Die Finanzsanktionen gegen Russland: Einfach erklärt
Der Westen beschliesst immer weitere wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland: Nun sollen auch die Guthaben der russischen Zentralbank eingefroren werden. Davon indirekt betroffen ist auch die Schweizerische Nationalbank. Die Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine geht weiter – und der Westen dehnt seine Finanzsanktionen aus. Wir erklären, was das bedeutet.
Welche Sanktionen wurden beschlossen?
Bereits beschlossen ist, die wichtigsten russische Banken vom Zahlungsdienstleistungssystem SWIFT auszuschliessen. Für russische Finanzhäuser wird es dadurch schwieriger, internationale Zahlungen abzuwickeln. Ebenfalls haben die USA den amerikanischen Banken verboten, gegenüber der wichtigsten russischen Geschäftsbank «Sberbank» als sogenannte Korrespondenzbank aufzutreten.
Was tut eine Korrespondenzbank?
Eine Korrespondenzbank ermöglicht den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr. Ein Beispiel: Importiert ein russischer Händler Medikamente von einer amerikanischen Pharmafirma, instruiert er seine Bank – etwa die Sberbank –, der Verkäuferin den Kaufpreis gutzuschreiben. Das Problem dabei ist: Amerikanische Unternehmen haben häufig kein Konto bei der Sberbank. Die Sberbank kann also nicht direkt Geld auf das Konto der amerikanischen Pharmafirma gutschreiben.
Um die sich humanitäre Krise in der Ukraine zu bewältigen, hat die Glückskette eine Spendenaktion gestartet. Zuwendungen können ab sofort unter www.glueckskette.chExterner Link oder auf das Postkonto 10-15000-6, Vermerk «Krise in der Ukraine» getätigt werden.
In einer ersten Phase wird sich die Hilfe auf die Aufnahme der Flüchtlinge in den Nachbarländern, insbesondere in Polen, konzentrieren. Die Glückskette arbeitet mit der Caritas, dem Schweizerischen Roten Kreuz, mit HEKS, Helvetas, Medair, Ärzte ohne Grenzen und der Stiftung Terre des hommes zusammen. Abhängig von der Entwicklung will die Glückskette ihre Unterstützung auf Hilfsprojekte innerhalb der Ukraine ausweiten. Die Spenden werden ausschliesslich für die humanitäre Hilfe verwendet.
Die Glückskette ist eine unabhängige Stiftung, sie hat ihre Wurzeln in einer Westschweizer Radiosendung und gilt heute als der humanitäre Arm der SRG SSR, zu der auch SWI swissinfo.ch gehört.
Allerdings kann die Sberbank veranlassen, dass von ihrem eigenen Geld eine Gutschrift gemacht wird bei der Bank der Pharmafirma. Das macht sie über eine Zwischenbank, die sogenannte Korrespondenzbank. Bei der Korrespondenzbank haben sowohl die Sberbank als auch die Bank der amerikanischen Pharmafirma ein Konto. Den Zahlungseingang der Sberbank schreibt die Bank der amerikanischen Pharmafirma dann ihrerseits auf das Konto der Verkäuferin gut. Ohne Korrespondenzbank kann die Sberbank keine solchen Dollar-Überweisung machen.
Welche Finanzsanktion wurde zuletzt entschieden?
Die USA und die EU haben heute die Devisenreserven der russischen Zentralbank eingefroren. Das ist eine der schärfsten Finanzsanktionen überhaupt; eine solche Sanktion wurde bisher erst gegenüber wenigen Länder ergriffen, darunter Iran und Nord Korea. Es geht um Gelder im Umfang von umgerechnet rund 460 bis 630 Milliarden Dollar – je nachdem, was genau dazu gezählt wird.
Die Folgen werden einschneidend sein: Aktuell kauft die Zentralbank mit ihren Fremdwährungsreserven nämlich russische Rubel. Das tut sie, um den Preis des Rubels zu stabilisieren; seit dem Beginn der Invasion verlor dieser über 30 Prozent seines Werts. Wenn die Zentralbank ihre Devisenreserven nicht mehr verkaufen kann, wird der Rubel noch stärker abgewertet.
Wie wirken sich die Finanzsanktionen auf den russischen Staat aus?
Für den russischen Staat wird es teurer, Geld aufzutreiben. Der Grund: Vielen internationalen Anleger:innen dürfen wegen der Sanktionen keine russischen Staatsanleihen mehr kaufen. Das verkleinert den Kreis der Leute, die dem russischen Staat ihr Geld ausleihen. Die Zinsen auf den russischen Staatsanleihen sind in den letzten Tagen stark angestiegen.
Wie wirken sich die Finanzsanktionen auf die Bevölkerung aus?
Dass der Rubel seit der Invasion über 30 Prozent seines Werts verloren hat, führt zu höheren Importpreisen, etwa für Medikamente. Doch nicht nur das: Weil viele inländische Produkte auf importierte Zwischengüter angewiesen sind, sind auch heimische Preise von der Abwertung des Rubels betroffen. In den nächsten Wochen wird es in Russland wohl zu einer Geldentwertung kommen.
Wie hat Russland reagiert?
Die russische Zentralbank hat heute ihre Zinsen von 9,5 Prozent auf 20 Prozent erhöht. Das soll Investitionen in Russland trotz Krieg attraktiver halten – und so den Geldabfluss aus Russland stoppen. Exporteure sind zudem verpflichtet, einen Teil ihrer Deviseneinnahmen zu verkaufen. Russinnen und Russen werden faktisch dazu gezwungen, Rubel zu halten.
Wie ist die Geldpolitik der Schweizerischen Nationalbank davon betroffen?
Der Schweizer Franken bewegt sich seit dem Einmarsch der Russen in der Ukraine kaum, er liegt aktuell bei rund 1,035 pro Euro. Die Stabilität ist ungewöhnlich: Der Franken gilt in Krisenzeiten als sicherer Hafen, der tendenziell aufgewertet wird. Expert:innen spekulieren, ob die Nationalbank mit Fremdwährungskäufen einer Aufwertung entgegenwirkt. Die Nationalbank äussert sich jeweils nicht zeitnah zu ihren Deviseninterventionen.
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