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«Angela Merkel war eine gute Freundin der Schweiz»

Johann Niklaus Schneider-Ammann

Sie sei eine hoch gebildete, bescheidene und geerdete Frau, sagt Alt-Bundesrat Johann Schneider-Ammann über die abtretende deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Und er erzählt in diesem Rückblick von gemeinsamen Erlebnissen – etwa davon, wie ihn Merkel einmal nach Hause geflogen hat.

Ich erinnere mich sehr gerne an die Begegnungen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Es waren für mich prägende Erlebnisse. Während meines Präsidialjahres (als turnusgemässer Bundespräsident der Schweiz, die Red.) habe ich Frau Merkel mehrere Male getroffen. Gleich zu Beginn des Jahres an der Elektronikmesse Cebit in Hannover. Uns beiden war es wichtig, dass unsere Länder wettbewerbsfähig und innovativ sind und bleiben.

Die Parlamentswahlen, die am Sonntag in Deutschland stattfinden, sind eine Richtungswahl: Nach 16 Jahren endet die Ära von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Wie sich die neue politische Landschaft präsentieren wird, ist ungewiss. Dies gilt insbesondere für die Koalition der neuen Regierung unter einem neuen Bundeskanzler oder einer neuen Bundeskanzlerin.

Unsere Deutschland-Korrespondentin Petra Krimphove hat aus Anlass dieser «Superwahlen» eine dreiteilige Serie verfasst. Darin untersucht sie, wie und weshalb sich das Nachbarland mit der direkten Demokratie so schwer tut. Denn laut Grundgesetz müssten Volksentscheide auf nationaler Ebene eingeführt werden. Dies ist aber nur auf Ebene der Kommunen und Bundesländer der Fall. Hier die Beiträge: 

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Bundeskanzlerin Merkel erkannte, wie niemand anderes zuvor, die Bedeutung der Eröffnung des Gotthard-Basistunnels, zu dessen Eröffnung am 1. Juni 2016 sie eigens anreiste. Der Tunnel und seine Eröffnung waren damals auch ein Signal, dass die Schweiz einen Beitrag für die EU leisten und den Erfolg Europas und der EU nach Möglichkeiten unterstützen will. Frau Merkel hat das erkannt und uns immer als Teil von Europa behandelt. Sie betonte an der Eröffnung, mit dem Tunnel sei nun das Herz geschaffen, aber die Aorta fehle noch.

Im Sommer 2016 weilten wir beide an der Asean-Gipfelkonferenz in Ulaanbaatar. Die Mongolei zeigte sich von ihrer besten Seite. Doch der Abreisetag drohte für mich kompliziert zu werden. Der Bundesratsjet erhielt keine Starterlaubnis. Ich erlaubte mir nachzufragen, ob ich mit Frau Merkel in ihrem Flugzeug zurück nach Berlin reisen dürfte. Die Antwort kam postwendend: Klar, das ist selbstverständlich, einem Nachbarn hilft man gerne. Es waren sehr spannende und intensive Stunden. Sie halfen mit, dass die Bundeskanzlerin uns später im Europa-Dossier weiterhalf.

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«Angela Merkel ist ein liebenswerter Mensch»

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Angela Merkel an der Universität Bern: Ein Höhepunkt nicht nur in der Geschichte der Hochschule, sondern auch für viele der über 300 Personen im Auditorium Maximum – in der Mehrzahl Studierende, aber auch Professorinnen, Professoren und Medienvertreter. Sie erleben die deutsche Bundeskanzlerin, von manchen als mächtigste Frau der Welt apostrophiert, innerhalb des rund einstündigen Auftritts…

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Die Schweiz verliert mit Frau Merkel eine faire Leaderin, welche die historischen Entwicklungen Europas und der Schweiz immer einbezogen hat.

Ich erinnere mich auch sehr gerne an unser Zusammentreffen im November 2016 im Kanzleramt. Diese Begegnung trug wesentlich dazu bei, dass die Beteiligten in den EU-Ländern, die Politiker und Administratoren in Brüssel nun das «Gemeinsame» suchten und nicht das «Spaltende». Frau Merkel hat uns mit ihrer Weitsicht und ihren Werten und ihrer Haltung, aber auch mit ihrem enormen Wissen und Können den Weg gewiesen. Sie hat erkannt, dass die Schweiz europäischer ist als manch ein EU-Staat oder EU-Bürger. Auch dafür möchte ich der Bundeskanzlerin danken.

Entscheidend in all diesen Begegnungen war immer, dass man sich spürt und wertschätzt. Wir verstanden uns auf Anhieb. Sie sah in mir wohl den typischen Schweizer, der zuerst überlegt, bevor er spricht. Und ich sah in Frau Merkel eine höchst gebildete, sehr bescheidene Frau, die «down to earth» ist. Man hat das Gefühl, sie sei die ältere Schwester. Die ältere Schwester, die zu einem schaut. Die sich einem annimmt und der man gerne Informationen anvertraut.

Frau Merkel war und ist für mich ein Leuchtturm, an dem man sich orientiert. Jemand, der den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Sie war immer eine gute Freundin der Schweiz. Es war und ist eine grosse Ehre für mich, sie zu kennen und mit ihr gearbeitet und diskutiert zu haben. Im Namen der Schweiz möchte ich der abtretenden Bundeskanzlerin für ihre wertvolle Unterstützung danken. Ich wünsche ihr für die Zukunft nur das Allerbeste!

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