Eine Gegenmesse zur Baselworld in La Chaux-de-Fonds
Enttäuschte Uhren-Zulieferer haben eine Gegenmesse zur Uhren-Weltmesse Baselworld ins Leben gerufen. Sie findet in La Chaux-de-Fonds statt, also quasi im Herzen der Schweizer Uhrmacherkunst. Die Organisatoren der ersten "Technical Watchmaker Show" hoffen auf eine regelmässige Fortsetzung ihrer Veranstaltung.
Während die grosse jährliche Messe der Uhrmacherkunst am Donnerstag mit Pauken und Trompeten in Basel ihre Tore geöffnet hat, findet gleichzeitig eine diskretere Veranstaltung in La Chaux-de-Fonds statt. Diese Arbeiterstadt in der Nordwestschweiz ist weit weniger opulent als ihre aristokratische Schwester am Rheinknie. Dennoch gilt sie als die eigentliche Hauptstadt der «Swiss Made»-Uhrmacherei.
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Vom 21. bis 27. März geht im Neuenburger Jura die erste Ausgabe der «Technical Watchmaker Show»Externer Link über die Bühne. Erklärtes Ziel dieser Wandermesse ist, «das uhrmacherische und mikrotechnische Know-how zu präsentieren, das die Region unter Fachleuten in der ganzen Welt bekannt gemacht hat».
Initianten der Veranstaltung sind die beiden Firmen BergeonExterner Link und HorotecExterner Link aus La Chaux-de-Fonds. Sie haben sich auf die Herstellung und den Vertrieb von technischen Werkzeugen für den Uhrenfachhandel spezialisiert. «Wir produzieren fast alles, was es braucht, um eine Uhr herzustellen oder zu reparieren. Wir sind auf eine Art die Eisenwarenhändler der Branche», sagt Eric Zuccatti, Geschäftsführer von Horotec.
Abgeschoben
Während Jahrzehnten pilgerten Uhrenzulieferer aus dem Jurabogen wie Bergeon und Horotec zu dieser Jahreszeit jeweils nach Basel zur Mustermesse. Sie galten als wesentliche Stützen dieser traditionellen Veranstaltung.
Doch die Zeiten haben sich geändert. Heute fühlen sie sich am Rheinknie nicht mehr willkommen. «Die Zahl der technischen Aussteller ist in den letzten Jahren zurückgegangen, und es wurde nichts unternommen, um sie zu halten. Baselworld hat uns abgeschoben und konzentriert sich jetzt lieber auf Uhrenmarken, die fertige Produkte verkaufen», sagt Zuccatti.
Zu hohe Standpreise, konstante Standortveränderungen, mangelnde Anerkennung durch die Veranstalter: 2017 brachte für Zuccatti und seine Zulieferer-Kollegen das Fass zum Überlaufen. Sie entschlossen sich, einen eigenen Salon auf die Beine zu stellen, um die internationale Kundschaft anzuziehen, die Ende März die Schweiz besucht.
Neues Konzept
Die Veranstalter der Baselworld ihrerseits behaupten, sie hätten im vergangenen Jahr mehrfach versucht, ein neues Konzept für den technischen Bereich umzusetzen – mit deutlichen Rabatten für die Aussteller.
«Wenn zahlreiche Zulieferer nicht mehr an der Baselworld teilnehmen, liegt das daran, dass die Messebesucher nicht mehr ihrer Zielgruppe entsprechen.»
Loraine Stantzos, Baselworld
«Wenn zahlreiche Zulieferer nicht mehr an der Baselworld teilnehmen, liegt das daran, dass die Messebesucher nicht mehr ihrer Zielgruppe entsprechen», sagt Loraine Stantzos, verantwortlich für Marketing und Kommunikation der Uhrenmesse.
Zuccatti hat dies anders in Erinnerung: «Diese Vorschläge waren nicht seriös. Die Veranstalter der Baselworld liessen uns mehrere Wochen verlieren, mit der offensichtlichen Absicht, uns Hindernisse in den Weg zu legen.»
Zukunftsorientierte Veranstaltung
Unter Zeitdruck konnten die Organisatoren der «Technical Watchmaker Show» nicht alle Aussteller anziehen, die sie gerne gehabt hätten. Deshalb mussten sie ihre Ziele etwas tiefer stecken. Für eine Teilnahme an der ersten Ausgabe haben sich lediglich rund 15 Unternehmen angemeldet.
Der Salon findet als eine Art offene Tür in jedem der teilnehmenden Unternehmen statt. «Wir rechnen nach wie vor mit einigen hundert Besuchern. Zu diesem Zweck haben wir kostenlose Shuttlebusse zwischen Basel und La Chaux-de-Fonds organisiert», sagt Johnny Veillard, Vizedirektor von Bergeon.
Um eine jährliche Messe in La Chaux-de-Fonds zu organisieren, seien aber mindestens 50 Aussteller nötig, schätzen die Organisatoren. Für die nächste Ausgabe der «Technical Watchmaker Show» 2019 ist deshalb bereits geplant, für Aussteller von ausserhalb der Stadt La Chaux-de-Fonds eine gemeinsame Halle bereitzustellen.
Die derzeitige Form einer Art Wandermesse soll aber zum Teil weitergeführt werden. Für Veillard bietet dies mehrere Vorteile: «Der Besucher kann mitten in unsere Aktivitäten eintauchen. Er kann unsere Maschinen und Angestellten in Aktion sehen. Das ist eine aussergewöhnliche Visitenkarte. Zudem können die Betriebe normal weiterarbeiten, weil sie nicht einen Teil ihrer Belegschaft an eine externe Messe schicken müssen.»
Harte Zeiten für Baselworld
Die Zulieferer sind nicht die einzigen, welche die Uhren-Weltmesse Baselworld verlassen haben. Dieses Jahr stellen fast nur noch halb so viele Firmen am jährlichen Treffen der Branchenfachleute aus (700; 2017 waren es noch 1300).
Analysten vermuten, dass die für Aussteller teure Messe für viele Anbieter im digitalen Zeitalter nicht mehr so relevant ist.
Die Organisatoren sehen das Glas eher halbvoll und betonen, dass 70% der Uhrenmarken in Basel präsent seien, wie auch die führenden Anbieter in der Schmuck- und Edelsteinbranche.
«Aus diesem Grund hat die Messe nichts von ihrer Repräsentativität eingebüsst. Die Baselworld vereint die Elite der Branche in ihrer ganzen Vielfalt. Nicht alle, aber die besten und wichtigsten eines jeden Sektors», sagt Loraine Stantzos, verantwortlich für Marketing und Kommunikation der Uhrenmesse.
(Übertragung aus dem Französischen: Christian Raaflaub)
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