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Transocean, BP und Halliburton unter der Lupe

Stunde der Wahrheit für die drei Konzernleader vor der US-Senatskommission. Keystone

Bei der Untersuchung des US-Kongresses über die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko wurde der Chef der in der Schweiz ansässigen Transocean vernommen sowie die Verantwortlichen von BP und Halliburton. Sie werden für das Desaster verantwortlich gemacht.

Während das Öl noch immer aus dem in 1500 Metern Tiefe befindlichen Bohrloch sprudelt und sich der Ölteppich an der Meeresoberfläche weiter in Richtung US-Küste bewegt, müssen sich Transocean und die beiden anderen, zu den grössten Unternehmen im Ölsektor gehörenden Firmen, seit Dienstagabend in Washington dem Hearing der Politiker stellen.

Transocean, British Petroleum und Halliburton sind sich gewohnt, mit dem Kongress zu verhandeln, aber nicht, wenn sie dabei im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit stehen.

Die drei, die zu den mächtigsten weltweit tätigen Unternehmen der Ölindustrie gehören, sind es gewohnt, hinter den Kulissen des Kongresses und der amerikanischen Regierung tätig zu sein, wo sie versuchen, auf die Ölpolitik der Vereinigten Staaten und die Reglementierung derselben Einfluss zu nehmen.

Strenge Befragungen

Transocean, die amerikanische Firma mit Sitz in Zug, BP und Halliburton wurden im Beisein der Presse von den demokratischen und republikanischen Mitgliedern des Senatsausschusses für Energie und natürliche Ressourcen intensiv befragt.

Steven Newman, Chef von Transocean, der weltweiten Nummer Eins für Offshore-Bohrungen, versprach, mit dem Ausschuss und den involvierten amerikanischen Innen- und Justizministerien zu kooperieren.

Die Untersuchungen sollen die Ursachen der Explosion herausfinden, welche die Ölförder-Plattform Deepwater Horizon am 20. April untergehen liess und mehrere Lecks in der Pipeline verursachte, die vom dem Bohrloch in 1500 Meter Tiefe an die Wasseroberfläche reichte.

Laut dem Transocean-CEO respektiere und übertreffe sein Unternehmen die betreffenden Sicherheitsanforderungen und geltenden Vorschriften in den Vereinigten Staaten.

Verantwortung herumgeschoben

Steven Newman hat die Verantwortung für die Katastrophe zurückgewiesen indem er darauf hinwies, die Plattform an BP vermietet zu haben. Halliburton sei zuständig gewesen, die Förderröhre vor dem Anschluss an die Ölquelle in Zement einzukleiden.

Lamar McKay, der Chef der amerikanischen Niederlassung von BP, der viertgrössten Ölförderfirma der Welt, hat zugesagt, «alle anfallenden Kosten zur Reinigung der schwarzen Ölschicht und alle legitimen Schadenersatzansprüche» der Opfer des Desasters zu übernehmen.

Die Verantwortung für den Vorfall aber hat die britische Ölfirma Transocean angelastet. «Transocean war für die Sicherheit der Bohrabeiten zuständig» sagte MacKay.

Der Halliburton-Verantwortliche für Umweltfragen, Tim Probert, betonte, sein Konzern (weltweite Nummer Zwei bei Ölindustrie-Dienstleistungen) habe zwar noch einen Tag vor der Explosion auf der Plattform gearbeitet, allerdings habe er das Bohrloch nicht endgültig versiegelt, weil die Bohrung schlicht noch nicht beendet gewesen sei.

Obamas Vorschläge

Andere Kommissionen im Senat und Repräsentantenhaus werden die parlamentarischen Untersuchungen fortführen und den Transocean-Chef sowie die Verantwortlichen der anderen beteiligten Firmen weiterhin befragen.

Im Weissen Haus hat Barack Obama die Entsendung von unabhängigen Wissenschaftern angekündigt, die zusammen mit BP, Halliburton und Transocean Lösungen finden sollen.

Der Präsident hat dem Kongress weiter vorgeschlagen, die staatliche Aufsicht über Offshore-Plattformen zu optimieren und die Unabhängigkeit der staatlichen Regulierung der Ölförderindustrie zu verbessern. In der Vergangenheit sei oft zugunsten der Unternehmen entschieden worden, auf Kosten von Sicherheitsmassnahmen und Umweltschutz.

Aktionärstreffen in Zug

Die Katastrophe hat bereits zu einem Rückgang von 28% der Transocean-Börsentitel geführt. Steven Newman, der im März die Führung des Unternehmens übernommen hat, wird an der Generalversammlung vom 13. Mai zum ersten Mal den Aktionären Rede und Antwort stehen müssen.

An dieser Versammlung könnte es rau zu und hergehen. So hat die Shareholder Foundation, eine Nichtregierungs-Organisation aus Kalifornien, welche die Interessen vieler Investoren schützen will, einen Aufruf an die «Langzeit Aktionäre von Transocean» gemacht, eine Kollektiv-Klage an die Justiz einzureichen. Die Stiftung hat bislang nicht auf eine Präzisierunges-Anfrage von swissinfo.ch reagiert.

Immer noch entweichen täglich rund 5000 Barrel Öl in den Golf von Mexiko und die Ölpest bewegt sich in Richtung der amerikanischen Küste, auf die sandigen Inseln vor Louisiana, einem Naturrefugium. Dort wurde die Eröffnung der Anglersaison auf unbestimmte Zeit verschoben.

Im Moment sind sämtliche Versuche gescheitert, die Lecks abzudichten oder das Öl mit chemischen Mitteln zu neutralisieren.

Marie-Christine Bonzom, Washington, swissinfo.ch
(Übertragung und Adaption aus dem Französischen: Etienne Strebel)

Transocean ist die weltweite Nr. 1 bei Offshore Öl- und Gasbohrungen.

Das Unternehmen verlegte 2008 seinen Sitz aus den USA nach Zug.

Die Aktien sind an der Schweizer Börse und am NYSE kotiert.

Weltweit betreibt das Unternehmen 138 mobile Bohrplattformen und beschäftigt 20’000 Mitarbeitende.

Seine Kunden sind internationale Energieunternehmen, nationale Ölfirmen und unabhängige Kontraktoren.

Am 5. Mai wies Transocean einen Umsatz von mehr als 2,6 Mrd. Dollar für das erste Quartal 2010 aus.

Die Bohrinsel «Deepwater Horizon», auf der am 20. April ein Feuer ausbrach und die daraufhin versank, gehörte Transocean.

11 Arbeiter kamen dabei um. Die Plattform hatte Platz für 130 Mitarbeiter.

Sie galt als eine der technisch fortschrittlichsten und wurde seit 2007 von BP benutzt.

Seit dem Unfall ergiessen sich Tausende von Tonnen Erdöl in den Golf.

Experten schätzen, dass es sich um die bisher schwerste Erdöl-Verschmutzung überhaupt handeln könnte.

Mit Metallglocken versuchen Spezialisten, das Loch am Boden zu überstülpen, damit das Erdöl wieder durch eine Leitung nach oben fliessen kann.

Im Golf wird ein Drittel des Öls und ein Viertel des Gases für die USA produziert.

Man zählt rund 3500 Bohrstellen.

swissinfo.ch

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