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Schweizer Hotellerie kommt nicht ohne Grenzgänger aus

Alain Kropf leitet eines der drei Fünf-Sternehotels der Stadt Lausanne. regiscolombo.com

Nur wenige Schweizer wollen in der Hotellerie arbeiten. Die Grandhotels in der Genfersee-Region sind stark von französischen Arbeitskräften abhängig. Im Royal Savoy in Lausanne kommt die Hälfte des Personals aus Frankreich. 22% von ihnen sind Grenzgänger. Ein unverzichtbarer Personalpool, sagt der Direktor des Grandhotels.

Das Royal Savoy mit seinen 196 Zimmern und Suiten ist eines von drei Fünf-Sterne-Hotels in der Stadt Lausanne. Geschäftsführer Alain Kropf wurde an der Ecole hôtelière de LausanneExterner Link ausgebildet und hat einen MBA der Universität Warwick (UK). Er arbeitete im Montreux Palace, in Abu Dhabi, Jakarta und Hongkong. Die Besitzer des Royal Savoy kommen aus Katar. Die Gesellschaft «Katara Hospitality» hat eine Milliarde Franken in den Kauf und die Renovierung von drei Schweizer Grandhotels investiert: Neben dem Lausanner Haus besitzt sie den Schweizerhof in Bern und das Bürgenstock-Resort am Vierwaldstättersee. 

swissinfo.ch: Das Royal Savoy beschäftigt 170 Personen, davon sind bloss 28 Personen, also 17%, Schweizer. Könnten Sie Ihr Hotel ohne Ausländer weiterführen?

Alain Kropf: Das Hotel beschäftigt 142 Ausländer, davon 31 (22%) Grenzgänger. Ohne diesen Personalpool wäre die Situation tatsächlich sehr kompliziert. Die Mitarbeitenden leben im benachbarten Frankreich, in der Region Divonne, in Evian und Thonon. Letztere fahren mit Schiff zur Arbeit. Aber ab 22 Uhr 30 wird der Schiffsbetrieb eingestellt. Die Arbeitszeiten sind kompliziert im Gastgewerbe. Oft wird bis spät abends gearbeitet. Einige Mitarbeitende organisieren sich, um mit dem Auto zur Arbeit zu kommen, zum Beispiel, wenn der Wind zu stark ist und die Schiffe nicht anlegen können.

swissinfo.ch: Wie viele Grenzgänger kommen aus der Region?

A.K.: Sie kommen aus ganz Frankreich, viele aus Südfrankreich oder der Region Paris, aber auch aus Orten mit niedrigen Löhnen und prekären Beschäftigungsverhältnissen. Wir haben auch einige Elsässer, unsere Brasserie steht unter der Kontrolle des Sternekochs der Auberge de l’Ill in Illhaeusern (Frankreich), Marc Haeberlin, der aus der Schweiz stammt und dessen Vorfahren Thurgauer sind.

Der Lohnunterschied zu Frankreich ist erheblich. Der Tarifvertrag legt das Minimum auf 3435 Franken fest. Wir zahlen etwas mehr, nämlich mindestens 3637 Franken, um attraktiver zu sein. Das ist mehr als das Doppelte des französischen Mindestlohns, der bei rund 1500 Euro liegt. Es stimmt, dass die Lebenshaltungskosten in Frankreich niedriger sind. In der Schweiz gibt es mindestens fünf Wochen Ferien (2,9 Tage pro Monat). Die wöchentliche Arbeitszeit liegt bei 42 Stunden. In Frankreich sind es nur 35 Stunden.

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swissinfo.ch: In welchen Aufgabenbereichen des Hotels arbeiten am meisten Franzosen?

A.K.: Catering und Service sind im Wesentlichen Sache der Franzosen. Mehr Schweizer hat es unter den Führungskräften und etwas mehr in der Küche, auch einige einheimische Lehrlinge. Die Lehrlinge in der Schweiz müssen im Inland ausgebildet werden. Die Gastrobetriebe tragen eine Verantwortung im Bereich der Ausbildung. Unser Hotel wurde erst 2015 eröffnet. Wir hatten nicht von Beginn weg Lehrstellen. Das hat sich geändert. Wir mussten Stellen für Lehrmeister schaffen.

swissinfo.ch: Weshalb werden trotz relativ hoher Arbeitslosigkeit in der Westschweiz so viele Grenzgänger angestellt?

A.K.: Das Hotel arbeitet mit den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) zusammen. Ich verlange von meiner Personalabteilung, dass die Region bei Anstellungen Priorität hat. Es ist sinnvoll, lokales Personal einzustellen. Aber die Hotellerie zieht nur wenige Schweizer an. Die Löhne und Arbeitsbedingungen mit unregelmässigen Arbeitszeiten und Wochenend- und Feiertagsarbeit gehören nicht zu den attraktivsten. Hoteliers, Schweizer Tourismusbüros und Behörden müssen mehr kommunizieren und günstige Rahmenbedingungen für berufsinteressierte Jugendliche schaffen. 

swissinfo.ch: Man sagt, dass die Schweizer nicht so gerne servieren und lieber Büroarbeiten verrichten, als den Kunden Kaffee zu bringen…

A.K.: Es ist eine Frage des Images und vor allem der Kommunikation. Ich sage neuen Mitarbeitern immer, dass die Arbeit «im Service» eine sehr edle Seite hat. So wie man der Familie oder Freunden dienen möchte. Junge Menschen sollten verstehen, dass das Feedback der Kunden bereichernd sein kann. Es ist motivierend, seine Arbeit gut zu machen.

Ohne die französischen Grenzgänger wäre es für uns schwierig, eine Lösung zu finden. Es wäre vor allem teurer und weniger profitabel. Wir müssten auf Europäer aus anderen Nachbarländern zurückgreifen. Der Vorteil der Franzosen ist, dass sie die gleiche Sprache sprechen.

swissinfo.ch: Ist die Ausbildung der Grenzgänger ausreichend?

A.K.: Ja, wir finden immer Leute mit genügend Erfahrung, aber die französische Ausbildung ist im Vergleich zur helvetischen eher theoretisch als praktisch. Andererseits haben viele junge Menschen ein Jahr in England oder Spanien verbracht, oder ihre Eltern sind binational, manche sprechen auch russisch, chinesisch oder arabisch. Die Sprachen werden immer wichtiger bei unserer Tätigkeit.

Die Hotellerie ist ein Beruf mit Zukunft, vorausgesetzt, dass menschliche Werte angesichts der Entwicklung der künstlichen Intelligenz zum Tragen kommen. Der Roboter, der das Essen auf die Hotelzimmer bringt, ist in Singapur bereits Realität. In Japan gibt es Roboter, welche die Arbeit an der Rezeption erledigen. Es ist unbedingt notwendig, Personal auszubilden, das eine soziale und menschliche Intelligenz entwickelt. Das ist eine Herausforderung für die Hotel-Fachschulen.

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Übertragen aus dem Französischen: Peter Siegenthaler

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