SVP International: für eine unabhängige Schweiz
Seit 1992 hat die Schweizerische Volkspartei (SVP) eine internationale Sektion. Präsidentin Inge Schütz erläutert die Vision der Partei von der Haltung zur Souveränität der Schweiz gegenüber der EU bis zur Ablehnung von E-Votings.
Zwei Ereignisse führten 1992 zur Gründung der SVP International. Der erste war die uneingeschränkte Zulassung der doppelten Staatsbürgerschaft für Schweizer:innen und der zweite das Nein zum Beitritt der Schweiz zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR).
«Wenn man bedenkt, wie viele Schweizerinnen und Schweizer heute ins Ausland gehen und wie globalisiert die Welt ist, macht es immer mehr Sinn, eine internationale Sektion zu haben», sagt Inge Schütz, Präsidentin der SVP International.
Die Sektion, welche die SVP InternationalExterner Link repräsentiert, entspricht in ihren Rechten und Pflichten einer kantonalen Sektion. Ihr gehören rund 370 Auslandschweizer:innen an.
- SVP Schweizerische Volkspartei
- Gegründet: 1918 (Gründung der «Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei» im Kanton Bern)
- Vorgängerparteien: BGB (Bauern- Gewerbe- und Bürgerpartei) und Demokratische Partei DP (Glarus und Graubünden)
- Gründung der SVP: 1971 nach einer Fusion zwischen BGB und DB (Kantonalsektionen GL und GR)
- Parteipräsident: Tessiner Ständerat Marco Chiesa (seit 2020)
- 2 Bundesratssitze – Guy Parmelin (seit 2016) und Albert Rösti (seit 2023)
- Mitgliederzahl: ca. 90’000 (Stand 2015)
- Sitzanteil in der Bundesversammlung:
- 53 Sitze im Nationalrat (27% aller Sitze; ohne die zwei SVP-Fraktionsmitglieder aus EDU und Lega)
- 7 Sitze im Ständerat (15% aller Sitze; ohne den Parteilosen Thomas Minder/SH)
- Frauenanteil in der SVP-Nationalratsdelegation: 25% (13 von 53)
- Frauenanteil in der SVP-Ständeratsdelegation: 14% (1 von 7)
- Politische Positionierung, 3 Kernanliegen:
- Die Zuwanderung begrenzen durch eine restriktive Ausländer- und Asylpolitik.
- Verteidigung der integralen Neutralität, keine weitere politische Integration in Europa.
- Kein weiterer Ausbau der Sozialwerke, restriktive Steuer- und Finanzpolitik. (SRF)
Eine souveräne Schweiz
Spezifische Ziele für die Auslandschweizer:innen hat die Partei nicht, «denn unsere Themen sind international», argumentiert Inge Schütz. Generell gilt: «Die SVP setzt sich für eine unabhängige Schweiz ein.»
Diese Souveränität stehe denn auch im Zentrum der Beziehungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU). Auch wenn sie die bilateralen Verträge grundsätzlich für eine gute Sache hält, «weil sie das Leben von Hunderttausenden von Schweizerinnen und Schweizern, die in der EU leben, erleichtern», warnt die Präsidentin der internationalen Sektion: «Aber nur, solange unser Staat souverän bleibt und seine eigenen Entscheidungen trifft.»
Für die direkte Demokratie
Die gebürtige Luzernerin hat selbst 16 Jahre in Schweden gelebt: «Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal zurückkehren würde.» Sie ist der Meinung, dass es richtig ist, dass das Stimmrecht für Auslandschweizer:innen auch dann beibehalten wird, wenn diese längere Zeit im Ausland leben. Lebensumstände würden sich ändern können.
Sie ist auch der Ansicht, dass die Weitergabe des Schweizer Bürgerrechts nicht auf eine bestimmte Anzahl Generationen beschränkt werden sollte: «Wir funktionieren nach dem Abstammungsprinzip. Für die direkte Demokratie ist es wichtig, dass das so bleibt.»
Ein Auslandsaufenthalt böte auch die Möglichkeit, politische Systeme zu vergleichen. «Dann merkt man, welche Macht uns die direkte Demokratie gibt.» Auch wenn «wählen freiwillig ist und es keine Verpflichtung gibt», so die Sektionsvorsitzende.
Gegen E-Voting
Als ehemalige Auslandschweizerin kennt Inge Schütz die Herausforderungen bei der Ausübung des Stimm- und Wahlrechts und den Frust, wenn das Stimmmaterial zu spät oder gar nicht eintrifft.
Vor einigen Jahren reichte die SVP International eine MotionExterner Link ein. Darin wurde gefordert, dass die Abstimmungsunterlagen per E-Mail verschickt werden. Das Parlament trat darauf nicht ein.
Dem E-Voting steht die Partei skeptisch gegenüber: «Das Prinzip ist gut, aber wir haben gesehen, dass das System gehackt werden kann. Deshalb sind wir dagegen.»
Keine direkte Vertretung
Eine direkte Vertretung der Fünften Schweiz im Parlament, wie es sie in Frankreich oder Italien gibt, steht für die SVP International nicht im Vordergrund.
«Viele Anliegen sind auf Gemeinde- und Kantonsebene angesiedelt. Es macht keinen Sinn, sie auf Bundesebene behandeln zu wollen.» Inge Schütz findet es besser, wenn die Anliegen der Auslandschweizer:innen von den lokalen Vertreter:innen ihrer Partei eingebracht werden.
So setzt die Partei für die eidgenössischen Wahlen im Oktober 2023 auf internationale Wahllisten. Mehrere Kantonalsektionen haben bereits angekündigt, solche Listen aufstellen zu wollen, unter anderem Luzern, Zug und Graubünden.
Das Bankenproblem
Das Bankenproblem ist eines der grössten Sorgenkinder der Auslandschweizer:innen. Die Präsidentin der SVP International stellt klar: «Warum soll man der Wirtschaft etwas aufzwingen?» Von den Schweizer Banken zu verlangen, dass sie den Auslandschweizer:innen die gleichen Dienstleistungen anböten wie den Einheimischen, käme einer Verstaatlichung des Bankensystems gleich.
«Jedes Unternehmen muss sich so positionieren, dass es genügend Kundinnen und Kunden hat», meint Inge Schütz. In diesem Sinne lehnt sie es ab, dass der Bund Medien unterstützt, die sich speziell an Auslandschweizer:innen richten. Auch Netzwerke wie die Schweizerschulen im Ausland oder swissnex müssten sich selbst tragen.
Die Sozialversicherungen
Die Partei unterstützt auch eine allfällige freiwillige Mitgliedschaft der Auslandschweizer:innen in der schweizerischen Krankenversicherung nicht. Eine weltweit einheitliche Lösung sei unrealistisch, «weil die Staaten völlig unterschiedlich funktionieren». Und weiter: «Ein solches System wäre unkontrollierbar und würde uns hier in der Schweiz ein Vermögen kosten. «
Bei einer Rückkehr in die Schweiz haben Auslandschweizer:innen ähnliche Rechte wie Inländer:innen, insbesondere Anspruch auf Sozialleistungen, unabhängig von ihren Sprachkenntnissen und ihrer Verbundenheit mit dem Land. Inge Schütz sieht hier keinen Änderungsbedarf: «Niemand darf diskriminiert werden. Auch Ausländerinnen und Ausländer haben die gleichen Rechte.»
+Der Klima-Coup von 2021: Die SVP trat 2021 als einzige grosse Partei gegen das CO2-Gesetz an und gewann die Abstimmung. Allerdings: Ihren Coup konnte die SVP 2023 beim Klimaschutzgesetz nicht mehr wiederholen.
+Hart am Zeitgeist: Die SVP beweist ihr Talent, Stimmungen zu erkennen und zu verstärken. Mit ihrer Kampagne gegen die Gender- und Wokeness-Debatte besetzt sie ein Thema, das laut Wahlbarometer vielen Leuten unter den Nägeln brennt.
+Zuwachs im Ständerat: Lange waren Ständeratswahlen und somit Majorzwahlen schwieriges Terrain für die SVP. Esther Friedli hat 2023 den Bann gebrochen mit ihrer Wahl in den Ständerat. Ein gutes Vorzeichen für den Herbst 2023. (SRF)
-Pandemie-Opposition: Die SVP wehrte sich massiv, inklusive Diktatur-Vorwurf, gegen die Corona-Politik des Bundesrats. An der Urne (Covid-Gesetz) unterlag sie aber gleich dreimal.
-SVP gegen die Städter: Die Kampagne gegen die «links-grünen Städte» verfing überhaupt nicht. Präsident Chiesa wirkte als anfänglicher Wortführer der Kampagne nicht immer glaubwürdig.
-Volk will freien Personenverkehr: Die SVP unterlag 2020 mit ihrer Begrenzungsinitiative klar – und das in ihrem Kernthema. (SRF)
Wahlkampfthemen und Ziele
- Zuwanderung: Die SVP tritt mit der «Nachhaltigkeits-Initiative» bereits zum dritten Mal gegen den freien Personenverkehr mit der EU an.
- Asyl: Die SVP fordert eine massive Verschärfung der Asylpolitik. Beispielsweise will sie Asylverfahren ins Ausland verlagern.
- “Woke und Gender”: Die Partei spricht gezielt Wählerinnen und Wähler an, die sich über Wokeness- und Gender-Diskussionen ärgern.
- Neutralität: Die SVP ist als einzige Bundesratspartei gegen Lockerungen bei der Waffen-Weitergabe und gegen die Russland-Sanktionen. (SRF)
Ausgangslage und Aussichten
Zurück in alter Stärke: Vor vier Jahren sprach einiges gegen die SVP. Vor allem die Themenkonjunktur: Die damals dominanten Themen Klima und Frauen halfen der Partei nicht. Entsprechend kam es bei den nationalen Wahlen zu einer Verschiebung Richtung links(-grün) und zu Verlusten für die SVP. Die negative Tendenz setzte sich in den Kantonen zunächst fort, inzwischen aber hat die wählerstärkste Partei den «Turnaround» geschafft und ist im Aufwind.
Wahlziel in Reichweite: Dieses Jahr stimmen für die SVP die Themen (Ukraine/Neutralität, Asyl/Zuwanderung) und sowohl kantonale Wahlresultate als auch nationale Wahlumfragen zeigen nach oben. Als Wahlziel hat sich die Partei gesetzt, 100’000 zusätzliche Wählerinnen und Wähler zu gewinnen. Damit würde sie die Verluste von 2019 wieder wettmachen. Das ist ehrgeizig, aber nicht unrealistisch. (SRF)
Mitarbeit SRF: Dominik Meier
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