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Schweiz will sich als Drohnen-Hochburg positionieren

Drohnen im Zirkus Knie
Die Mini-Drohnen von Verity Studios können auch an einem Rockkonzert zum Einsatz kommen, oder, wie hier im Bild, an einer Vorstellung des Zirkus Knie. Knie

80 Firmen sind in der Schweiz im Bereich der Flugrobotik tätig, unterstützt durch die Eidgenössischen Technischen Hochschulen. Nun lanciert Präsenz Schweiz in Paris die Kampagne "Switzerland – home of drones".

Mit einer Voliere präsentiert sich die Schweiz am Salon «Viva Tech» in ParisExterner Link, der am Freitag seine Tore öffnet. Darin schwirren seltene «Vögel» herum. Der älteste ist bereits 14-jährig und heisst OS4.

Entwickelt wurde die Mini-Drohne vom Autonomous Systems LabExterner Link der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH). OS4 fliegt am liebsten in Innenräumen und macht dort Erfahrungen, von denen die jüngeren Drohnen profitieren können. Die jüngste, Ebee Plus von der Firma «SenseFly»Externer Link, fliegt draussen herum und steht im Dienst der Kartografie.

Schweizer Drohnen haben keine grosse Medienpräsenz. Sie seien weder Spielzeug noch Kriegswaffen, doch sie repräsentierten «ein grosses Ökosystem im kommerziellen Bereich», sagt Nicolas Bideau, Leiter von Präsenz Schweiz, der für den Auftritt der Schweiz im Ausland zuständigen Bundesagentur beim Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA). Ihre liebsten Einsatzgebiete: Landwirtschaft, Vermessung, Industrielle Inspektionen, Sicherheit, Lieferung, Kartografie, Unterhaltung.

«Oft versteckt sich Schweizer Know-how in einem deutschen Auto oder einem amerikanischen Smartphone», sagt Bideau. «Daher rührt die mangelnde Sichtbarkeit für Startups von Flugrobotern.» Um das «Schweizer Genie» in diesem Bereich besser bekannt zu machen, lanciert Präsenz Schweiz nun die Kampagne «Switzerland – home of drones»Externer Link.

Theater-Drohnen

Der Österreicher Markus Waibel lebt seit 2003 in der Schweiz. Angezogen habe ihn «die Innovationskraft der Schweiz, die es ihr ermöglicht, sich im globalen Wettbewerb zu behaupten», sagt er. Waibel ist Mitbegründer von Verity StudiosExterner Link, deren Drohnen in Theater- und Konzertsälen zum Einsatz kommen. So schwirrten etwa am 11. April an einem Konzert der Hardrock-Band Metallica 99 Mikro-Drohnen von Verity Studios auf der Bühne herum und unterstützten die Lichtshow.

Markus Waibel
Markus Waibel, Chef von Verity Studios. VESNA GAJIC PHOTOGRAPHY

«Die Schweiz ist bereits Pionierin im Bereich der Regulierung und der Technologie von Drohnen. Dies besonders dank der Zusammenarbeit zwischen der Industrie, dem Bundesamt für Zivilluftfahrt, der Luftraumüberwachung Skyguide und den anderen Akteuren des Sektors», sagt Waibel, Präsident der Branchenorganisation Drone Industry Association SwitzerlandExterner Link (DIAS). «Jetzt ist eine koordinierte Anstrengung nötig, um dieser sich im Entstehen befindlichen Industrie in ihrer Entwicklung zu helfen.»

Die gegenwärtige Gesetzgebung der Schweiz betreffend Drohnen ist ziemlich liberal. Alle Drohnen unter 30 kg können frei fliegen, unter der Bedingung, dass der Pilot jederzeit Sichtkontakt zu seinem Gerät hält. Ausnahmen sind möglich, bedingen aber eine vorherige Genehmigung.

Bluttransport

«Daimler hat in der Schweiz ein Pilotprojekt zur Lieferung mit Drohnen durchgeführt, weil es in Deutschland keine Bewilligung dafür erhielt», sagt Bideau. Und der US-Drohnenhersteller Matternet führt dank der liberalen Regelung einen Versuch zum Bluttransport zwischen Spitälern im Tessin durch, eine Europapremiere.

Ein rechtsfreier Raum? «Man muss es sicher regeln, aber man sollte pragmatisch bleiben», sagt Bideau. «Eine der Herausforderungen besteht darin, den Piloten der Drohne leichter identifizieren zu können.»

Der zweite Vorteil der Schweiz ist der industrielle Prozess. Bideau spricht paradoxerweise von «Bottom-Up-Planung». «Planung» deshalb, weil die Eidgenössischen Technischen Hochschulen Zürich (ETH) und Lausanne (EPFL) die rund 80 Startups betreuen, die Drohnen bauen oder benutzen. Und «Bottom-Up», weil die Innovation aus den Unternehmen selbst kommt.

Exponentiell wachsender Markt

Das Startup PicterraExterner Link mit seinen fünf Angestellten befindet sich auf dem «Innovation Park» der EPFL. Man positioniere sich «an der Grenze zwischen terrestrischen Aufnahmen durch Satelliten und Drohnen und der künstlichen Intelligenz», sagt Firmenchef Pierrick Poulenas.

Etwas vereinfacht gesagt, erleichtert Picterra die Nutzung von Geodaten. Zum Beispiel: Wie erkennt man illegalen Holzschlag in einem Nationalpark? Wie kann ein zivilgesellschaftlicher Verein das Verhalten von Grossunternehmen betreffend deren Abfallentsorgung kontrollieren? Der Markt ist riesig.

«Zwischen 2014 und 2017 sind 15’000 professionelle Drohnen-Betreiber aufgetaucht, das zeigt das weltweite Wachstum des Phänomens», sagt Poulenas. Am Pariser Salon «Viva Tech» hofft Picterra, Investoren aber auch potenzielle Kunden zu treffen, etwa aus der Hotellerie.

Ebenfalls im «Innovation Park» hat sich die Firma «SenseFly» niedergelassen, die sich auf Drohnen für die Landwirtschaft und die humanitäre Hilfe spezialisiert hat. Etwas weiter entfernt, in Cheseaux-sur-Lausanne, baut FlyabilityExterner Link Drohnen für Industrie-Inspektionen. Das Unternehmen konnte sein Drohnenmodell Elios kürzlich an die Eliteeinheit der französischen Polizei (RAID) verkaufen. Elios ist in der Lage, in räumlich begrenzten Umgebungen zu fliegen, geschützt durch einen leichten und flexiblen Gitterkäfig.

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Drohnen auf der Agenda

In nächster Zeit organisiert die Schweiz zahlreiche Veranstaltungen zum Thema Drohnen.

Ende Juni findet in Zürich ein internationales Treffen des «Drone Innovators Network» des World Economic Forum (WEF) statt, auf Initiative von Bundesrätin Doris Leuthard, Vorsteherin des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK).

Die Schweiz plant zudem eine Gruppenteilnahme des «Drone Valley Switzerland» an der «Consumer Electronics Show» (CES) 2019 in Las Vegas, einer der weltweit grössten Publikumsmessen für Elektronik.

Und Präsenz Schweiz präsentiert Plattformen zur Promotion des Schweizer Drohnen-Ökosystems. Dies im «House Of Switzerland» an den Olympischen Spielen 2020 in Tokio und im Schweizer Pavillon an der Weltausstellung in Dubai 2020-2021.

(Übertragung aus dem Französischen: Christian Raaflaub)

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