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Von der Drehscheibe zur Destination

Bestens durch alle Verkehrsträger erschlossen: Das geplante Dienstleistungszentrum. thecircle.ch

Bahnhöfe und Flughäfen entwickeln sich zusehends von Transitorten zu Einkaufszentren. Mit dem Gross-Projekt "The Circle" will der Flughafen Zürich noch weiter gehen und sich zu einer eigenständigen Destination entwickeln. 2013 soll der erste Spatenstich erfolgen.

Dass das derzeit grösste und teuerste Hochbauprojekt der Schweiz ausgerechnet in der Nähe von Start- und Lande-Pisten gebaut werden soll, ist aus unternehmerischer Sicht kein Zufall: Der Flughafen Zürich-Kloten ist schlichtweg der verkehrstechnisch am besten erschlossene Ort und liegt zudem mitten in einer der am dichtest besiedelten Metropolitan-Regionen des Landes.

Täglich landen und starten hier rund 60’000 Passagiere. Das Zürcher Stadtzentrum ist dank dem Intercity der SBB lediglich 10 Minuten entfernt. Auch die neue Glattalbahn führt genauso direkt zum Flughafen wie die Autobahnen aus verschiedenen Himmelsrichtungen.

Bereits heute befindet sich das zweitgrösste Einkaufszentrum der Schweiz im Flughafen Zürich. «Sie müssen ‹The Circle› im Kontext der Gesamtentwicklung des Flughafens betrachten», sagt Gesamtprojektleiter Andrea Jörger gegenüber swissinfo.ch: «Das ist eine Entwicklung von der Verkehrsdrehscheibe hin zum Kommerz und jetzt eigentlich zu einer eigenen Destination mit urbaner Aufenthaltsqualität und einer Aufenthaltsdauer von zwischen 24 und 48 Stunden und entsprechenden Dienstleistungen.»

Kosmopolitische Kundschaft

Der anvisierte Nutzungsmix geht weit über ein Einkaufszentrum hinaus. Das heisst: Neben Marken-Boutiquen sind auch Büro-, Kongress- und Veranstaltungsräume, Hotels, ein Wellnesszentrum und eine medizinische Klink geplant.

Damit setzt der Flughafen auf eine internationale Kundschaft, die zum Beispiel «in der Business-Class aus Mumbai einfliegt, sich medizinisch durchchecken lässt, ihren Banker trifft und dann wieder weiterfliegt», so Jörger.

«Dank der einzigartigen Erschlossenheit ist die Zielgruppe sicher international, aber auch lokal», sagt Jörger. So könne auch «einer aus dem benachbarten Männedorf hierher kommen, an einem kulturellen Event oder einer Weiterbildung teilnehmen und in einem der Restaurants essen».

Wettbewerb mit Star-Architekten

Rund eine Milliarde wird der Gebäudekomplex kosten. In einem offenen Architektur-Wettbewerb konnte sich das japanische Architekturbüro Riken Yamamoto & Field Shop im Februar 2010 gegen mehr als 90 Mitbewerber aus 12 Ländern durchsetzen – darunter David Chipperfield, Berlin, Gigon/Guyer, Zürich, Sanaa, Tokyo und Zaha Hadid, London.

Das Siegerprojekt besteht aus verschieden grossen kubischen Bauten. Laut der Wettbewerbsjury vermittelt es auf der Flughafenseite das Bild eines «einheitlichen und grossmassstäblichen Gebäudes». Von der andern Seite her erinnert es mit seinen kleinräumigen Bauten an eine kleine Stadt.

Baugesuch im Oktober

Seit dem Architektur-Wettbewerb haben die Promotoren im Rahmen von Vorstudien die Praxis-Tauglichkeit des Projektes des japanischen Stararchitekten näher untersucht. Der Verwaltungsrat der Flughafen AG habe die Fragen nach der architektonischen Qualität, der Funktionalität und der Rentabilität Ende 2010 positiv beantwortet, sagt Jörger.

«Im Oktober 2011 werden wir das Baugesuch eingeben mit dem Ziel, im Jahr 2012 die Baubewilligung zu erhalten. 2013 rechnen wir mit einem Baubeginn und 2017 mit der Eröffnung der ersten grossen Etappe.»

In der Region stösst das Mega-Projekt nicht nur auf Gegenliebe. Kritiker fürchten sich vor zusätzlichem Fluglärm und kritisieren, der Bau werde zu hoch.

«Der Fluglärm hat mit diesem Projekt nichts zu tun», entgegnet Jörger. Was die Bauhöhe betrifft, verweist die Flughafen AG darauf, dass sie den örtlichen Vorschriften entspreche und die Gebäude nicht höher sein würden als die benachbarten Parkhäuser.

Zuversicht trotz unsicheren Aussichten

In den vergangenen Monaten habe die Projektleitung «sehr konkrete Gespräche» geführt mit potentiellen Ankermietern in verschiedenen Bereichen, so in der Hotellerie und im Gesundheitsbereich.

«Wir rechnen damit, dass wir noch in diesem oder im Verlauf des nächsten Jahres erste Ankermieter werden präsentieren können». Zurzeit seien die Verhandlungen in der Endphase, «aber wir können noch keine konkreten Namen nennen», so Jörger.

Trotz der europäischen und der US-Schuldenkrise sowie der möglicherweise nachlassenden Dynamik des wirtschaftlichen Aufschwungs zeigt sich Jörgen zuversichtlich, dass «The Circle» bis 2017 mit einer ersten grossen Etappe fertig gebaut ist.

«Unsere Zuversicht ist sehr gross, auch wenn es Hürden geben kann, die das Projekt verzögern könnten. Wir betrachten allerdings auch den gesamtwirtschaftlichen Kontext, der allenfalls zu Verzögerungen führen könnte, weil gewisse Ankermieter etwas vorsichtiger werden könnten.»

22,9 Millionen Passagiere jährlich.

62’000 Fluggäste täglich.

23’200 Mitarbeitende.

17’000 Parkplätze, davon 12’000 gedeckt.

160 Geschäfte (davon 60 Shops luftseitig, 58 Shops landseitig und 42 Bars und Restaurants).

324,9 Millionen Franken Non-Aviation-Ertrag.

42.10 Franken durchschnittliche Ausgaben pro abfliegenden Passagier.

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