«UBS-Affäre wird zum Politikum»
Erst der Vorwurf der illegalen Kundenwerbung, jetzt die Anklage wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung und eine Kautionsforderung von 1,3 Mrd. Franken: Frankreich zieht gegen die UBS die Schraube an. Dahinter stünden politische Motive, vermutet die Schweizer PresseExterner Link. Aber nicht nur sie.
Die Schweizer Grossbank UBS nagt weiter an ihrer Vergangenheit, sprich der Geschäftspraxis, vermögenden ausländischen Kunden dabei zu helfen, ihre Vermögen vor dem Fiskus zu verstecken.
Seit Donnerstag liegt in Frankreich eine Anklage vor. Damit verbanden die Richter in Paris eine Kautionsforderung von 1,3 Mrd. Franken, zu bezahlen bis Ende September. Anfänglich war von einer Kaution in der Höhe von 2,9 Mio. Franken die Rede gewesen. Die Bank, die zuvor mit den französischen Behörden kooperiert hatte, wies die neueste Entwicklung in aller Schärfe zurück.
«Im Lauf der letzten Jahre haben wir alles unternommen, um die Affäre zu regeln», schrieb die UBS in einer Stellungnahme. «Es ist aber nicht mehr akzeptierbar, dass der Fall in hohem Masse politisiert wird.» Sie wies die Kaution als «beispiellos und ungerecht» zurück.
Gleiche Willkür wie in USA
«Paris statuiert ein Exempel», schreibt die Neue Luzerner ZeitungExterner Link. An einem schnellen Vergleich sei Frankreich nicht interessiert. Paris wolle den Prozess.
«Nachdem die USA die französische Grossbank BNP Paribas erst kürzlich zu einer Milliardenbusse und einem Schuldeingeständnis gezwungen haben, geht Paris jetzt mit der gleichen Willkür gegen die UBS vor. Die Motive sind klar: Eine happige Busse ist ein willkommener Geldsegen für die klamme Staatskasse.» Die Busse für BNP Paribas in den USA beträgt 9 Mrd. Dollar.
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Würden die Vorwürfe gegen die UBS zutreffen, solle sie dafür gebüsst werden, so die NLZ. «Doch das Verfahren muss fair sein und eine Busse angemessen.»
«Der UBS ist in Frankreich der Kragen geplatzt», titelt auch Die SüdostschweizExterner Link. «Monatelang spielte die UBS brav mit. Sie kooperierte mit der Pariser Justiz und hielt die französischen Bankkunden an, ihre Steuersituation zu bereinigen.»
Le TempsExterner Link aus Genf zitiert einen anonymen Insider mit den Worten: «Die Richter haben mit der Faust auf den Tisch geschlagen. Für sie gibt es keinen Grund, dass die Schweizer Banken in den USA Bussen zahlen, nicht aber in Frankreich.»
«Hinweis auf politisches Malaise»
«Der gallische Hahn kräht mit»: Auch die Neue Zürcher ZeitungExterner Link glaubt nicht, dass die Pariser Justiz aus eigenem Antrieb einen Zacken zulegt. «Die von der UBS AG geforderte Milliardenkaution weist auf ein grösseres politisches Malaise in Frankreich hin», ist für die NZZ klar.
«Die amerikanische Justiz ist in Frankreich selten Vorbild. Nach dem Debakel der BNP Paribas in den USA kommt Paris das Ermittlungsverfahren gegen die UBS allerdings sehr gelegen.» Da lasse sich einfach zeigen, dass man es nicht nur auf das Portemonnaie der Bürger abgesehen habe, sondern auch anderswo Tribute fordere.
«Wenn es sich dabei um eines jener helvetischen Finanzinstitute handelt, die in Frankreich ohnehin pauschal der ominösen Machenschaften verdächtigt werden, ‹tant mieux›.»
«UBS-Affäre wird zum Politikum»: Dieser Meinung sind auch der Tages-AnzeigerExterner Link und Der BundExterner Link aus Bern.
Politischer Punchingball
«Sollte nun also die Vermutung der UBS stimmen, und die französische Politik bestimmt den Rhythmus der Justizaffäre mit, dann würde das politisch durchaus Sinn ergeben: Für die Kommunikation, zum Statuieren eines Exempels, gibt es kein Akronym mit besserem Wiedererkennungsfaktor als eben – UBS. Als Punchingball auch nicht.»
Doch vielleicht habe die Justiz mittlerweile so viel objektives Beweismaterial gegen die Bank sammeln können, dass ihr eine Strafe von 200 Millionen Euro einfach zu gering erschienen sei.
Immerhin sind die Schweizer Zeitungen mit ihrer Vermutung, die Taktgeber im Fall UBS sässen in französischen Ministerien, nicht allein.
Les EchosExterner Link, die renommierte französische Wirtschaftszeitung aus Paris, schrieb, die Entscheidung gegen die UBS sei «zweifellos ein Kollateralschaden» der BNP-Affäre.
Ungemach nicht nur in Frankreich
Am Mittwoch hat die Staatsanwaltschaft Frankreichs Anklage gegen die Schweizer Grossbank UBS erhoben. Der Vorwurf: Beihilfe zur Steuerhinterziehung.
Die geforderte Kaution von 1,1 Milliarden Euro (1,3 Mrd. Franken) bemesse sich an der Höhe der möglichen Bussgeldzahlung, sagte ein Vertreter der Staatsanwaltschaft am Mittwoch in Paris. Wird die UBS schuldig gesprochen, muss sie eine Busse bezahlen, die der Hälfte des Volumens der betroffenen Transaktionen entspricht. Die Kaution muss zum 30. September geleistet werden.
«Wir werden unseren Standpunkt weiterhin mit Vehemenz verteidigen», entgegnete die UBS. In den vergangenen Jahren habe die Bank alles getan, um diese Sache beizulegen. Sie will gegen die Kaution Berufung einlegen.
Die sozialistische Regierung Frankreichs geht hart gegen Steuerflucht vor. Allein 2014 hat sie bisher über eine Milliarde Euro von Steuerflüchtlingen eingetrieben. 80% von deren Vermögen lagen in der Schweiz.
Die UBS steht auch Deutschland und Belgien im Verdacht, Kunden beim Verstecken von Schwarzgeld geholfen zu haben.2009 zahlte die UBS in den USA für dasselbe Vergehen eine Strafe von 780 Mio. Dollar.
Nicht nur Steuerfälle belasten die UBS. Laufende Untersuchungen, etwa zum Devisenmarkt oder zu US-Hypothekenpapieren, könnten noch zu Strafen führen. Beobachter machen bei der UBS noch eine Vielzahl möglicherweise kostspieliger Rechtsrisiken aus.
(Quelle: Reuters)
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