einen gigantischen Schwarzmarkt, der weder besteuert werden kann, noch Schutzmechanismen für Spielsüchtige beinhaltet. Auch weil bessere Lösungen vorhanden sind, ist das Geldspielgesetz am 10. Juni abzulehnen.
Standpunkt
swissinfo.ch öffnet seine Spalten für ausgewählte Gastbeiträge. Wir werden regelmässig Texte von Experten, Entscheidungsträgern und Beobachtern publizieren. Ziel ist es, eigenständige Standpunkte zu Schweizer Themen oder zu Themen, die die Schweiz interessieren, zu publizieren und so zu einer lebendigen Debatte beizutragen.
Aktuell gelten in der Schweiz bis heute beinahe unverändert das Lotterie- sowie das Spielbankengesetz aus den Jahren 1923, beziehungsweise 1998. Mit Blick auf den bis anhin unregulierten Online-Glückspielmarkt besteht entsprechend ein grosser Reformbedarf.
Ursprüngliches und durchaus richtiges Ziel war es denn auch, ebendiesen Online-Glückspielmarkt zu regulieren und zu besteuern, um Schutzmechanismen für Spielsüchtige zu etablieren und zusätzlich Steuererträge zu erschliessen.
Übergang in die Ilegalität
Beide Ziele verfehlt das neue Geldspielgesetz. Es schützt vor allem die Schweizerische Casinobranche vor ausländischer Konkurrenz. Nur Schweizer Spielbanken, die eine physische Spielbank Casino betreiben, soll es erlaubt werden, Online-Glückspiele anzubieten. Netzsperren sollen alle anderen Anbieter blockieren und vom Markt ausschliessen.
Allerdings sind Netzsperren wirkungsarm und können innert 30 Sekunden umgangen werden. Insbesondere für Spielsüchtige ist das ein unzureichender Schutz.
In der Konsequenz bleibt das Angebot ausländischer Glückspielanbieter erhalten, wird aber in die Illegalität verdrängt. Damit ergibt sich ein gigantischer Schwarzmarkt, der nicht besteuert und reguliert werden kann und entsprechend auch keine Schutzmechanismen für Spielsüchtige beinhaltet.
Das Beispiel Dänemark
Online-Konzessionen für Glückspiele auf die sich alle – ob Schweizer Casinos oder ausländische Anbieter – bewerben können, sind die bessere Lösung. Die konzessionierten Anbieter werden besteuert und haben sich an die schweizerischen Vorgaben zu halten.
Dass dieses Modell funktioniert beweist ein Blick nach Dänemark, wo der Schwarzmarkt mittels Online-Konzessionen fast vollständig ausgetrocknet werden konnte. Das ist besonders im Interesse der Spielsüchtigen. Denn ein Schwarzmarkt bedeutet vor allem einen Markt ohne Schutzmechanismen für Spielsüchtige.
Auch der Staat profitiert von Online-Konzessionen. Durch den grösseren Markt generiert er auch höhere Steuererträge als im Casino-Monopol-Szenario. Nicht zuletzt gewinnen auch die Spieler, weil sie aus einer breiteren Palette von Anbietern auswählen können.
Befürchtung eines Präzedenzfalls
Die Unzulänglichkeiten und Nachteile der Gesetzesvorlage liegen klar auf der Hand. Wieso wurden bessere Alternativen, wie Online-Konzessionen für ausländische Anbieter, nicht berücksichtigt? Vielsagend ist Bundesrätin Sommarugas Antwort auf diese Frage in der parlamentarischen Beratung: „Die Casinos haben sich hier durchgesetzt“. Zu überwältigend und potent war das Lobbying der Casinos.
Netzsperren schaffen einen Präzedenzfall. Ermutigt durch das erfolgreiche Lobbying der Casinos, ist zu befürchten, dass andere Branchen ihrem Beispiel folgen und versuchen, mit Sperren ungeliebte ausländische Konkurrenz aus dem Markt zu drängen. Statt mit dem angeblichen Schutz für Spielsüchtige könnten andere Argumente, wie besserer einheimischer Kundenschutz oder der potenziellen Umgehung der fälligen Mehrwertsteuer, vorgeschoben werden.
Weg für bessere Rechtsetzung ebnen
Das Parlament hat es glasklar verpasst, im Sinne der Allgemeinheit zu wirken. Glücklicherweise existiert in der Schweiz das Instrument des Referendums, das es erlaubt, korrigierend auf den gesetzgeberischen Prozess einzuwirken. Gelingt es, innert 100 Tagen, 50’000 Unterschriften gegen ein Gesetz zu sammeln, ist es an der Schweizer Bevölkerung, über dessen Inkrafttreten zu entscheiden. Stimmt eine Mehrheit der Stimmbevölkerung am 10. Juni gegen das Geldspielgesetz ist das Parlament angewiesen eine bessere Vorlage auszuarbeiten. Das ist dringend notwendig, denn Online-Konzessionen sind die eindeutig intelligentere Lösung.
Das Geldspielgesetz gilt es unbedingt abzulehnen, um den Weg frei für einen besseren Gesetzesentwurf zu machen. Für eine wirklich intelligente Lösung mit Online-Konzessionen für alle Anbieter nach dem Beispiel Dänemarks. Und übrigens: nach einem Nein erhalten Sport und Kultur keinen Rappen weniger als bisher.
Die in diesem Artikel ausgedrückten Ansichten sind ausschliesslich jene des Autors und müssen sich nicht mit der Position von swissinfo.ch decken. Die Zwischentitel wurden von swissinfo.ch gesetzt.
Mehr
«Das Geldspielgesetz respektiert den Willen des Volkes»
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch