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Schweiz diskutiert über Weitergabe von Waffen an die Ukraine

Piranha Panzer
Ein Piranha-Panzer aus der Produktion des Schweizer Unternehmens Mowag. Die Ukraine könnte solche Panzer gebrauchen, aber sie dürfen nicht geliefert werden. Keystone / Laurent Gillieron

Von der Schweiz gekaufte Waffen dürfen nicht an kriegsführende Länder weitergegeben werden. Den Bürgerlichen ist das restriktive schweizerische Kriegsmaterialgesetz schon lange ein Dorn im Auge. Nun bewegt sich auch die SP.

Im letzten Sommer erst wurde das Exportrecht für Kriegsmaterial verschärft. Angeregt hatte die Anpassung eine Mitte-Links-Allianz, noch bevor Russland die Ukraine angegriffen hatte.

Die Diskussion in der Schweiz geht seither wieder in die andere Richtung: Welche Lockerungen sind möglich? Darf die Ukraine sich mit in der Schweiz hergestelltem Material verteidigen? Und was bedeutet das für die Neutralität?

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Eine klare Meinung hat FDP-Präsident Thierry Burkart: “Momentan verhindern wir die Bemühungen des Westens, die Ukraine mit Waffen zu unterstützen, die sie einmal vor Jahren oder sogar Jahrzehnten in der Schweiz gekauft haben. Das heisst, wir beeinträchtigen die Unterstützung zugunsten der Ukraine. Und nützen damit natürlich indirekt Russland.”

Bereits im Sommer forderte Burkart eine generelle Lockerung der Bestimmungen. Länder wie Deutschland, die ähnlichen Werten verpflichtet sind wie die Schweiz und die Rüstungsexporte kontrollieren, sollen Kriegsmaterial ohne Erlaubnis wieder ausführen dürfen. Auch in Krieg führende Staaten wie die Ukraine.

SP macht Vorschlag zur Lockerung

Dass FDP und SVP eine Lockerung zugunsten der Schweizer Rüstungsindustrie unterstützen, ist bekannt. Jetzt aber bewegt sich auch die SP. Nationalrat Eric Nussbaumer (BL) schreibt in einem Blog, die Schweiz müsse die Nichtwiederausfuhr-Auflagen im Falle der Ukraine aufheben können. Er habe lange gezögert. Doch in einem Fall wie der Ukraine, wo das Völkerrecht so eklatant verletzt sei, müsse man eingehend diskutieren, wie die Schweiz reagiere.

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In der SP kursiert ein konkreter Vorschlag: Wenn ein Land wie die Ukraine angegriffen wird und die Vereinten Nationen diesen Angriff verurteilt haben – im Sicherheitsrat oder in der Vollversammlung –, dann soll der Bundesrat auf Antrag Wiederausfuhren bewilligen können. “Die Möglichkeit ist heute nicht gegeben. Und die einzige Debatte, die die Schweiz führen muss, ist, ob man diese Möglichkeit geben möchte”, sagt Nussbaumer.

Die Idee ist offenbar mit den Mitgliedern der zuständigen Kommissionen abgestimmt. Und auch SP-Co-Präsident Cédric Wermuth deutete in der Samstagsrundschau von Radio SRF an, dass sich die SP in dieser Frage bewegen könnte.

Ausgerechnet in der Linken wird jetzt also über Lockerungen diskutiert, die noch vor kurzem restriktivere Regelungen beim Kriegsmaterialexport erkämpft hat.

Frage der Neutralität?

Thierry Burkart zeigt sich zwar offen, auch den SP-Vorschlag zu diskutieren. Im Unterschied zur generellen Lockerung gebe es aber einen gewichtigen Nachteil, wenn der Bundesrat nur auf Antrag entscheide, ob Schweizer Kriegsmaterial zum Beispiel in die Ukraine weitergeleitet werden darf.

“Wir sollten nicht mitwirken müssen, wenn es um Lieferungen von Waffen und Munition von Drittstaaten an Krieg führende Länder geht. Sonst haben wir ein Problem mit dem Neutralitätsrecht”, sagt Burkart. Eine generelle Lockerung biete den Vorteil, dass sich die Schweiz nicht für oder gegen ein Gesuch entscheiden müsse.

SVP zeigt sich offen – Grüne lehnen ab

Neben Burkart kommen auch aus der SVP Signale, dass man die SP-Idee zumindest diskutieren wolle. Auf Ablehnung stösst die Idee dagegen bei den Grünen: Man sei Lockerungen gegenüber grundsätzlich skeptisch. Ändert die SP allerdings ihren Kurs beim Kriegsmaterialexport, gibt das neue Möglichkeiten für Mehrheiten im Parlament.

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