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Warum die Schweiz ein drittes Mal über das Covid-Gesetz abstimmt

Nicolas Rimoldi
Nicolas Rimoldi, der Vorsitzende des Referendumskomitees, ist der Ansicht, dass es nie wieder ein Covid-19-Zertifikat geben darf. Er bezeichnet die Massnahme als diskriminierend. © Keystone / Peter Klaunzer

Zertifikate, Covid-Tests oder Software für Contact Tracing gehören der Vergangenheit an. Am 18. Juni wird das Schweizer Stimmvolk jedoch ein drittes Mal über die gesetzliche Grundlage für die Massnahmen zur Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie abstimmen.

Das Covid-19-Gesetz wurde zum am meisten angegriffenen Text in der jüngeren Geschichte der Eidgenossenschaft. Mit Ausnahme des kleinen Nachbarstaates Liechtenstein war die Schweiz das einzige Land der Welt, in dem das Volk über die Gesetzgebung abstimmen konnte, die die Gesundheitsmassnahmen zur Bekämpfung der Pandemie vorschrieb.

Am 18. Juni haben die Stimmberechtigten im In- und Ausland sogar die Möglichkeit, ein drittes Mal über das Thema abzustimmen.

Warum wird noch einmal abgestimmt?

Das Referendumskomitee «Massnahmen? Nein Danke» hat am 4. April bei der Bundeskanzlei insgesamt 59’211 gültige Unterschriften eingereicht, um gegen die Gesetzesänderung Covid-19 vom 16. Dezember 2022Externer Link vorzugehen.

Das Komitee besteht hauptsächlich aus den Vereinen «Mass-Voll» und «Freunde der Verfassung». Diese Bewegungen ohne klare politische Zugehörigkeit haben sich während der Pandemie durch ihre Opposition gegen die Politik des Bundesrats und insbesondere gegen das Covid-19-Zertifikat hervorgetan.

Diese beiden Organisationen greifen das Covid-19-Gesetz zum dritten Mal an, indem sie ein Referendum einreichen. Doch das Stimmvolk hat die Regierung bei der Bewältigung der Gesundheitskrise bislang immer unterstützt.

Im Juni 2021 hatten die Schweizer:innen die Gesetzesgrundlage nach einem ersten Referendum mit 60,2% der Stimmen angenommen. Im November 2021 lag das Ja sogar bei 62%, trotz einer gehässigen Kampagne und zahlreicher Demonstrationen.

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Welche Massnahmen sind betroffen?

Diese neue Offensive mag überraschen, da der Bundesrat die letzten Gesundheitsmassnahmen vor etwas mehr als einem Jahr aufgehoben hat. Im vergangenen Dezember hatte das Parlament jedoch beschlossen, das Covid-19-Gesetz bis Juni 2024 zu verlängern.

Das Referendum richtet sich insbesondere gegen die Rechtsgrundlagen, die die Ausstellung des Covid-Zertifikats ermöglichen, und gegen die Rechtsgrundlagen, die die SwissCovid-App regeln. Es betrifft jedoch auch die Verlängerung der Bestimmungen für Ausländer:innen und Grenzgänger:innen im Falle einer Grenzschliessung sowie die Vorschriften zum Schutz gefährdeter Personen. Auch die Förderung der Entwicklung von Medikamenten gegen das Coronavirus ist betroffen.

Zahlreiche Bestimmungen wurden hingegen nicht verlängert und liefen daher Ende 2022 aus. Dazu gehören die finanzielle Unterstützung von Kulturunternehmen, Sportverbänden und Grossveranstaltungen, bestimmte Entschädigungen und die Bezahlung der Covid-Tests durch den Bund.

Die Hauptargumente für das Gesetz

Die Verlängerung des Covid-19-Gesetzes gibt dem Bund vor allem eine gesetzliche Grundlage, um im Fall einer neuen Pandemiewelle bewährte Massnahmen wieder aufleben zu lassen. So könnten die Behörden schnell handeln, um gefährdete Personen und das Gesundheitssystem zu schützen.

Konkret könnten insbesondere das Covid-Zertifikat oder die Contact-Tracing-Software im Bedarfsfall reaktiviert werden. Ausserdem soll die internationale Kompatibilität des Gesundheitszertifikats sichergestellt werden, um die Reisefreiheit zu gewährleisten, falls einige Länder ein solches wieder einführen sollten.

Die verlängerten Bestimmungen ermöglichen auch, dass Medikamente gegen schwere Formen von Covid-19 weiterhin importiert und verwendet werden können, auch wenn sie in der Schweiz noch nicht zugelassen sind.

Die Hauptargumente gegen das Gesetz

Das Referendumskomitee ist der Ansicht, dass die Verlängerung der gesetzlichen Grundlage keinen Sinn macht, da die Pandemie vorbei ist. Das Komitee ist zudem der Ansicht, dass die Gesundheitsmassnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus unverhältnismässig waren, der Bevölkerung nicht den versprochenen Schutz geboten und Leid verursacht haben.

Es dürfe nie wieder ein Covid-Zertifikat geben, so die Gegnerschaft des Covid-19-Gesetzes, die das Zertifikat als diskriminierend und unnötig bezeichnet. Sie beschuldigt es, eine «Zweiklassengesellschaft» geschaffen zu haben.

Darüber hinaus behaupten sie, dass der gewöhnliche Impfausweis ausreiche, um ins Ausland zu reisen. Das «Nein»-Lager prangert das Gesetz auch als undemokratisch an, es räume dem Bundesrat zu viel Macht ein.

Wer ist dafür, wer dagegen?

Die Schweizerische Volkspartei (SVP/rechtskonservativ) ist die einzige Regierungspartei, die sich gegen die jüngsten Änderungen des Covid-Gesetzes ausspricht. Die grösste Partei des Landes hat die Politik des Bundesrats im Umgang mit der Gesundheitskrise immer wieder missbilligt.

Sie hatte sich im Übrigen bereits bei der Abstimmung im November 2021 gegen das Covid-Gesetz ausgesprochen. Die Regierung, eine grosse Mehrheit des Parlaments sowie Wirtschaftskreise unterstützen das Gesetz.

Was passiert, wenn das Gesetz abgelehnt wird?

Die im Dezember beschlossene Verlängerung des Gesetzes wurde als dringlich erklärt und trat sofort in Kraft. Sollte das Gesetz in eidgenössischen Abstimmungen abgelehnt werden, würden alle verlängerten Bestimmungen mit Wirkung ab Mitte Dezember 2023 aufgehoben.

Unter anderem gäbe es dann keine Rechtsgrundlage mehr für die Ausstellung und Kontrolle eines Covid-Zertifikats oder für eine mögliche Reaktivierung der Tracking-App, sollte das Coronavirus einen neuen Höhepunkt erreichen.

Übertragung aus dem Französischen: Janine Gloor

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