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Von der Schweizer Kokosnuss-Plantage zum internationalen Mischkonzern

Das Baurs Building
"Ein weithin sichtbares Wahrzeichen schweizerischen Unternehmungsgeistes an einem der grossen Kreuzungspunkte des Weltverkehrs", beschrieb eine Zeitschrift den Geschäftssitz der Firma Baur. Aus Zeitschrift «Werk» 1945, ETH-Bibliothek

In Sri Lanka schreibt seit 125 Jahren ein Schweizer Unternehmen Geschichte. Nicht nur die Firma, sondern auch deren Sitz ist ein Schweizer Monument auf der Insel.

Baur. Es ist der Nachname eines Schweizer Pioniers, der für einen langjährigen, fruchtbaren Austausch zwischen der Schweiz und Sri Lanka steht. Dieses Jahr feiert das von Alfred Baur gegründete Unternehmen sein 125-jähriges Jubiläum.

Alfred Baur reiste 1884 19-jährig ins damalige Ceylon, um auf einer Kokosnussplantage zu arbeiten. Angestellt war er von einer Schweizer Firma, die sich auf den Lebensmittelhandel mit Südasien spezialisiert hatte.

Bild einer Kokosplantage
1890 kaufte sich Alfred Baur seine erste Kokosnuss-Plantage. / Yves Gerard

Nach sechs Jahren vor Ort kaufte sich Baur eine eigene Plantage, auf welcher er nebenbei als Hobby-Bauer arbeitete. Während 13 Jahren blieb er bei seinem Schweizer Arbeitgeber angestellt. Auf seiner Plantage bewies er währenddessen ein gutes Händchen – vor allem mit Dünger – und so machte er sich 1897 selbstständig.

«Wir sehen uns als Schweizer Firma»

Es war die Geburtsstunde der «A. Baur, The Ceylon Manure Works». Noch heute ziert eine Kokospalme das Firmenlogo. «Wir sehen uns klar als Schweizer Firma», sagt Rolf Blaser, CEO von A. Baurs & Co.Externer Link wie das Unternehmen mittlerweile heisst. Sie seien von einem Schweizer gegründet worden und würden auch heute noch nach den Schweizer Kulturwerten arbeiten.

Portrait von CEO Rolf Blaser
CEO Rolf Blaser. zVg

Richtig gross geworden ist Baurs im Dünger-Geschäft. Nach und nach sind andere Zweige dazugekommen, angefangen mit der Malaria-Epidemie 1945, als Baurs ins pharmazeutische Geschäft und ins Gesundheitswesen einstieg. Der Konzern ist mittlerweile der zweitgrösste Importeur von Medikamenten in Sri Lanka.

Baurs ist inzwischen ein wahrer Mischkonzern. Er importiert und handelt mit Schweizer Produkten, wie etwa Hero-Konfitüren, vertreibt Textilmaschinen und fertigt als Operator auch noch Edelweiss-Flüge ab. Ganz neu hat das Unternehmen in Zusammenarbeit mit der renommierten Hotelfachschule Lausanne EHLExterner Link eine Hotelmanagement-Schule gegründet. Pünktlichkeit wird bei Baurs grossgeschrieben. «Manchmal halt fast ein bisschen überschweizerisch», so der CEO.

Tiefgarage diente als Luftschutzkeller

Der Geschäftssitz könnte man als Prunkstück der modernen Architektur bezeichnen. Von dieser Zentrale aus beschäftigt Baurs rund 1000 Mitarbeiter:innen landesweit. Baur wollte seinem Unternehmen Ende der 30er-Jahre ein elegantes und imposantes Geschäftsgebäude schenken.

Die Schwierigkeiten, auf die Baur bei der Verwirklichung seines Traums stiess, hätten manch einen entmutigt und zur Aufgabe des Projekts gezwungen. Aber wenn sich Baur etwas in den Kopf gesetzt hatte, musste es umgesetzt werden. Mittlerweile zurück in der Schweiz – seine Frau und er reisten 1906 nach Genf – schaffte er es aus Tausenden von Kilometern Entfernung, die Behörden von seinen Bauplänen zu überzeugen. Und so wurde das Baurs Building während des Zweiten Weltkrieges schliesslich unter schwierigen Umständen gebaut.

Bild des Baurs Building
Oben Wohnungen mit Sicht aufs Meer – unten die Geschäftsräume von Baurs: Das Baurs Building befindet sich mitten in Colombo. zVg

Entworfen wurde es von den Schweizer Architekten K. Egender und W. Müller, die auch das Zürcher Hallenstadion geplant haben. Das Gebäude liegt vis-à-vis der Nationalbank, mitten in Colombos Hochsicherheitszone und mit Blick auf den Indischen Ozean. «Die Navy ist um uns herumgewachsen», erklärt Blaser.

Bis vor 50 Jahren beherbergte das Baurs Building auch die Schweizer Botschaft. Ausserdem verfügt es über 26 Mietwohnungen. Der CEO Rolf Blaser selbst wohnt im Geschäftsgebäude. «Meine Wohnung ist ganz oben links, mein Büro ganz unten rechts.» Blasers Arbeitsweg: Eine zweiminütige Liftfahrt.

Unter dem Geschäftsgebäude befindet sich die allererste Tiefgarage, die auf der Insel gebaut wurde. Sie bietet Platz für 35 Fahrzeuge und diente 1942 als Luftschutzkeller während des Bombardements der Japaner. Die robuste Bauart – Baur verlangte von den Architekten eine erdbeben- und bombensichere Bauweise – stach auch britischen Kolonialherren ins Auge.

Sie nahmen während des Zweiten Weltkriegs einen Teil des Firmengebäudes in Beschlag. Es war ihre Kommandozentrale. Baur selbst hatte nie mehr die Möglichkeit, sein Gebäude in echt zu sehen.

Schweizer Stiftung besitzt Baurs

Alfred Baur
Alfred Baur / Yves Gerard

Alfred Baur lebte kinderlos. Er und seine Frau gründeten nach ihrer Rückkehr in die Schweiz die Fondation Alfred et Eugénie Baur. Die Stiftung steuert von Genf aus die Firmen-Geschäfte und ist auch heute noch die Besitzerin des Unternehmens.

Die Distanz zwischen der Schweiz und Ceylon hinderte Baur nicht daran, die Aktivitäten seiner Firma streng zu überwachen. Zahlreiche Ordner voller Korrespondenz zeigen das Ausmass und die Schärfe von Baurs Fernkontrolle, die er über seine Führungskräfte in Colombo ausübte. Diese wiederum mussten stets damit rechnen, dass er beschliesst auf die Insel zu reisen.

Baur war nicht nur ein hartnäckiger Geschäftsmann, sondern auch ein leidenschaftlicher Sammler und so gehören der Stiftung mittlerweile fast 9000 Kunstobjekte aus China und Japan. Kurz vor seinem Tod erwarb Alfred Baur ein Herrenhaus in Genf, um dort seine Sammlungen anzulegen. Das Museum wurde 1964 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Laut WebseiteExterner Link ist es «die grösste öffentlich zugängliche Sammlung fernöstlicher Kunst in der Schweiz.»

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Über 70 Jahre nach dem Tod des Gründers verwendet die Alfred und Eugénie Baur-Stiftung ihre Gewinne aus Sri Lanka sowohl für den Unterhalt der Sammlungen und des Museums als auch für zahlreiche wohltätige Zwecke.

Immer in Schweizer Hand

Augenfällig ist, dass mit einer Ausnahme immer ein Schweizer das Unternehmen führte. «Es ist einfacher, die Schweizer Kultur und Werte innerhalb des Unternehmens hochzuhalten, wenn der/die CEO Schweizer:in ist.» Im Moment ist Blaser, der seit einem Jahr gewählter Auslandschweizerrat ist, jedoch der einzige Schweizer Staatsangehörige bei Baurs. Sie seien aber daran, einige Schlüsselpositionen mit Schweizer:innen zu besetzen.

Bild der alten Fabrik
Baurs Fabrik war eine der ersten in Sri Lanka, die ihre Ware auf den Schienen hin und her transportierte. / Yves Gerard

Baurs ist die grösste private Firma im sri-lankischen Düngergeschäft. Weil der Import von chemischem Dünger auf der Insel vorübergehend verboten wurde, arbeitet Baurs eng mit der Schweizer Forschung der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFLExterner Link sowie dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau FIBLExterner Link zusammen. «Sie helfen uns, die Umstellung so schnell und effizient wie möglich zu vollziehen», sagt Blaser.

Bild einer Fabrik von Baurs heute
Noch heute erinnert eine Kokospalme im Logo an die Anfänge von Baurs. zVg

Mittlerweile sei zwar das Verbot von chemischem Dünger aufgehoben worden. Doch mit Nachhaltigkeit und organischer Düngerproduktion hat Baurs eine weitere Nische entdeckt. Der Schweizer Mischkonzern in der Fremde hat das Lernen in all den Jahren noch immer nicht verlernt.

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