Die Suizidrate der Schweiz, die in der Vergangenheit zu den höchsten weltweit gehörte, ist in den letzten Jahren merklich zurückgegangen. Der Welttag der Suizidprävention ist die Gelegenheit, daran zu erinnern, dass es manchmal nur wenig braucht, um das Schicksal eines Menschen zu ändern.
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Ich bin ein Tessiner Journalist, lebe in Bern und befasse mich in Artikeln, Reportagen, Interviews und Analysen mit wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Themen. Ich interessiere mich für Klima-, Energie- und Umweltfragen sowie für alles, was mit Migration, Entwicklungshilfe und Menschenrechten im Allgemeinen zu tun hat.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO begehen jedes Jahr 800’000 Menschen weltweit Suizid. Die Zahl ist höher als jene der Opfer aus Kriegen und Naturkatastrophen.
In der Schweiz sind es rund tausend Menschen pro Jahr, die ihrem Leben ein Ende setzen. Vor 20 Jahren nahmen sich deutlich mehr Menschen das Leben: Die Suizidrate sank von 21,5 im Jahr 1994 (pro 100’000 Personen) auf 12,8 im Jahr 2014.
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Für den Rückgang der Zahl der Suizide in der Schweiz gebe es verschiedene Faktoren, erklärt Sophie Lochet, Koordinatorin bei Stop SuicideExterner Link, einem Verein für Suizid-Prävention von Jugendlichen, gegenüber swissinfo.ch. «Das Netzwerk für Pflege und Hilfeleistungen hat sich verbessert, ebenso der Zugang zu Therapien, etwa für jene, die unter psychischen Problemen leiden. Verbessert wurde auch die Zusammenarbeit zwischen den Ärzten und Beratern von Schulen. Dank der Schaffung verschiedener Beratungsstellen und Vereinen in den letzten 10 bis 15 Jahren können sich Personen in Schwierigkeiten heute leichter Hilfe holen.
«Die Installation von Fangnetzen unter Brücken hat einen positiven Effekt.» Zudem habe es insgesamt weniger Suizide mit Schusswaffen gegeben, auch weil infolge Abbau des Truppenbestandes weniger Feuerwaffen im Umlauf seien.
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Das Thema Suizid ist laut Lochet noch immer ein Tabu. «Aber man muss darüber sprechen, auch weil bei den Heranwachsenden Suizidgedanken ziemlich häufig vorkommen. Suizid ist nicht nur ein persönliches Problem, sondern ein Problem der Volksgesundheit und der Gesellschaft. Unter den Jungen ist es die zweihäufigste Todesursache, deshalb ist es wichtig, bereits in der Schule zu handeln.»
Der Welt-Suizid-PräventionstagExterner Link vom 10. September legt deshalb den Akzent auf Dialog und Unterstützung. Mit der Kampagne «Take a minute, change a life» soll daran erinnert werden, dass ein nettes Wort oder zuhören ohne zu urteilen einen grossen Effekt haben kann.
«Der Suizidvorgang kann jederzeit unterbrochen werden. Selbstverständlich verschwinden die Gründe für die Verzweiflung nicht umgehend, aber wenige Worte können genügen, um jemanden davon abzuhalten, seinem Leben ein Ende zu setzen. Wichtig ist Folgendes: Der Suizid ist keine Wahl, sondern der Mangel einer Wahl», so Lochet.
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(Übertragung aus dem Italienischen: Gaby Ochsenbein)
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