Schweizer Grossbanken zeigen Coronavirus-Resistenz
In der Finanzkrise 2008 waren sie schwer angeschlagen. Doch in der Coronakrise scheinen sich UBS und Credit Suisse wacker zu halten – zumindest bis jetzt. Die beiden Bankgiganten melden für die erste Hälfte dieses Jahres sehr gute Zahlen.
Im März, als die Coronavirus-Pandemie die grösste globale Rezession seit den 1970er-Jahren auslöste, hatten Experten einige katastrophale Szenarien für den Finanzsektor gezeichnet: erhebliche Verluste bei Krediten, Cash-Flow-Knappheit, Domino-Effekt und schliesslich den Kollaps vieler Banken.
Doch die wichtigsten Zentralbanken – darunter die amerikanische Federal Reserve, die Europäische Zentralbank und die Schweizerische Nationalbank – reagierten rasch und schossen eine enorme Menge an Liquidität in den Bankensektor und indirekt in die Wirtschaft ein.
Zwar drohen diese massiven Interventionen einen langfristigen «Bumerang-Effekt» auszulösen. Aber für den Moment konnten sie die Lage beruhigen und eine dramatische Vertrauenskrise auf der finanziellen Ebene verhindern.
Davon profitierten auch die beiden Schweizer Grossbanken. Vor 12 Jahren waren sie während der internationalen Finanzkrise im Zentrum des Sturms gestanden. Die UBS hatte das Jahr 2008 mit einem Rekordverlust von über 19 Milliarden Franken abgeschlossen und konnte nur mit Hilfe der Regierung und der Schweizerischen Nationalbank gerettet werden. Die Credit Suisse hatte damals mit einem Verlust von 8 Milliarden Franken etwas besser abgeschnitten.
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Besser als erwartet
Die Ergebnisse für die erste Hälfte dieses Jahres erscheinen dagegen sehr beruhigend – und sogar ein wenig überraschend: Die beiden Schweizer Grossbanken erzielten einen robusten Reingewinn.
Die von der UBS erwirtschafteten 2,6 Milliarden Franken liegen für die grösste Schweizer Bank im Durchschnitt der letzten Jahre. Die Nummer zwei hingegen – die Credit Suisse – erzielte mit 2,5 Milliarden Franken sogar das beste Ergebnis des letzten Jahrzehnts.
Trotz dieser guten Zahlen waren selbst die beiden Grossbanken nicht völlig immun gegen das Coronavirus: Der Reingewinn der UBS fiel von 1,5 Milliarden im ersten Quartal auf 1,1 Milliarden im zweiten Quartal. Jener der Credit Suisse ging von 1,3 Mrd. auf 1,2 Mrd. zurück.
Vorsichtiger Optimismus
Angesichts der Unsicherheiten bezüglich der wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie haben UBS und Credit Suisse bereits massive Rückstellungen für Kreditverluste gebildet. Unter anderem beteiligen sich beide Banken am Bürgschaftsprogramm des Bundesrats zur Unterstützung der pandemiebetroffenen kleinen und mittleren Unternehmen: Der Bund garantiert Kredite bis 500’000 Franken zu 100% und solche zwischen 0,5 und 20 Millionen zu 85%.
Die UBS scheint für die Entwicklung in der zweiten Jahreshälfte optimistischer zu sein. Die führende Schweizer Bank schätzt, dass die Wertberichtigungen für uneinbringliche Forderungen in der zweiten Jahreshälfte geringer ausfallen werden als in der ersten Jahreshälfte (rund 500 Millionen Franken).
Die Zukunft der UBS wird jedoch nach wie vor überschattet durch grosse Rechtsstreitigkeiten in den Vereinigten Staaten und vor allem in Frankreich. Dort wurde die Schweizer Bank im vergangenen Jahr wegen Steuerhinterziehung zu einer Rekordstrafe von 3,5 Milliarden Euro sowie zu einer Entschädigung von 800 Millionen Euro an den französischen Staat verurteilt.
Das Berufungsverfahren, das für Juni geplant war, wird nun voraussichtlich Anfang nächsten Jahres stattfinden. Die UBS hat bereits Rückstellungen in Höhe von 2 Milliarden US-Dollar für Rechtsstreitigkeiten gebildet.
Und die Credit Suisse hat trotz den Rekordgewinnen in der ersten Jahreshälfte ein neues Restrukturierungsprogramm angekündigt. Dieses sieht eine Kostensenkung von 400 Millionen Franken, die Schliessung von rund 20 Geschäftsstellen in der Schweiz und einen «sehr begrenzten» Abbau des Personalbestands vor.
Zudem verbuchte die Bank in der ersten Jahreshälfte Rückstellungen für Kreditausfälle in Höhe von 864 Millionen Franken – das ist zwölfmal mehr als im Durchschnitt des letzten Jahrzehnts.
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